Meschede. Florian Kriegel studierte nach dem Abitur Wirtschafts-Ingenieurswesen. Heute unterrichtet er Realschüler. Er erzählt, wie es dazu kam.
Lehrer zu werden - das war für Florian Kriegel nach dem Abitur nur die zweite Idee. Dass der studierte Wirtschafts-Ingenieur heute an der Realschule der Stadt Meschede unterrichtet, bezeichnet er trotzdem als absoluten Glücksfall.
Nach der Schule wollten Sie nicht Lehrer werden? Warum sind Sie nun doch hier gelandet?
Damals erschien mir das die weniger coole Option. Ich wollte raus aus dem Schulbetrieb. Doch die Zeit als Wirtschafts-Ingenieur hat mir gezeigt, wo die Vorteile liegen.
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Welche sind das?
Ich habe an verschiedenen Stellen im Vertrieb gearbeitet. Das war unglaublich familienunfreundlich. Nicht nur, dass ich zum Teil durch meine Stellen unter der Woche auch weit weg von der Familie gelebt habe, es wurde auch erwartet, dass man abends nach Feierabend und am Wochenende Mails beantwortet und Krisengespräche führt. Nicht nur einmal musste ich meinen Urlaub abbrechen. Das wollte ich irgendwann nicht mehr. Und so habe ich erstmal aus Jux gesagt, dann werde ich halt Lehrer, habe dann aber doch ernsthaft geschaut, ob und wie das mit meinen Fächern möglich wäre. An der holländischen Grenze fand ich dann eine Referendariatsstelle für meine Fächer, die auch für Quereinsteiger geöffnet war.
Sie unterrichten Mathematik und Technik - das sind Mangelfächer?
Ja, vor allem Technik wird kaum studiert, was wohl daran liegt, dass man ein breites Grundlagenwissen nachweisen muss - von der Holzverarbeitung, über Elektrotechnik und Teile des Maschinenbaus bis zur Informatik. Für sich genommen, ist jedes einzelne Fach schon herausfordernd.
Haben Sie als Lehrer jetzt die Arbeitszeiten und den Aufgabenbereich, die sie sich gewünscht haben?
Ich kann mir meine Zeit zumindest freier einteilen. Natürlich gibt es auch hier Aufgaben, die ich nicht gern mache und natürlich sitze ich auch mal am Wochenende und abends an Korrekturen und Vorbereitungen, aber ich habe - auch dadurch, dass die Städtische Realschule eine Halbtags-Schule ist - nachmittags viel mehr Zeit für meine Kinder. Ich bin sehr zufrieden, weiß aber nicht, ob ich das auch wäre, wenn ich nach der Schule direkt ins Lehramtsstudium gewechselt wäre. Ich weiß jetzt, was ich hier habe.
Und der Umgang mit Kindern und Jugendlichen liegt Ihnen?
Ja, das klappt gut. Ich habe in den letzten Jahren oft gehört, dass ich in der Schule genau richtig bin. Im Unterricht bin ich schon bereit, sehr auf die Schüler einzugehen. Ich erkläre etwas hundertmal und immer wieder neu, wenn ich den Eindruck habe, mein Gegenüber bemüht sich und ist wirklich interessiert. Ich helfe gern, aber ich verlange eben auch dieses Mindestmaß an Eigeninitiative. Denn am Ende zählt einfach die Leistung, es gibt eine zentrale Abschlussprüfung, die jeder bestehen muss und die ich nicht stelle.
Was sehen Sie als größte Herausforderung für Schule aktuell?
Der Erziehungsauftrag wird immer wichtiger und gleichzeitig wird es für Schüler immer schwieriger, sich länger zu konzentrieren. Die modernen Medien verlangen nur kurzfristige Aufmerksamkeit - dann kommt schon der Kick. Das kann ich natürlich als Lehrer in 45 oder 90 Minuten nicht bieten. Gleichzeitig müssen wir darüber diskutieren, welchen Grad an Digitalisierung wir für wichtig und richtig erachten. Muss man noch seine Hausaufgaben per Hand in ein Heft schreiben oder sollte man diese zentral online bereitstellen? In der Produktion wird das zwar später genau so gehandhabt, Aufgaben werden digital gestellt, aber sollte man es nicht trotzdem mal gelernt haben?
Wie war Ihre eigene Schulzeit?
(lacht) Ich bin gern zur Schule gegangen, allerdings weniger wegen des Unterrichts, mehr wegen der Freundschaften. Dazu hatte ich das Glück, dass mir Naturwissenschaften leicht gefallen sind.
Was wünschen Sie sich, sollen Schüler über Sie sagen, wenn sie die Schule verlassen?
Herr Kriegel, das ist ein lockerer Typ, bei dem ich trotzdem eine Menge gelernt habe.
Persönliches
- Florian Kriegel lebt mit seiner Frau und drei Kindern in Warstein.
- Der 37-Jährige ist ein Kind des Ruhrgebietes, aufgewachsen in Essen, studierte er nach dem Abitur in Duisburg und Bochum Wirtschafts-Ingenieurwesen.
- 2011 fand er seine erste Stelle in Belecke und zog dafür in den Kreis Soest. Nebenberuflich absolvierte er noch den Masterabschluss.
- Nach verschiedenen beruflichen Stationen bewarb er sich auf eine Stelle an der niederländischen Grenze, die für Quereinsteiger ausgeschrieben war. Gleichzeitig nahm er am zweijährigen OBAS-Programm des Landes teil, das berufsbegleitend auf die Lehramtsprüfung vorbereitet.
- Mit dem Abschluss bewarb er sich an der Städtischen Realschule, wo er seit Mai 2023 die Fächer Mathematik und Technik unterrichtet.