Cobbenrode/Lennestadt. Eine Pferdezüchterin hält die Mega-Windräder bei Cobbenrode für umweltschädlich. Eine Klage verliert sie. Jetzt spricht der Anwalt.
Nachdem der 22. Senat am Oberverwaltungsgericht in Münster die Klage eine Pferdezüchterin gegen geplante Mega-Windräder bei Cobbenrode abgewiesen hat, spricht nun der Anwalt der Frau. Wie berichtet, wohnt die Klägerin etwa 1200 Meter vom Windpark entfernt und betreibt dort auch ihre Pferdezucht. Sie sieht sich durch die optischen, akustischen und umweltrechtlichen Auswirkungen der Anlagen und mögliche Brand- und Havariefolgen - gerade auch in ihrer Existenz als Pferdezüchterin - unzumutbar beeinträchtigt und war vor Gericht gezogen.
Das OVG hatte die Befürchtungen der Klägerin in erster Instanz zurückgewiesen. Für die Richter ist die Klage schon deshalb unzulässig, weil eine subjektive Rechtsverletzung ausgeschlossen erscheine, so Dirk Rauschenberg, Vorsitzender Richter und Pressesprecher am OVG. Die Urteilsbegründung liegt zwar noch nicht vor, doch der Tenor des Gerichts war eindeutig.
Vier Anlagen geplant
Das Unternehmen Abo Wind AG möchte im Bereich des Herrscheids zwischen Cobbenrode und Oedingen insgesamt vier Windenergieanlagen errichten, zwei davon auf Lennestädter und zwei auf Esloher Gebiet. Deshalb musste das Unternehmen zwei Genehmigungsanträge stellen. Mittlerweile liegt Abo Wind für alle vier Anlagen die Baugenehmigung vor.
Die Anlagen in Lennestadt haben eine Nabenhöhe von 161 Metern, einen Rotordurchmesser von 158 Metern und eine Gesamthöhe von 240 Meter. Die Nennleistung je Windrad beträgt 5.500 kW pro Jahr, insgesamt also 11.000 kW. Die Anlagen auf dem Esloher Gebiet haben in etwa die gleiche Dimension. Der Senat ist überzeugt, dass die zulässigen Lärmwerte sicher eingehalten würden. Auch einen unzumutbaren Schattenwurf auf die Pferdekoppeln konnten die Richter nicht erkennen und verwiesen auf die einschlägige Rechtsprechung zu diesem Vorwurf.
Dies sieht die Seite der Klägerin anders. „Wir reden hier über vier mal 240 Meter hohe Anlagen mit 22 Megawatt Leistung, das sind mit die größten Industrieanlagen in Deutschland, höher als der Kölner Dom. Man sieht und hört sie“, so Thomas Mock aus Königswinter, Rechtsanwalt der Klägerin. Die Rotoren würden 80.000 Quadratmeter überstrahlen, das sind 12 Fußballfelder, die sich in der Luft drehen“, macht der Jurist die Dimensionen deutlich.
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Bedenklich sei der aufkommende Bodenschall. Bei der starken Leistung würde die Hälfte der physikalischen Luftmasse auf die Masten und die Fundamente drücken, wodurch diese den Boden in der Nähe zum Schwingen bringen würden. „Das ist wie bei der Eisenbahn, nur kann es hier zwei bis drei Tage lang dauern.“
Darüber hinaus käme es in diesen hohen Lagen und bei starkem Wetter zum Abrieb von Epoxidharz und Carbon von den Rotorblättern. In dem Harz befänden sich toxische Gifte wie Bisphenol-A, eine Art hormoneller Schadstoff, der den Hormonhaushalt verändert, sowie PFAS. Das sind Gifte, die im Verdacht stehen würden, unfruchtbar zu machen und Krebs zu verursachen. „Es ist unstrittig, dass diese Materialien gestreut und der Boden kontaminiert werden“, so Mock.
Den Senat hatte dieses Argument nicht überzeugt. Für eine messbare Kontamination durch Rotorabtrieb gäbe es keine Erkenntnisse und Epoxidharze seien auch in anderen Produkten vorhanden. „Andere Produkte haben aber nicht diese Erosion und den Verschleiß an der Oberfläche“, so der Anwalt, der von 100 Kilogramm Abrieb pro Jahr und Windrad spricht. Dies würde unweigerlich zu einem Wertverlust der Immobilie führen. Durch den Abrieb würden auch die landwirtschaftlichen Flächen in der Nachbarschaft kontaminiert.
Aus einem weiteren Grund hadert die Klageseite mit dem zu erwartendem Urteil. Der Anwalt ist der Auffassung, dass die Klägerin ihre Nachbarschaftsrechte geltend machen kann. Er beruft sich dabei auf das Bundesimmissions-Schutzgesetz: „Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass ... schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können.“
Antrag auf Zulassung
Das OVG dagegen sieht keine Nachbarschützenden Rechte verletzt und ließ eine Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht zu. Laut Thomas Mock ist eine Revision mit Antrag auf Zulassung dennoch möglich. Ob die Klageseite diesen Weg gehen wird, in unklar. Man wolle zunächst die Urteilsbegründung abwarten.