Bestwig. 15 Millionen Euro werden im Werk Bestwig von M. Busch investiert: Die Hintergründe dazu, Ausblicke in die Zukunft - und Sorgen.

15 Millionen Euro hat der Guss-Spezialist M. Busch im Werk Bestwig investiert. Geschäftsführer Andreas Güll erklärt im Interview die Hintergründe. Güll schildert auch die nächsten Pläne, sieht die Bahn als neuen Kunden, fordert die Politik zum Eingreifen beim Energiepreis auf – und er bekennt sich zu „Heavy Metal“.

So werden Aufträge gesichert

Sie haben im Werk in Bestwig eine neue Fertigungslinie eingeweiht. Was bedeutet die für Ihr Unternehmen?

Die neue Fertigungslinie ist Teil unserer Strategie bei M. Busch. Ein bedeutender Punkt ist dabei der Ausbau der Wertschöpfung – also nicht nur zu gießen, sondern immer mehr Teile einbaufertig zu bearbeiten und auch vorzumontieren. Bei unbearbeiteten Gussteilen, einem Rohteil, ist die Produktion und der Auftrag auch mal schnell verlagert. Wenn dagegen ein Gussteil fertig bearbeitet wird, verbunden mit einer großen notwendigen Investition wie hier, dann ist die Gefahr des Auftragsverlustes deutlich geringer. In diesem Fall haben wir einen Zehn-Jahres-Vertrag mit Volvo abgeschlossen. Damit ist der Auftrag bei M. Busch gesichert. Für Bestwig ist das ein Zusatzauftrag. Das Rohteil gießen wir bereits seit vielen Jahren in unserem Werk in Wehrstapel, bearbeitet hatte es früher jedoch ein anderes Unternehmen. Jetzt haben wir das Rohteil in Wehrstapel auch nochmals zehn Jahre gesichert. Beide Werke profitieren also davon.

So haben wir 100.000 Rohteile pro Jahr für die Gießerei Wehrstapel dazu gewonnen.
Andreas Güll

Ist da noch mehr zu erwarten?

Wir bearbeiten aktuell in Bestwig zwei Drittel der Rohteile, die in Wehrstapel gegossen werden. Unser Ziel ist, diesen Anteil weiter zu steigern. Wir bauen hierzu gerade noch eine weitere Schwungradlinie auf. Das ist der nächste Schritt Richtung Wertschöpfungstiefe, größer 80 Prozent. Viele Truck-Hersteller, wie auch Volvo, bearbeiten teilweise noch selbst Gussteile. Sobald jedoch Fläche oder Invest benötigt wird, besteht oftmals die Chance, selbst in die Bearbeitung oder auch Montage einzusteigen. So haben wir diesen Auftrag gewonnen – und haben so auch wieder um 100.000 Rohteile pro Jahr für die Gießerei Wehrstapel dazu gewonnen.

Die neue Halle 8 von M. Busch in Bestwig. Sieben Millionen Euro hat das Familienunternehmen allein dafür investiert.
Die neue Halle 8 von M. Busch in Bestwig. Sieben Millionen Euro hat das Familienunternehmen allein dafür investiert. © WP | Privat


Acht Millionen Euro in Fertigung, sieben Millionen für neue Hallen

Bedeutet eine neue Fertigungslinie weniger Arbeitsplätze?

Ja und nein. Wenn eine bestehende Linie durch eine neue, automatisierte ersetzt wird, reduziert sich dadurch die Zahl der Arbeitsplätze. Wenn aber wie gerade in Bestwig zusätzlich zwei neue Linien aufgebaut werden, dann entstehen damit neue Arbeitsplätze, obwohl diese hochautomatisiert sind – hier sind es zehn neue für den Dreischichtbetrieb.

Wie viel haben Sie investiert?

