Wasserfall. Ein fast zehn Jahre alter Fall aus der Gemeinde Bestwig wird genauer angeschaut: DNA-Analysen sind geplant. Vorwurf: Versuchter Mord.
November 2015: Ein damals 46-jähriger Bestwiger wird in einem Waldgebiet zwischen Heinrichsdorf und Wasserfall von seinem Motorrad gerissen. Unbekannte haben ein Drahtseil zwischen zwei Bäume gespannt - in Kopfhöhe. Der Mann hat Glück, er kommt mit leichten Blessuren davon. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Vorfall tödlich hätte enden können. Sie ermittelt wegen versuchten Mordes. Der oder die Täter sind bis heute nicht gefasst. Jetzt kommt aber erneut Bewegung in die Ermittlungen.
Polizeipräsidium Dortmund und der Cold Case
Die Akten gehören zu einem so genannten Cold Case; das sind Fälle, die nie abschließend geklärt worden sind, aber trotzdem nicht verjähren, weil es um Mord geht. Am Polizeipräsidium in Dortmund - dort sind die Mordkommissionen für den heimischen Raum angesiedelt - sind zuletzt zahlreiche solcher Verfahren noch einmal genau angeschaut worden. Gibt es neue Ermittlungsansätze? Kann neue Technik eingesetzt werden, um Spuren zu finden? In diesem Fall: Ein Ja!
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Die Ermittler konnten schon 2015 DNA sichern, die zu den Tätern gehören könnte. Dieses Material soll jetzt noch einmal mit heutigen Methoden beim Landeskriminalamt untersucht worden. Die Hoffnung: Neuere, bessere Spuren. Brisant: Im August 2016 hatte es einen anonymen Hinweis auf drei mögliche Täter gegeben. Zwei von ihnen wurden vernommen und stritten die Tat ab. Ein dritter Beschuldigter ließ sich von einem Anwalt vertreten und bestritt die Tat in einem Schreiben ebenfalls. Können sie am Ende durch aktuelle DNA-Auswertungen als Verdächtige ausgeschlossen oder überführt werden? Oder gerät jemand ganz anderes auf einmal in den Blick der Ermittler?
Dass sie von versuchtem Mord ausgeht, hatte die Staatsanwaltschaft damals so begründet: „Wer ein 2,5 Millimeter dickes Drahtseil in einer solchen Höhe an einer abschüssigen Strecke spannt, auf der sich Enduro-Fahrer und Mountainbiker mit hoher Geschwindigkeit bewegen, nimmt deren Tod billigend in Kauf“, sagte Oberstaatsanwalt Thomas Poggel. Diese Zeitung hatte nach der Tat auch mit dem Motorradfahrer gesprochen: „Ich möchte mir nicht vorstellen, was passiert wäre, wenn ein Mountainbiker bergab auf dieses Drahtseil getroffen wäre. Es hätte ihm vermutlich die Kehle aufgeschnitten“, erklärte er. Und: Es war nicht das einzige Seil, eine weitere Falle war in der Nähe zwischen zwei Bäumen gespannt worden.
Mit platten Reifen über den Waldboden
Dass er überhaupt durch den Wald gefahren war, kam so: Der Bestwiger war an diesem Tag mit seinem Kumpel auf den Straßen im Elpetal unterwegs und wollte den Motor seiner Enduro-Maschine für ein Rennen einfahren. Dabei hatte er sich einen platten Reifen eingehandelt und es war ihm zu gefährlich, damit weiter über den Asphalt zu fahren, also ging es direkt durchs Gelände wieder nach Hause. Ein Reifen ohne Luft, berichtete er, hat auf dem Boden deutlich mehr Halt. Auf einem Steilstück prallte er mit rund 40 km/h fast gegen das Seil: Er ging zu Boden, die Brust schmerzte, die Hand war verletzt.
Mit seinem Anruf bei der Polizei hatte der Bestwiger übrigens gezögert: Es ist verboten, mit Geländemaschinen durch den Wald zu fahren. Er habe sich unangenehme Fragen ersparen wollen, sagte er. Seine Freunde bewegten ihn schließlich doch dazu, Kontakt mit der Polizei aufzunehmen. Der Motorradfahrer vermutete übrigens, wie auch die Staatsanwaltschaft, dass militante Tierschützer hinter den heimtückischen Fallen stecken könnten. Bewiesen ist das bisher nicht. Die Ermittlungen könnten jetzt aber vorankommen.