Schmallenberg. Die Feuerwehr Schmallenberg muss regelmäßig erklären, wie sie ihre Hilfsfristen einhalten will. Wo es hakt und wie Schmallenberg gegensteuert.

13 Minuten im Rauch gilt als Erträglichkeitsgrenze und nach 17 Minuten endet die Chance auf eine Reanimation. Regelmäßig muss Schmallenberg nachweisen, dass es diese Grenzen mit seiner ehrenamtlichen Feuerwehr erreicht. Die Ausrüstung und die Hilfsfristen spielen daher eine große Rolle, wenn der Brandschutzbedarfsplan vorgestellt wird. Er zeigt, wie es um die Sicherheit der Menschen bestellt ist. Ordnungsamtsleiter Berthold Vogt und Jürgen Schneider, Wehrleiter und Mitarbeiter im Ordnungsamt, erläutert die Erkenntnisse.

Berthold Vogt, Leiter des Ordnungsamtes.
Berthold Vogt, Leiter des Ordnungsamtes. © Privat

Sie erreichen Ihre Hilfsfristen nur zu 70 bis 75 Prozent - was erschwert Ihre Arbeit?

Vogt: Schmallenberg hat eine große Fläche und ist mit 303 Quadratkilometern die größte kreisangehörige Stadt in NRW. Nachts ist es bei der großen Zahl an Ehrenamtlichen in den meisten Orten kein Problem, unsere Hilfsfristen zu erreichen, Ausnahmen bilden z.B. Westfeld, Schanze, Jagdhaus und Latrop. Da dauert einfach die Anfahrt ab Gerätehaus bis zur Einsatzstelle für ein Feuerwehrfahrzeug – es handelt sich ja in der Regel um einen Lkw – schon lange. Tagsüber kommt hinzu, dass die Kameraden an ihren Arbeitsorten für uns oftmals nicht erreichbar sind.

Mit einer eigenen Tagwache im Gewerbegebiet Auf der Lake wollen Sie da gegensteuern?

Schneider: Im Gewerbegebiet Lake sind rund 45 Feuerwehrleute beschäftigt. Aus diesem Grund ist es ideal, dort eine Nebenwache einzurichten. Zurzeit laufen die Gespräche zur Anmietung einer Fahrzeughalle. Die Gewerbetreibenden sowie die dort beschäftigten Kameraden und Kameradinnen wurden bereits informiert. Parallel laufen die Planungen für die Ausstattung, denn die muss dort ja genauso gut sein, wie an den Heimatstandorten. Wird nun in der Kernstadt alarmiert, soll diese Tagwache die Schmallenberger Wehr verstärken.

>>> Lesen Sie auch: Bad Fredeburg: Bilanz nach 100 Tagen Ortsumgehung <<<

Wie steht es um die Gerätehäuser? Zuletzt wollten Sie wenig genutzte Fahrzeuge rotieren. Das Bad Fredeburger Fahrzeug sollte dafür nach Dorlar. Aber es passte dort nicht in die Garage.

Vogt: Im konkreten Fall handelte es sich um ein Sonderfahrzeug – in diesem Fall ein Wechsellader mit Abrollbehälter, also kein normiertes Feuerwehrfahrzeug. Aber trotzdem: Schmallenberg hat insgesamt 18 Gerätehäuser, die überwiegend zwischen dem Ende der 60er- und Anfang der 90er-Jahre erbaut wurden und nicht in allen Bereichen den heutigen Anforderungen entsprechen. Das reicht von Schwarz-Weiß- oder der Geschlechter-Trennung bis zur digitalen Ausstattung der Gerätehäuser und Fahrzeuge. Kurzfristig soll über eine Machbarkeitsstudie ermittelt werden, wie und ob überhaupt ein bestehendes Gerätehaus nach aktuellem Stand der Technik ertüchtigt werden kann.

Jürgen Schneider, Wehrleiter in Schmallenberg.
Jürgen Schneider, Wehrleiter in Schmallenberg. © WP | Laura Nowicki


Es besteht die Überlegung die Feuerwehrgerätehäuser von Westernbödefeld und Bödefeld zusammenzulegen. Welche Gründe stecken dahinter?

Schneider: Im Rahmen der Neuaufstellung des Brandschutzbedarfsplanes wird aktuell geprüft, ob es sinnvoll und möglich ist, beide Standorte zusammen zu legen. Dies gilt auch für einen möglichen Standort eines Gerätehauses.

