Grevenstein. Julia Klose ist Bier-Sommelière bei der Brauerei Veltins in Grevenstein. Worauf sie achtet, und warum der Nachtrunk so wichtig ist.

„Hmm, das riecht hier heute wieder gut nach Würze!“ Julia Klose überquert gerade den Vorplatz ihres Arbeitgebers, der Brauerei Veltins in Meschede-Grevenstein, als sie das sagt. Auf Gerüche zu achten, ist eine ihrer Aufgaben. Die 35-jährige Sunderanerin ist Biersommelière. Das heißt, sie weiß, wie ein gutes gebrautes Bier schmecken kann und sollte.

Ein genauer Blick auf Farbe und Schaum: Julia Klose ist Biersommelière bei der Brauerei Veltins in Grevenstein.
Ein genauer Blick auf Farbe und Schaum: Julia Klose ist Biersommelière bei der Brauerei Veltins in Grevenstein. © WP | Ute Tolksdorf

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Das erste V+ beim Schützenfest

Julia Klose schätzt natürlich ein gut gezapftes, frisches Veltins. Ihre ersten Biererfahrungen? „Wahrscheinlich beim Schützenfest“, sagt sie und lacht, „und sicher ein V+“. Heute trinkt sie Bier lieber ungemischt, „am liebsten ein Veltins, gern auch ein Grevensteiner oder Pülleken“. Die junge Mutter, ihre Kinder sind vier und ein Jahr alt, studierte in Münster Oecotrophologie mit dem Schwerpunkt Marketing und Lebensmittelindustrie, arbeitete dann in Köln und Düsseldorf, bevor sie 2013 zurück ins Sauerland kam. „Mit meinen Schwerpunkten war Veltins für mich immer schon ein Traumarbeitgeber.“ Als sie sich bewarb, klappte es direkt.

Alle Sinne sind gefragt - auch der Geruchssinn beschreibt ein Bier.
Alle Sinne sind gefragt - auch der Geruchssinn beschreibt ein Bier. © WP | Ute Tolksdorf

Ausbildung zur Biersommelière 2015

2015 bot man ihr die Ausbildung zur Biersommelière zusätzlich zu ihrer Referententätigkeit in der Öffentlichkeitsarbeit der Brauerei an. „Der Hintergrund war, dass ich durchs Studium schon entsprechendes sensorisches Vorwissen hatte.“ In einem zweiwöchigen Intensivkurs lernte sie „mit ganz unterschiedlichen Leuten - vom Hobby-Brauer bis zum Getränkelieferanten“ in München und Salzburg die Kunst der Verkostung. „Ich konnte mir am Anfang auch nicht vorstellen, welche Aromen man alle erkennen, welche Braustile man herausschmecken kann.“ Zusammen wurde gelernt und gefeiert. „Bis heute haben wir ein super Netzwerk.“

Und dann Prost! Anders als beim Wein: Erst wenn ein Bier die Kehle herunterrinnt gibt es seinen vollen Geschmack.
Und dann Prost! Anders als beim Wein: Erst wenn ein Bier die Kehle herunterrinnt gibt es seinen vollen Geschmack. © WP | Ute Tolksdorf

Warum Bier nach Aprikose schmeckt

Hopfen, so berichtet sie, teilt sich in Bitterhopfen und Aromahopfen. „Den Bitterhopfen braucht das Bier auch für Schaumstabilität und Haltbarkeit“, erklärt sie. Aromahopfen ist vor allem für den Geschmack zuständig, Bier kann dadurch auch nach Aprikose oder Banane schmecken. „Im Veltins schmeckt man leichte Noten von Zitrone und Heu.“ Im Grevensteiner dominiere die Karamellnote.

