Schmallenberg. Deutschland demonstriert für Toleranz, Respekt und Vielfalt. In Schmallenberg sind es acht Frauen, die die Veranstaltung organisieren.
„In diesen Tagen muss man auf die Straße gehen und Gesicht zeigen“, fanden acht Schmallenbergerinnen. Als in ihrer Heimatstadt keiner die Initiative ergriff, initiierten sie selbst eine Demonstration für Demokratie, Toleranz, Vielfalt und Respekt am Freitag, 16. Februar.
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„Wir sind nicht gegen, sondern für etwas“, betonen Anna Putzu und Pola Plate, Sprecherinnen der „Parteilosen Bürgerinnen von Schmallenberg.“ Eine Frauen-Gruppe, die sich locker kannte und die sich dann innerhalb von 48 Stunden zu einem Organisationsnetzwerk zusammenfand. „Wir sind auch nicht immer einer Meinung, haben auch über manche Formulierung diskutiert“; sagt Anna Putzu. „Letztlich aber haben wir super konstruktiv zusammengearbeitet.“ Die Frauen kommen aus unterschiedlichen Berufen oder starten gerade ins Studium. Sie sind zwischen 18 und 59 Jahre alt.
Anlass für ihr Engagement war nicht nur das Geheimtreffen hochrangiger AfD-Funktionäre in Potsdam, wo diese über die Vertreibung von Ausländern beratschlagten, sondern eine grundsätzliche Haltung für Menschlichkeit, Toleranz und Vielfalt. „Wir wollen zeigen, dass die bisher schweigende Mehrheit, die klar hinter den demokratischen Werten unserer Gesellschaft steht, größer ist als die Gruppe, die daran etwas ändern will.“
Diesen Schmallenbergern wolle man Gelegenheit geben, Gesicht und Flagge zu zeigen - „auch den Jugendlichen, die sonst im eher konservativ geprägten Schmallenberg kaum Gelegenheit finden, sich zu positionieren.“ Dabei sei Schmallenberg durchaus bunt. „Es gibt Initiativen und Vereine, die auch moderne Ideen vertreten, von der Solidarischen Landwirtschaft bis zu Watt Grünes, aber die werden noch zu wenig gesehen“, fassen die Frauen zusammen. „Die Ideen sind da und auch die Power ist da“, ist Anna Putzu überzeugt und hofft, dass die Demo einen Auftakt bietet.
Beide Frauen waren ein paar Jahre weg, haben im Ruhrgebiet und in Köln gelebt, dort auch schon an Demonstrationen teilgenommen und sind bewusst wieder in Sauerland zurückgekehrt, weil die Lebensqualität hier einfach gut sei und das soziale Netz stabil. „Aber Sätze wie, ,Ich habe ja nichts gegen Ausländer, aber...‘ kommen in meiner Welt einfach nicht vor“, betont Pola Plate. „Hier ist kein Platz für Hass und Hetze!“ Und dafür wolle die Gruppe ein Zeichen setzen. „Es ist toll, ein Teil davon zu sein!“, ergänzt Anna Putzu.
Kritischer Blick auf die Beschlüsse der Regierung
Das habe auch nichts damit zu tun, dass man nicht trotzdem kritisch auf Beschlüsse der Ampel-Regierung blicke. Aber man stehe eben grundsätzlich hinter der demokratisch legitimierten Verfassung. „Allen, die das ähnlich sehen, wollen wir die Möglichkeit geben, auch vor Ort Stellung zu beziehen“, sagt Pola Plate. Die Gleidorferin war schon in Paderborn zur Demonstration und schwärmt von dem Gemeinschaftsgefühl. „Es ist wichtig, dass man in diesen Tagen merkt, dass man nicht allein ist.“
Nicht alle stehen hinter diesen Forderungen. Während die Frauen mit ihrer Idee im Freundes- und Familienkreis auf ungeteilte Zustimmung stießen, habe es an anderer Stelle auch schon mal abschätzige Kommentare gegeben.
