Schmallenberg. Zwei Traditionsgeschäfte haben geschlossen, weitere werden folgen. Experte sieht Schmallenberg gut aufgestellt, hat aber auch Tipps.

Mit dem Haushaltswarengeschäft Schüssler und dem Handarbeitsgeschäft „Nadel und Faden“ haben zwei beliebte Geschäfte in Schmallenberg, die seit Jahrzehnten das Stadtbild prägten, geschlossen. Die Inhaberinnen gehen in den wohlverdienten Ruhestand. Eine Nachfolge gibt es nicht. Eine Entwicklung, die nicht nur Schmallenberg in den kommenden Jahren begleiten wird, wie Stefan Britten von der Industrie- und Handelskammer (IHK) erklärt. Der Referent für Tourismus, Handel und Stadtentwicklung ordnet die Situation ein und gibt Tipps, wie eine Innenstadt positiv weiterentwickelt werden kann.

Traditionsgeschäfte in Schmallenberg schließen, weil die Inhaber ins Rentenalter kommen - beobachten Sie das auch in anderen Städten?

Ja, das ist eine allgemeine Entwicklung. Der Grund ist offensichtlich: Die Generation der sogenannten „Babyboomer“ kommt ins Rentenalter und das trifft eben nicht nur die Angestellten - Stichwort Fachkräftemangel -, sondern auch die Unternehmer.

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Können Sie erklären, warum es so schwierig geworden ist, eine Nachfolgeregelung zu finden?

Grund dafür ist die persönliche Freiheit. Jeder kann seinen Werdegang in der Regel frei wählen. Die Zeiten, als es selbstverständlich war, dass Geschäfte von einer Generation in die nächste übergehen, sind vorbei. Das gilt übrigens losgelöst vom Einzelhandel für alle anderen Branchen. Hinzu kommt, dass die Rahmenbedingungen schwieriger geworden sind - allein schon, wenn man den Blick auf die Bürokratie und die Digitalisierung richtet. Und auch das Thema Work-Life-Balance darf nicht unterschätzt werden: Wenn man sieht, dass die Eltern wenig Freizeit haben und/ oder auch finanzielle Sicherheit fehlt, ist eine Festanstellung unter Umständen attraktiver.

Das Luftbild zeigt die Innenstadt mit Oststraße und Weststraße und mit der katholischen St.-Alexander-Kirche in Schmallenberg.
Das Luftbild zeigt die Innenstadt mit Oststraße und Weststraße und mit der katholischen St.-Alexander-Kirche in Schmallenberg. © www.blossey.eu / FUNKE Foto Services | Hans Blossey

Welche Rolle spielt die Digitalisierung dabei?

Das Thema Digitalisierung ist ein wesentliches, wenn man die Online-Anteile betrachtet. Für den Bereich der IHK Hellweg-Sauerland, also die Kreise HSK und Soest, lag der Online-Anteil der Kaufkraft im Bereich Damenoberbekleidung 2023 zum Beispiel bei 39,3 Prozent, bei Herrenoberbekleidung hingegen nur bei 34 Prozent, bei Kindermode waren es 22 Prozent. Das sind Innenstadt relevante Branchen und das ist ein dickes Stück vom Kuchen, das nicht mehr im stationären Handel ausgegeben wird. Andererseits bleibt auch noch ein großer Teil vom Kuchen übrig. Zu bedenken ist auch: Bevor es den Online-Handel gab, haben Menschen bereits in Versandhäusern wie zum Beispiel Otto eingekauft. Es ist also wichtig, positiv nach vorn zu blicken und Chancen zu nutzen.

Welche Tipps können Sie mitgeben?

Die Digitalisierung auszubauen ist ein wichtiger Schritt, auch mit Blick darauf, für Nachfolger attraktiv zu sein. Dann sollte man sich auch fragen: Wie schaffe ich es, eine Alternative zum Online-Handel zu bieten? Da spielen natürlich Beratung, aber auch Vielfalt eine Rolle.

Welche Chancen sehen Sie konkret für Schmallenberg?

Ein großer Vorteil in Schmallenberg ist die touristische Ausrichtung. Das Schmallenberger Sauerland ist geprägt von eher hochwertigem Tourismus. Wer in Urlaubsstimmung ist, kauft auch gerne schöne Dinge. Die positive Stimmung überträgt sich in der Regel ja auch auf die Atmosphäre in der Stadt. Das sehe ich als große Chance. Außerdem ist Schmallenberg städtebaulich attraktiv. Das ist ein gutes Spielfeld für eine Innenstadtentwicklung. Langfristig gilt für alle Städte, dass Einzelhandelslagen eventuell kompakter gestaltet werden müssen, zum Beispiel um eine Platzsituation wie den Marktplatz oder die Kirche. Wenn sich ein Besatz entwickelt, der sich gegenseitig befruchtet, sodass Besucher und Einheimische von einem zum anderen Geschäft bummeln können - und wenn dann auch noch eine gute Gastronomie in der Nachbarschaft ist - kann das nur Vorteile haben. Vielleicht bietet es sich sogar an, gemeinsam ins Marketing zu gehen.

In Zukunft wird es immer stärker darum gehen, Aufenthaltsqualität zu schaffen und Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Man muss im Gesamtpaket denken und das bewerben. Schmallenberg ist da offenbar schon gut aufgestellt.
Stefan Britten - Referent für Tourismus, Handel und Stadtentwicklung bei der IHK

Wie wichtig sind da ein Verkehrsverein, der Aktionen wie die Schlittschuhbahn oder besondere Ausstellungen organisiert, oder eine Werbegemeinschaft, die den Weihnachtsmarkt und verkaufsoffenen Sonntage veranstaltet?

Sehr wichtig. Das ist genau das, wovon ich gerade gesprochen habe. In Zukunft wird es immer stärker darum gehen, Aufenthaltsqualität zu schaffen und Aufmerksamkeit - auch mit Blick auf Tagestouristen - auf sich zu ziehen. Man muss im Gesamtpaket denken und das bewerben. Schmallenberg ist da offenbar schon gut aufgestellt.

Zunehmend wird aus den Reihen derjenigen, die diese Posten ehrenamtlich ausfüllen, immer deutlicher, dass das zeitlich kaum noch zu leisten ist. Aus Ihrer Expertensicht braucht Schmallenberg ein Stadtmarketing?

Dass diese Aufgaben - neben dem Beruf - ehrenamtlich kaum zu stemmen sind, ist nachvollziehbar. Auch angesichts des zunehmenden Wettbewerbs und des Fachkräftemangels. Aus meiner Sicht braucht jede Stadt mindestens einen Kümmerer, der sich kontinuierlich um die Belange der Innenstadt kümmert. Zumindest dann, wenn einem die Innenstadt am Herzen liegt - und das sollte es jeder Kommune. Denn Grundvoraussetzung für jede positive Entwicklung ist, dass Menschen dort gerne wohnen und arbeiten. Ich beobachte, dass immer mehr Kommunen eine Art City-Manager haben - hauptamtlich und unbefristet - als Bindeglied zu den ehrenamtlichen Akteuren, die natürlich nach wie vor wichtig sind. Auch in kleineren Orten, wie zum Beispiel Sundern oder Bad Sassendorf ist das zu beobachten. Gelder sollten in diesen Zeiten natürlich nicht unüberlegt ausgegeben werden, aber das ist gut investiertes Geld.