15 Millionen Euro insgesamt: Acht Millionen davon für die Bremsscheiben-Fertigungslinie, dazu sieben Millionen für die Halle 8 sowie für unsere neue Verladehalle. Das sind in Summe 4800 Quadratmeter Fläche. Hierzu kommt zusätzlich die Investition für die neue Schwungradlinie. Auch an unserem Außengelände wird gebaut. Die Mitarbeiterparkplätze werden neu strukturiert, das ganze Gelände wird eingezäunt, es wird ein kamerabasiertes Zugangssystem geben – dahinter steht nicht nur eine bessere Außendarstellung, sondern wir stecken auch gerade in einem Zertifizierungsverfahren für IT-Sicherheit. Das wird alles in den nächsten Monaten fertiggestellt. In Zukunft wird man einen komplett anderen Eindruck vom Werk Bestwig bekommen.

Blick auf die neue Fertigungslinie bei M. Busch in Bestwig: Die Investition hat einen Zehn-Jahres-Vertrag mit Volvo ergeben.
Blick auf die neue Fertigungslinie bei M. Busch in Bestwig: Die Investition hat einen Zehn-Jahres-Vertrag mit Volvo ergeben. © WP | Privat

6800 Quadratmeter für neue Photovoltaik-Anlage

Wird es auch Investitionen im Werk in Wehrstapel geben?

In Wehrstapel sind in den letzten zehn Jahren 56,6 Millionen Euro in den Ausbau des Werkes investiert worden. Aktuell gibt es dort keine Investitionen in Kapazitätserweiterungen, sondern in Automatisierung, Produktivitätssteigerung sowie in die Nachhaltigkeit. Wir haben dort schon einiges getan in Richtung Industrie 4.0. An einer Fertigungslinie, wo früher Bremsscheiben von Mitarbeitern abgepackt, palettiert und umreift wurden, ist der Bereich inzwischen komplett mannlos automatisiert. In den nächsten Jahren sind in Wehrstapel zudem erhebliche Investitionen zur Erreichung der CO₂-Neutralität erforderlich.

Wenn wir das Werk hier komplett autark versorgen wollten, bräuchten wir dazu sieben Windräder.
Andreas Güll

Ihr Unternehmen benötigt viel Energie. Werden Sie künftig auch stärker in eine eigene Energieversorgung investieren?

Zusätzlich zu den 15 Millionen Euro investieren wir gerade 1,2 Millionen Euro in eine Photovoltaik-Anlage für die Hallen 6, 7 und 8 in Bestwig. Auf einer Fläche von 6800 Quadratmeter erzeugen wir dann eine Leistung von 1122 Kilowattpeak. Das klingt enorm: Aber für das Werk in Bestwig macht das umgerechnet gerade 13 Prozent unseres Energiebedarfs aus. Nur um ein Gefühl dafür zu bekommen, was ein energieintensiver Mittelständler ist: Für unser Gesamtunternehmen macht diese fußballfeldgroße PV-Anlage gerade einmal 0,8 Prozent unseres Energiebedarfs aus. Wenn wir das Werk hier komplett autark versorgen wollten, bräuchten wir dazu sieben Windräder zu jeweils sechs Megawatt. Aber damit wäre uns auch nicht geholfen: Denn wir brauchen eine durchgängige, kontinuierliche Versorgung 24 h/6 Tage. Das bedeutet, wir benötigen die gleiche Leistung von 42 Megawatt nochmals und jederzeit abrufbar für die Zeiten, wenn der Wind schwächer oder gar nicht weht! Davon sind wir derzeit aber meilenweit entfernt in Deutschland, von der Finanzierbarkeit und den hierdurch entstehenden Strompreisen mal ganz zu schweigen.

Was ist also Ihr Hauptproblem?

Ganz eindeutig die Strompreise inklusive Steuern, Netzentgelte etc. Diese sind bereits aus jetziger Sicht ein deutliches Problem. In einer Gießerei, in der zum Beispiel alte Autos, Stanzabfälle oder alte Bahnschienen eingeschmolzen werden, braucht es nun einmal 1500 Grad Celsius zum Einschmelzen des Schrotts, das ist Physik und keine Frage der Effektivität. Energie-Einsparpotenzial haben wir bei den vorgelagerten und den nachfolgenden Prozessen. Das nutzen wir natürlich, das ist Tagesgeschäft in energieintensiven Unternehmen. Damit kommt man ein Stück vom Energieverbrauch herunter, aber eben nur ein kleines Stück. Unsere Hauptkonkurrenz sitzt in Polen und der Türkei, dort sind die Energiepreise halb so hoch wie in Deutschland. Das ist spätestens dann ein Problem, wenn neue Aufträge ausgehandelt werden.