Demonstration ist angemeldet
Mittlerweile ist der „friedliche Protestmarsch gegen Rechtsextremismus und für Solidarität, Menschenrechte und Demokratie“ bei der Polizei und beim Kreis angemeldet. Er startet am Freitag, 16. Februar, um 17 Uhr, „damit auch die teilnehmen können, die nur am Wochenende im Sauerland sind“, sagt Pola Plate. Eingeladen sind alle Vereine und Schulen, auch die Politiker erhalten über das Rathaus eine eigene Einladung.
Treffpunkt ist der Schützenplatz. Von dort geht es die Oststraße hinunter, über den Kirchplatz und in die Weststraße, Ziel ist gegen 17.45 Uhr der Paul-Falke-Platz. Dort werden verschiedene Redner und Rednerinnen sprechen, „Jemand von den Kirchen, Schüler und eine Person von einer türkisch-islamischen Gemeinde sind auf jeden Fall dabei.“
Wegen Karneval ausgewichen
Der Termin ist mit Bedacht gewählt. „Am Wochenende davor wäre Karneval gewesen und wir wollten die Polizei nicht zu sehr belasten“, erklärt Pola Plate. Anna Putzu sieht einen weiteren Vorteil: „Die meisten Demonstrationen sind dann schon gelaufen. Wir wünschen uns aber, dass dieses Einstehen für die Demokratie kein Strohfeuer bleibt, sondern dass Zweifler, die überlegen, die AfD oder andere antidemokratische Parteien zu wählen oder gar nicht zu wählen, beginnen nachzudenken.“
Die Frauen hoffen auf viele Teilnehmer und Teilnehmerinnen aus allen sozialen und politischen Gruppen, gern auch aus den umliegenden Orten, mit bunten Plakaten und Fahnen. Angemeldet ist die Veranstaltung für 300 Teilnehmer, 500 wären schön.
In ihrem Aufruf heißt es: „Bleibt friedlich! Zieht euch bunt und warm an! Trefft euch ein paar Tage oder Stunden vorher und bastelt auffällige Plakate. Lichterketten mit Batterien lassen eure Botschaften auch im Dunkeln leuchten. Bringt eure Nachbarn mit!“ Sodass man am Ende sehen kann: „Auch in Schmallenberg sind wir viele.“
HINTERGRUND
Zwei weitere Demonstrationen für Vielfalt und Demokratie finden bereits an diesem Samstag in der Region statt.
Am Samstag, 3. Februar, wird in Bad Fredeburg aufgerufen, sich für die Demokratie einzusetzen. Treffpunkt ist um 15.30 Uhr am alten Postgebäude. Veranstalter ist ein Bündnis Bad Fredeburger Bürgerinnen und Bürger sowie vieler Vereine. Zur Teilnahme aufgerufen sind alle Menschen aus der Region. Im Aufruf heißt es: „Wir, die selbstbewussten Bürgerinnen und Bürger Fredeburgs, machen klar: Wir stehen für Demokratie, Vielfalt und eine solidarische Gesellschaft. Wir gehen deshalb jetzt auf den Kirchplatz und demonstrieren für Demokratie und Vielfalt und gegen Faschismus und Ausgrenzung.“ Vom alten Postgebäude (Einmündung der Von-Ascheberg-Straße und der Gartenstraße in die Straße Im Ohle 51,18615°N / 8,31144°O) führt der Demonstrationszug zum Kirchplatz. Dort findet ab 16 Uhr eine Kundgebung mit Bürgergespräch statt. Nach einem Eingangsstatement haben dabei die Teilnehmer Gelegenheit, ihre Betroffenheit und Stellungnahmen in einer Aktion „offenes Mikro“ zu bekunden.
Das Bündnis für Demokratie Meschede lädt Samstag bereits zu seiner zweiten Veranstaltung ein. Diesmal ist ein Demonstrationszug geplant. Dieser startet am ehemaligen Aldi-Rewe-Parkplatz am Mescheder Bahnhof.
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