Meschede/Hochsauerlandkreis. 26 Prozent der Verdächtigen bei Straftaten im Hochsauerlandkreis sind Ausländer. Landrat Dr. Karl Schneider geht das Problem offen an.

In Deutschland ist die Zahl ausländischer Tatverdächtiger bei Straftaten um 17,8 Prozent angestiegen. Das meldet das Bundeskriminalamt. Landrat Dr. Karl Schneider ist Dienstvorgesetzter der Polizei im Hochsauerlandkreis: Im Interview bezieht er Stellung zur Ausländerkriminalität: Das Problem müsse offen angesprochen werden, sagt er.

„Ungesteuerte Migration führt zu Problemen“

Ist Ausländerkriminalität auch ein Thema im Hochsauerlandkreis?

Laut Kriminalitätsstatistik sind im HSK 74 Prozent der Tatverdächtigen Deutsche, 26 Prozent sind Nichtdeutsche. Im Vergleich sind es NRW-weit 37 Prozent Nichtdeutsche. Das Thema ist bei uns im Hochsauerlandkreis vorhanden, aber nicht in dem Maße wie in anderen Regionen. Von 261.000 Einwohnern bei uns sind 29.000 Nichtdeutsche: Wenn man diesen Bevölkerungsanteil berücksichtigt, dann sieht man, dass Ausländer im Verhältnis durchaus mehr Straftaten verüben. Dazu kommt: Wir haben viele Menschen eingebürgert, Straffällige werden nun unter deutschen Tatverdächtigen erfasst.

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Wir dürfen anhand dieser Zahlen aber nicht jeden Ausländer unter Tatverdacht stellen, sondern müssen die Ursachen genau analysieren. Leider diskreditieren die Straftäter mit ihrer Kriminalität die Ausländer insgesamt. Eine ungesteuerte Migration führt zu Problemen, da uns beispielsweise an vielen Stellen mittlerweile das Fachpersonal für die Integration fehlt, sei es für die Deutschkurse oder in den Schulen und Kindergärten.

Leider diskreditieren die Straftäter mit ihrer Kriminalität die Ausländer insgesamt.
Dr. Karl Schneider - Landrat

Darf man dieses Thema der Ausländerkriminalität denn offen ansprechen? Fürchten Sie keinen Aufschrei?

Verschweigen hilft nicht, deshalb spreche ich es offen an, so wie der Landes-Innenminister Herbert Reul es auch getan hat. Mir berichten Menschen im Kreis, dass sie nicht mehr in bestimmte Räume gehen können. Diese Menschen denken sich das doch nicht aus, sie werden direkt oder indirekt damit konfrontiert. Und die Ängste der Bürger muss man ernst nehmen. Da darf es kein Reflex der Politik sein: Wir gucken so lange weg, bis wir nichts sehen! Das hat auf Dauer nie gefruchtet. Wenn man Probleme nicht offen bespricht, löst man auch kein Problem: Wie will man dann ehrlicherweise vor die Leute treten? Natürlich darf das nicht dazu dienen, Ausländer zu stigmatisieren und für alles verantwortlich zu machen.

Landrat Dr. Karl Schneider warnt: „Wir weiten das soziale Netz über alles aus, doch irgendwann reißt auch dieses soziale Netz.“ Er sagt, die Pull-Faktoren, die Migranten nach Deutschland ziehen, dürften nicht noch verstärkt werden.
Landrat Dr. Karl Schneider warnt: „Wir weiten das soziale Netz über alles aus, doch irgendwann reißt auch dieses soziale Netz.“ Er sagt, die Pull-Faktoren, die Migranten nach Deutschland ziehen, dürften nicht noch verstärkt werden. © WP | Privat

Die Sorge um das soziale Netz

Leben Ausländer schlechter bei uns? Müsste sich etwas an den Lebensbedingungen verändern?

Bei der Pressekonferenz zur Kriminalitätsstatistik im HSK wurde gefragt, ob durch die Inflation nicht mehr geraubt werde: Wir haben Inflation, aber das kann keine Rechtfertigung für Kriminalität sein! Jeder Zugewanderte wird grundversorgt, die Ukrainer bekommen sogar Bürgergeld. Wir müssen darauf achten, dass wir die Pull-Faktoren nicht noch verstärken, die Migranten nach Deutschland ziehen. Andere Länder sind da zurückhaltender als wir. Wir aber weiten das soziale Netz über alles aus, doch irgendwann reißt auch dieses soziale Netz. Schauen wir uns nur die Haushalte der Kommunen, der Bundesländer und des Bundes an, dann ist deutlich erkennbar, dass die Verteilungskämpfe begonnen haben.

Wenn man Probleme nicht offen bespricht, löst man auch kein Problem: Wie will man dann ehrlicherweise vor die Leute treten?
Dr. Karl Schneider - Landrat

Defizit bei der Integration

Müssen wir besser integrieren in Deutschland?

Da gibt es ein riesiges Defizit. Das hat sich über Jahre aufgebaut. Die Probleme bestehen im Alltag: Wer kümmert sich denn wirklich um Integration? Ja, wir haben Leute in den Orten, die sich seit vielen Jahren dankenswerterweise redlich darum bemühen, um das Flüchtlingsgeschehen mitzutragen. Aber ehrenamtlich ist das kaum noch zu stemmen. Die Schulen und die Kindergärten können auch nicht alles leisten. Die Betriebe benötigen dringend qualifizierte Kräfte. Aber wir haben leider viel zu viel Einwanderung in die Sozialsysteme statt in das Berufsleben. Wir brauchen Möglichkeiten, dass Flüchtlinge schneller in Arbeit kommen. Wer Arbeit hat, dem fällt auch die Integration leichter.

Gibt es umgekehrt auch eine Bringschuld von Ausländern, sich hier zu integrieren?

Eindeutig ja! Ich erwarte, dass diejenigen, die in dieses Land kommen, auch mit den Gesetzen hier leben. Ich erwarte ebenfalls eine Anpassung in allen anderen Bereichen, ohne dass die eigene Identität aufgegeben wird. Das ist kein einseitiger, sondern ein beidseitiger Prozess.