Die neuen Auszubildenden bei M. Busch: Sie können auch das eigene Unternehmen bewerten.  Zwei hauptamtliche junge Ausbildungskoordinatoren in beiden Werken in Bestwig und Wehrstapel kümmern sich um sie.
Die neuen Auszubildenden bei M. Busch: Sie können auch das eigene Unternehmen bewerten.  Zwei hauptamtliche junge Ausbildungskoordinatoren in beiden Werken in Bestwig und Wehrstapel kümmern sich um sie. © WP | Privat

„Neuinvestitionen gefühlt im Ausland“

Nennen Sie doch mal eine Zahl: Was geben Sie für die Energie aus?

Wir geben 21 Millionen Euro pro Jahr aus. Vor zwei Jahren waren es noch zehn Millionen Euro. Gehen Sie mal zu unseren Kunden und fordern Preiserhöhungen durch Energie in Höhe von elf Millionen Euro. Die Folge: Neuinvestitionen in energieintensive und personalintensive Betriebe geschehen bereits zu gefühlten 90 Prozent im Ausland, und nicht mehr in Deutschland. Eine Gießerei im deutschen Marktumfeld hat zuletzt eine in Spanien gekauft, weil Spanien eine Mehrjahresgarantie für konstante Energiepreise gegeben hat. In Deutschland dagegen gibt die Regierung Milliarden Euro an Subventionen für Stahl, Chemie, also börsengetriebene Großunternehmen heraus, aber der energieintensive Mittelstand steht auf keiner Agenda, scheint nicht mehr benötigt zu werden?

Was erwarten Sie von der Politik?

Der Energiepreis muss auf ein international wettbewerbsfähiges Niveau kommen, wodurch auch immer, und das langfristig und planbar. Was mich in der Diskussion ärgert, ist, dass die Politik behauptet, die hohen Preise seien durch die Krisen, den Ukrainekrieg entstanden. Das stimmt doch größtenteils nicht, erst recht nicht für den Strom! Es hat mit der Energiewende, Abschaltung von Atomkraftwerken und Kohlekraftwerken, zu tun, dazu dem Ausbau der Erneuerbaren Energien. Die Grundlastabsicherung durch Gaskraftwerke ist hier noch gar nicht eingepreist. Der Strompreis ist getrieben durch den Weg, den man in Deutschland eingeschlagen hat. Die letzten Studien sagen, in den nächsten zehn Jahre würden die Energiepreise auf diesem Niveau bleiben: Das wage ich mir gar nicht vorzustellen. Es muss also dringend etwas geschehen.

Sehen Sie Signale, dass etwas passiert?

Das kürzlich beschlossene „Strompreispaket“ ist leider wieder nur eine Luftblase für den energieintensiven Mittelstand, für uns bedeutet es eine Entlastung der Energiekosten von lediglich 1 Prozent. Aber der Druck in den Unternehmen wächst täglich. Wir hoffen und benötigen eine deutliche Nachregulierung, um die De-Industrialisierung durch künstlich erzeugte, international nicht konkurrenzfähige Strompreise aufzuhalten.

Die Bahn gewinnt als Kunde an Bedeutung

Ist die E-Mobilität für Ihr Unternehmen ein Thema?

Kein großes. Wir haben einen Anteil von etwa zehn Prozent an unserem Umsatz, der zukünftig von E-Mobilität betroffen sein wird. Den größten Teil des Umsatzes machen aber Bremstrommeln und Bremsscheiben aus: Jedes E-Fahrzeug braucht die trotz Rekuperation auch weiterhin. Sie verändern sich etwas von der Form, werden in Zukunft vielleicht auch etwas leichter, oder auch beschichtet sein, weil sie nicht mehr so häufig im Einsatz sind.

Gibt es auch neue Märkte für M. Busch?