Für den Brandschutzbedarfsplan werden besonders gefährliche Punkte und Orte gelistet. Autobahnen und Bahnverkehr hat Schmallenberg nicht. Welche Orte haben eine hohe Gefährdungsklasse und warum?

Vogt:Für die Einteilung in Gefahrenstufen ist das gesamte Stadtgebiet in Quadranten von 1 Kilometer eingeteilt worden. Für jeden Quadranten wurden die Gefahren für Brand, technische Hilfeleistung und ABC-Gefahren ermittelt und fachlich bewertet. Bei den ABC-Gefahren - also Gefahren durch radioaktive, biologische oder chemische Stoffe und Materialien - wird z.B. darauf geachtet, wo größere Mengen dieser Stoffe gelagert oder verarbeitet werden. Als Beispiel können für diesen Bereich die Firmen wie Eloxal in Bracht oder das Fraunhofer Institut genannt werden. Bei den Brandgefahren wird besonders z.B. auf Altenheime, Kliniken und Gastrobetriebe geachtet, also Gebäude, wo viele Menschen zusammenkommen.

Feuerwehr muss langfristig planen. Zuletzt dauerte es bis zu vier Jahre, bis man ein Feuerwehrfahrzeug erhält. Vor welche Herausforderungen stellt das Stadt und Wehr?

Schneider: Das war zu Zeiten von Corona und mit dem Beginn des Ukrainekrieges. Da gab es extreme Lieferengpässe. Mittlerweile wartet man auf einen Mannschaftstransportwagen rund ein Jahr und auf einen Löschfahrzeug rund zwei Jahre. Wir schauen daher auch gern nach Vorführfahrzeugen. Das hat - wie beim Auto - den Vorteil, dass die besonders hochwertig ausgestattet sind und kurze Lieferzeiten haben. Zuletzt hat die Stadt so einen Kaufvertrag innerhalb von 23 Stunden unterschrieben und dann noch sieben Monate auf die Lieferung gewartet. Das war extrem schnell.

Vereine haben allgemein Probleme, Menschen für Führungsaufgaben zu finden. Gerade erst hat Stefan Kaiser als Wehrführer seinen Rücktritt angekündigt. Müsste man als Feuerwehr und als Kommune einen neuen Wehrführer noch stärker entlasten?

Vogt: Ich bin seit 20 Jahren Leiter des Ordnungsamtes. Seitdem sind die Anforderungen an die Wehr ständig gewachsen. Die Stadt hat erkannt, dass sie die Führungskräfte der Feuerwehr entlasten muss und deshalb erst Anfang 2023 eine zusätzliche Verwaltungsstelle geschaffen und im Juni einen hauptamtlichen Gerätewart eingestellt. Stefan Kaiser hatte in seiner Rücktrittserklärung mehrere Gründe genannt. Da spielte auch der Arbeitsplatz in Paderborn sowie die zeitliche Belastung dieses Ehrenamtes eine Rolle.

Ist die Feuerwehr in Schmallenberg immer noch fest in jedem Ort verwurzelt?

Vogt: Auf jeden Fall! Unsere 18 Einheiten sind Bestandteil der örtlichen Vereinsstruktur, wie überall im HSK. Oftmals bilden sie so etwas wie eine kleine Familie.

Den meisten Kommunen gelingt es nicht, Migranten für die Feuerwehr zu begeistern. Haben Sie da eigene Erfahrungen sammeln können?

Schneider: Das klappt bei uns ganz gut. Natürlich strömen sie nicht in Massen zu uns, aber es gibt immer wieder Quereinsteiger. Wir haben gerade einen Kameraden, der über die Feuerwehr seinen Lkw-Führerschein macht. Natürlich gibt es Sprachbarrieren und manch einer braucht auch mehr Unterstützung bei den Lehrgangsprüfungen. Aber bisher haben wir das noch immer hinbekommen.

>>> Hintergrund

550 Männer und 20 Frauen gehören der Freiwilligen Feuerwehr in Schmallenberg an. Dazu kommen noch einmal 210 Jungs und 30 Mädchen in der Jugendfeuerwehr.

Die Zahl bei den aktiven Feuerwehrkameraden und -kameradinnen stagniert aktuell, wird aber perspektivisch durch den guten Zulauf in der Jugendfeuerwehr aufgefüllt. Insgesamt sei man da einigermaßen gut aufgestellt, sagt Berthold Vogt. Und Jürgen Schneider ergänzt mit einem Lachen: „Mehr wäre natürlich immer gut.“