Aromen entfalten sich erst ab einer bestimmten Temperatur

In einer Verkostung versucht sie die Geschmacksvielfalt langsam aufzubauen. Als Erstes geht es um das Aussehen, die Farbe, die Schaumkrone. Allein für die Farbe hat die Sommelière einen ganzen Bierfächer - er reicht vom hellen Lager-Bier, über Pils bis zu Kölsch und Stout, dem dunklen, sehr malzigen irischen Bier. Auch die Temperatur spielt für den Geschmack eine Rolle. So gern die meisten Sauerländer ein gut gekühltes Pils trinken, Aromen schmeckt man eben besser ab einer gewissen Wärme. „Doch das ist für die meisten nicht die perfekte Trinktemperatur.“ Besonders kann man Röstaromen schmecken, diese gelangen durch das Malz ins Bier.

Der Bierfächer zeigt die Vielfalt der Bierfarben.  
Der Bierfächer zeigt die Vielfalt der Bierfarben.   © WP | Ute Tolksdorf

Julia Klose empfiehlt beim Trinken - nicht nur, wenn es ums Bier geht - oder auch beim Essen, mal die Augen zu schließen. „Das ist schon erstaunlich, wie wichtig die optischen Reize sind“, sagt sie. „Fallen sie weg, konzentriert man sich ganz anders. Das trägt zum Genuss bei.“ Und so trainiere man auch die Geschmacksnerven.

Wenn Julia Klose Verkostungen anbietet, dann neutralisiert sie den Biergeschmack mit Weißbrot und Wasser.. Neben Veltins trinkt sie gern IPA - Indian Pale Ale. „Das schmeckt je nach Hersteller total unterschiedlich“, erklärt sie. „Meist fruchtig. Das Bier hat oft eine etwas höhere Stammwürze und die Hopfenkomponente schmeckt man sehr gut heraus. Der Farbton ist Karamell und der Alkoholgehalt etwas höher als bei Veltins Pils.“ Man finde es zwar nicht in jeder Sauerländer Kneipe, „aber in gut sortierten Getränkemärkten.“

Schließen Sie mal die Augen beim Trinken. Das ist schon erstaunlich, wie wichtig die optischen Reize sind. Fallen sie weg, konzentriert man sich ganz anders. Das trägt zum Genuss bei.
Julia Klose - Biersommelière bei Veltins

Bier hat mehr Aromen als Wein

Was unterscheidet jetzt die Bier- von der Weinsommelière? „Die Technik ist ähnlich“, weiß Julia Klose und ergänzt selbstbewusst: „Bier hat viel mehr Geschmacksvarianten als Wein, weil Hopfen und Malz sehr viel mehr unterschiedliche Aromen einbringen können - von Hopfen, der nach Aprikose oder Kräutern schmeckt, bis zu Brotaromen.“ Nicht zu vergessen sei die Wasserqualität, die letztlich auch dafür sorge, wie das Bier wahrgenommen werde. Hefe dagegen beeinflusse weniger den Geschmack, mehr den Biercharakter, wie die Kohlensäure und sie sich daraus ergebe Spritzigkeit. Julia Klose hebt das Veltins-Glas: „Ja und dann sollte man es einfach genießen“, sagt sie. „Prost!“

Süß, bitter, malzig - die Vielfalt der Bieraromen kennen nur wenige Biertrinker.  
Süß, bitter, malzig - die Vielfalt der Bieraromen kennen nur wenige Biertrinker.   © WP | Ute Tolksdorf

Hintergrund

Bei der Verkostung prüft die Biersommelière zuerst die optischen Reize, wie Farbe und Schaumstabilität.

Auch die Gerüche, fruchtig oder eher malzig, ordnen das Bier ein.

Beim Antrunk geht es darum, wie das Bier auf die Zunge trifft. Das wird auch durch die Glaswahl beeinflusst.

Der Alkoholgehalt entscheidet, ob ein Bier als leicht oder schwer wahrgenommen wird.

Die sogenannte Rezenz des Bieres sagt etwas über den Kohlensäuregehalt und die Spritzigkeit.

Anders als beim Wein muss das Bier bei der Verkostung auch geschluckt werden. Erst, wenn es die Kehle herunterrinnt, eröffnet es sein komplettes Aroma. Der Nachtrunk ist daher eine bedeutende Komponente der Bierverkostung. Ist der Geschmack harmonisch, sind Hopfen und Malz ausgeglichen? Hat das Bier einen Lichtgeschmack? Ist es spritzig oder eher cremig?