Der Bahnsektor ist für uns interessant geworden. Das ist ein recht neuer Markt für uns, wir sind vor eineinhalb Jahren in dieses Geschäftsfeld eingestiegen. Wir gießen Bremsscheiben für die Bahn, diese wiegen 120 Kilogramm als Rohteil. Dieser Geschäftsbereich wird weiterwachsen – es ist ja auch gewünscht, dass mehr Verkehr auf die Bahn soll. Das ist ein neues Standbein für uns. Dieses Jahr machen wir etwa 6000 Bremsscheiben für die Bahn und planen, in fünf Jahren bis zu 100.000 davon zu fertigen.

Was sieht Ihre Strategie noch vor?

Unsere neue Strategie heißt jetzt „MB 5.0 - Next Level“ und geht bis 2028. Solche Namen bleiben hängen: Mit dem Namen der Strategie identifiziert sich bei uns jeder. 5.0 bedeutet dabei, dass wir fünf strategische Hauptthemenfelder haben, die wiederum mit 35 Projekten unterlegt sind. Unter anderem gehört dazu die Nachhaltigkeit als besondere Herausforderung für eine Gießerei. Außerdem wollen wir noch attraktiver für Arbeitnehmer werden.

M. Busch benötigt Energie - viel Energie. 21 Millionen Euro werden für Energie ausgegeben. Geschäftsführer Andreas Güll fordert ein international wettbewerbsfähiges Niveau der Energiepreise in Deutschland.
M. Busch benötigt Energie - viel Energie. 21 Millionen Euro werden für Energie ausgegeben. Geschäftsführer Andreas Güll fordert ein international wettbewerbsfähiges Niveau der Energiepreise in Deutschland. © WP | Privat

Tarifgebunden, guter Ruf, Verlässlichkeit

Wie reagiert M. Busch auf den Fachkräftemangel?

Es ist derzeit nicht einfach, gute Mitarbeiter zu gewinnen, aber bisher haben wir es geschafft. Wir sind gut aufgestellt. Wir sind tarifgebunden mit Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld und weiteren Sonderzahlungen. Wir genießen einen guten Ruf in der Region. Als verlässliches Familienunternehmen mit einem vielseitigen betrieblichen Gesundheitsmanagement sorgen wir für eine gesunde Arbeitsumgebung und zeigen, dass uns die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Herzen liegen. Wir denken nicht in Aktienkursen, sondern agieren mittel- und langfristig: Wenn es mal einen schwachen Monat gibt, dann verfallen wir nicht in Hektik. Das spricht sich hier vor Ort herum. Letztes Jahr hatten wir erstmals einen Tag der offenen Tür in Bestwig. Unter den über 1000 Besuchern waren auch viele aus anderen Betrieben der Umgebung. Als diese unsere Fertigung sahen, haben viele gesagt, „Wow, wir wussten gar nicht, wie automatisiert ihr seid!“ Das sieht man von außen ja auch nicht. Das alles macht Werbung für uns.

Wir denken nicht in Aktienkursen, sondern agieren mittel- und langfristig: Wenn es mal einen schwachen Monat gibt, dann verfallen wir nicht in Hektik.
Andreas Güll

Wie sprechen Sie junge Leute für Ihr Unternehmen an?

Wir hatten in diesem Jahr 12 Ausbildungsplätze zu vergeben, und haben alle besetzen können - wir haben sogar einen 13. Azubi noch dazu bekommen. Es ist ein ganzer Blumenstrauß, wie wir uns um junge Leute bemühen: Unser Auftritt in den Sozialen Medien, unsere Präsenz auf Azubimessen mit Giveaways, intensive Schulkooperationen, unsere Azubis werden mit dem IPad ausgestattet, wir haben zwei hauptamtliche junge Ausbildungskoordinatoren in beiden Werken, und dieser Blumenstrauß funktioniert sehr gut! Unsere Ausbildung wird jährlich zertifiziert, das heißt, unsere Azubis bewerten uns. Unsere Transporteure haben wir mit neuen Planen ausgestattet, mit dem Slogan: „Wir machen Heavy Metal!“ Der Slogan kommt richtig gut an, und ich persönlich finde ihn auch klasse!