Meschede. Zollbeamte sind beim Automobilzulieferer Martinrea Honsel in Meschede im Einsatz gewesen. Was bisher bekannt ist und was nicht.
Bei Martinrea Honsel in Meschede hat es in dieser Woche eine Zoll-Kontrolle gegeben. Die Beamten waren im Einsatz, um illegale Beschäftigungsverhältnisse aufzudecken und sie wurden fündig.
Gegenüber dieser Zeitung bestätigt der Zoll den Einsatz in Meschede mit Verweis auf das Steuergeheimnis und den Sozialdatenschutz nicht. Nach Informationen dieser Zeitung waren die uniformierten Zollbeamten jedoch am Dienstag, 21. November, im Mescheder Werk zugegen und wurden durch den Betrieb geführt. In einer Abteilung überprüften sie Arbeiter aus Mexiko und nahmen diese infolgedessen mit. Am Arbeitsplatz sind die Männer seitdem nicht mehr erschienen.
Ausländeramt bestätigt
Schließlich wurden die Lateinamerikaner an das Ausländeramt des Hochsauerlandkreises übergeben. Welcher Verstoß vorliegt, ist offiziell nicht bestätigt. Fest steht nur: „Die Mexikaner sind aufgefordert, Deutschland zu verlassen und werden in Kürze ausreisen“, sagt Pressesprecher Martin Reuther auf Anfrage.
Lesen Sie auch
Wird eine Ausreise behördlich angeordnet, liegt in der Regel ein Verstoß gegen das gültige Visarecht vor. Laut Auswärtigem Amt benötigen mexikanische Staatsangehörige für einen touristischen Aufenthalt von weniger als 90 Tagen in Deutschland kein Visum. Jedoch: „Für Aufenthalte von über 90 Tagen in Deutschland und für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit ist grundsätzlich vor der Einreise nach Deutschland ein Visum zur beantragen.“ Wer dennoch ohne Erlaubnis arbeitet, kann laut Zoll mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft werden.
Geldbußen drohen
Auch Arbeitgeber riskieren eine Geldbuße, wenn sie ausländische Staatsangehörige ohne Arbeitsvisum beschäftigen. Hier stehen laut Zoll grundsätzlich Geldbußen von bis zu 500.000 Euro im Raum.
Werke in Mexiko, Spanien, China und Brasilien
Die Martinrea Honsel GmbH hat neben den beiden Standorten in Deutschland (Werk Meschede und Formenbau in Nuttlar) auch Werke in Spanien, Mexiko, China und Brasilien. Bei den Mexikanern soll es sich nach Informationen dieser Zeitung um Facharbeiter aus dem mexikanischen Werk handeln.
Anonymer Tipp oder Kontrolle ohne Verdacht?
Doch warum geriet Martinrea Honsel ins Visier der Zollbeamten? Handelte es sich um eine sogenannte verdachtsunabhängige Überprüfung oder gab es einen anonymen Hinweis? Dazu gibt es seitens der zuständigen Zollverwaltung in Bielefeld ebenso wenig eine Aussage wie zur Frage, wie die Ermittlungen nun weitergehen.
Um Stellungnahme gebeten
Die Redaktion hat Martinrea Honsel um eine Stellungnahme gebeten. Die schriftliche Anfrage mit den folgenden Fragen blieb bislang unbeantwortet: Wie kam es zu dem Einsatz der mexikanischen Mitarbeiter? Lagen aus Ihrer Sicht gültige Arbeitsvisa und Verträge vor? Seit wann waren die Mitarbeiter eingesetzt und wie lang war der Einsatz geplant? Hat sich Martinrea Honsel selbst um die Anreise und Unterbringung der mexikanischen Kollegen gekümmert?
Bestürzung bei der Gewerkschaft
Auch bei der IG Metall sind die Ermittlungen des Zolls bekannt. „Ich wundere mich sehr darüber. Die handelnden Personen in Meschede sind mir bekannt und ich kann mir nicht vorstellen, dass dort bewusst Tarifverträge und gesetzliche Regelungen unterwandert worden sind. Deshalb bin auch ich sehr daran interessiert, wo der Fehler gemacht wurde“, sagt Carmen Schwarz, Erste Bevollmächtigte der IG Metall in Arnsberg. Dennoch stehe die Arbeit des Zolls außer Frage, Gesetze müssten eingehalten werden.
Standort um 400 Mitarbeiter gewachsen
Es sei bei Martinrea Honsel gelebte Praxis, dass Mitarbeiter aus den anderen Werken in Meschede im Einsatz seien, um voneinander zu lernen und sich gegenseitig zu unterstützen. Der Betrieb sei im vergangenen Jahr „enorm gewachsen“. Zu Beginn der Verhandlungen zum Zukunftstarifvertrag vor zwölf Monaten waren 1450 Mitarbeiter in Meschede beschäftigt, aktuell sind es 1850.
Sorge um Standort
Die Sorge der Belegschaft, dass sich die Konzernführung in Kanada irgendwann einmal gegen den Standort in Deutschland entscheiden könnte, könne die Bevollmächtigte nachvollziehen. „Wir reden hier von Konzernstrukturen, wo die CEOs schauen, welche Zahlen die jeweiligen Standorte generieren und wo es Probleme gibt. Speziell der Automobilindustrie stehen große Herausforderungen bevor“, sagt Carmen Schwarz. Diese zusätzliche Unruhe könne kein Betrieb gebrauchen.