Meschede/Bestwig/Eslohe/Schmallenberg. So schätzen Landrat Schneider und die Bürgermeister aus Meschede, Bestwig, Eslohe und Schmallenberg den Flüchtlingsgipfel ein.
Bund und Länder haben sich nach langem Streit auf die Aufteilung von Flüchtlingskosten geeinigt. Außerdem sind Maßnahmen vereinbart worden, damit weniger Migranten illegal einreisen sollen. Wie schätzen die Praktiker vor Ort die Ergebnisse ein?
Landrat: Flüchtlingen Anreize nehmen
Landrat Dr. Karl Schneider in Meschede erkennt in den Ergebnissen des Gipfels „viele gute Absichten“: „Jetzt muss man schauen, was im Einzelnen möglich ist.“ Für jeden Erstantrag auf Asyl will der Bund künftig eine jährliche Pauschale von 7500 Euro zahlen – und nicht mehr die Gesamtsumme von 3,7 Milliarden Euro. Schneider fragt sich schon: „Wo der Bund auf Dauer das ganze Geld hernehmen will, weiß ich auch nicht.“
Bund und Länder hatten sich verständigt, die staatliche Unterstützung für Asylbewerber spürbar zu kürzen. Der Landrat befürwortet, Flüchtlingen Anreize zu nehmen, um nach Deutschland zu kommen – das könne durch die Auszahlung von Leistungen über Bezahlkarten geschehen. Wichtig sei, so viele Flüchtlinge wie möglich rasch in Arbeit zu bringen. Schneider sieht aber ungelöste Probleme bei der Integration – es fehle an Personal für die Integration, es fehle an ausreichend Wohnraum.
Bestwig: Kommen bald Container?
Bestwigs Bürgermeister Ralf Péus sieht die Ergebnisse aus der Sicht eines Praktikers: „Es sind viele Ideen auf dem Tisch, aber keine Ideen, die schnell greifen. Aber die Probleme haben wir genau jetzt.“ Und der Praktiker hat Zweifel. Natürlich sei der Wunsch, möglichst kein Geld aus dem Gemeindehaushalt zuschießen zu müssen, aber: „Was bezahlt wird, das interessiert uns im Moment nicht.“ Er erinnert an das drängende praktische Problem: Fünf bis acht Flüchtlinge werden Bestwig pro Woche zugewiesen.
Absehbar sei, dass die Unterbringungsmöglichkeiten dann Ende des Jahres in der Gemeinde erschöpft seien. Man sei weiterhin bemüht, Wohnungen zu finden. Allerdings müsse man sich weitergehende Gedanken machen: Im Fall von Bestwig werde jetzt die Unterbringung in Containern geprüft: „Wir machen uns dazu ganz intensive Gedanken.“ Péus beschreibt auch das Muster bei den Flüchtlingen: „Es ist kein Kommen und Gehen, sondern ein Kommen und Bleiben.“ Noch immer lebten rund 150 Flüchtlingen aus der Zeit der Flüchtlingskrise 2015/16 in der Gemeinde – und hinzu kämen eben die neuen Asylbewerber. Auch Bestwigs Bürgermeister kritisiert das Fehlen von Sprach- und Integrationskursen.
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Eslohe: Wie wird der wachsende Zuzug verhindert?
Der Esloher Bürgermeister Stephan Kersting nennt es „dringend erforderlich“, dass das von Bundeskanzler Scholz zugesagte „atmende System“ endlich komme und künftig genau nach der Zahl der Personen abgerechnet werde. Kersting erinnert daran, dass die Kommunen seit langem gefordert hätten, dass sich die Finanzierung den Flüchtlingszahlen automatisch anpasse. Offen ist für Kersting aber, wie die Kosten der geduldeten Asylbewerber gedeckt würden: „Das muss geregelt werden. Das ist eine steigende Zahl in unseren Kommunen.“
In dem Papier von Bund und Ländern vermisst Kersting, wie strukturell der wachsende Zuzug nach Deutschland verhindert werde. Stärker genutzt werden soll künftig ein System von Bezahlkarten, mit denen zum Beispiel eingekauft werden könne. Kersting befürwortet das, denn: „Die Rückführung von Geld in die Heimatländer ist schließlich nicht Sinn der Sache.“ Stärker genutzt werden soll künftig die Möglichkeit, Asylbewerber für gemeinnützige Arbeit einzusetzen. Kesting ist skeptisch: „In der Praxis hat das bei uns nicht funktioniert. Es kostet mehr, als es bringt.“ Schließlich müsse immer jemand gefunden werden, der die gemeinnützige Arbeit dann beobachte und dabei anleite.
Meschede: Einheitliche Lösungen sind nötig
Meschedes Bürgermeister Christoph Weber sieht viele offene Fragen im Detail. Etwa bei der Bezahlkarte: Wer entscheide darüber, ein Kreis oder ein Bundesland?
„Es muss dabei eine einheitliche Lösung geben.“ Der Bereich der gemeinnützigen Arbeit sei schwierig zu regeln: „Einfach jemandem einen Besen in die Hand zu geben funktioniert nicht.“ Bei vielen Aufgaben sei quasi schon eine Grundausbildung erforderlich, um sie zu erledigen. Weber ärgert sich, dass bei der Frage der Grenzkontrollen wieder nationale Lösungen gesucht würden: „Ich habe kein Verständnis dafür. Die EU muss das doch lösen. Es kann nicht sein, dass es zwischen den Staaten da Interpretationsspielraum gibt.“
Schmallenberg: Keine zusätzliche Bürokratie schaffen
In Schmallenberg ist Bürgermeister Burkhard König froh, dass man sich auf der Bundesebene endlich mit dem Thema Flüchtlinge beschäftigt habe: „Wir hatten vor Ort schon den Eindruck, alleine gelassen zu sein.“ Wenig konkrete Instrumente seien jetzt vereinbart worden, wie abgelehnte Asylbewerber in ihre Heimatländer zurückgeführt werden könnten - dazu müssten jetzt erst Abkommen mit einigen Staaten abgeschlossen werden: „Meine große Sorge ist, dass sich hier nur wenig bis gar nichts bewegt.“
Dass Deutschland seine Grenzkontrollen verstärke, hält König für „selbstverständlich“. Auch der Schmallenberger Bürgermeister befürwortet mehr Sachleistungen für Asylbewerber, damit kein Geld in deren Heimatländer abfließe. Bei der Einführung von Bezahlkarten will König Details abwarten: Es dürfe nicht sein, dass dadurch mehr Bürokratie entstehe.