Meschede. Es gibt Vorschläge der EU zur Reform der Führerscheine: Tests für Senioren, Einschränkungen für Junge. Dazu Stimmen aus dem HSK.

Fahranfänger sollen nur noch maximal 90 km/h fahren und nachts eventuell gar nicht mehr, Senioren müssen sich ab dem Alter von 70 Jahren regelmäßig Fahrtüchtigkeitstest unterziehen und es soll einen „B plus Führerschein“ ab 21 Jahren geben - das sind Vorschläge aus dem Verkehrsausschuss des Europaparlaments zur Führerscheinreform. Was davon umgesetzt wird: offen. Die Ideen sorgen für mächtig Diskussionen. Wie denken Betroffene in der Region darüber?

Ehrenvorsitzender erleichtert

„Ich war sehr erleichtert, als der deutsche Verkehrsminister das Zeichen gegeben hat, dass die Vorschläge in dieser Form in Deutschland nicht angewandt werden“, so Friedel Thiele. Er ist Ehrenvorsitzender des Fahrlehrerverbandes Westfalen und stammt aus Brilon. Diese Meinung spiegelt sich auch in allen weiteren Fahrschulverbänden wider.

Blick auf einen Führerschein: Es gibt Vorschläge für eine Reform von der EU.
Blick auf einen Führerschein: Es gibt Vorschläge für eine Reform von der EU. © dpa | Ole Spata

Für ihn ist klar, hinter den Vorschlägen steckt ein gewisses politisches Klientel. Die Maßnahmen wurden von der Grünen-Politikerin Karima Delli vorgeschlagen - finden aber selbst bei den deutschen Grünen nicht überall Zuspruch. Die Maßnahmen für Fahranfänger seien schlichtweg nicht notwendig. „Das begleitende Fahren ist der beste Schritt in Sachen Verkehrssicherheit, den wir seit Ende des Zweiten Weltkrieges gemacht haben“, meint Thiele. Das lässt sich statistisch unterstreichen: Seit Einführung des Führerscheins ab 17 sind die Unfallzahlen bei jungen Menschen um 20 Prozent zurückgegangen. Außerdem, betont er, gibt es bereits Maßnahmen für den Ernstfall, wie Aufbauseminare und Bußgelder.

Appell an die Vernunft

Manfred Breider hingegen hält sich bedeckter, der Vorsitzende des Seniorenbeirats Meschede wäre selbst betroffen. Laut ihm sollte jeder Senior so vernünftig sein, dass er zum entsprechenden Zeitpunkt von selbst den Autoschlüssel zur Seite legt. „Mir ist aber auch bewusst, dass das nicht der Regelfall ist. Es gibt eine ganze Menge störrischer Senioren, meist Herren, die es nicht von selbst einsehen“, räumt Breider ein.

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„Ich persönlich halte mich noch für fit genug meine Strecken hier im Sauerland zu machen und ich hoffe, dass sonst auch mein Umfeld etwas sagen würde“, berichtet Breider. Längere Strecken wie zum Beispiel für den 80. Geburtstag nach Berlin legen seine Lebensgefährtin und er per Zug zurück.

Im Einzelfall beurteilen

Auf die Frage, ob er die Vorschläge diskriminierend findet, verneint er: „Auf keinen Fall, es ist ohne Frage sinnvoll die Fahrtüchtigkeit zu überprüfen, das hat nichts mit Diskriminierung zu tun.“ Das sieht Friedel Thiele anders. Die Fahrtüchtigkeit müsse immer im Einzelfall beurteilt werden und es gebe keine Möglichkeit das über ein festgelegtes Alter zu pauschalisieren. Außerdem betont er, liege die Unfallhäufigkeit der Senioren am unteren Ende der Skala.

Der Briloner Fahrlehrer Friedel Thiele hält nichts davon, die Fahrtauglich am Alter festzumachen.
Der Briloner Fahrlehrer Friedel Thiele hält nichts davon, die Fahrtauglich am Alter festzumachen. © Jutta Klute

Eine weitere Herausforderung ist die Überprüfung der Fahrtüchtigkeit. „Heute finden solche Prüfungen eigentlich immer auf dem Computer statt, viele Senioren kennen sich aber kaum mit den Geräten aus und schneiden statistisch schlechter ab als im Normalfall, einfach weil sie Angst vor der Maschine haben“, zeigt Thiele auf.

EU-Vorschläge eine Kostenfrage

Sowohl er wie auch Breider stellen heraus, dass es in Deutschland bereits Maßnahmen für Senioren gibt - zum Beispiel die freiwillige Rückmeldefahrt. Die Vorschläge der EU seien außerdem eine Kostenfrage, meint Breider. „Ich habe früher bei Honsel gearbeitet und hätte finanziell kein Problem, mir die Erneuerungen zu leisten. Das sieht bei vielen Gleichaltrigen aber anders aus“, so der 80-jährige.

Eine Führerscheinreform im Allgemeinen sieht Friedel Thiele als notwendig an, allerdings anders. Eine wichtige Maßnahme aus seiner Sicht ist die Verbreitung des Führerscheins ab 17 in ganz Europa. „Auch der B196 Führerschein sollte in anderen Ländern Europas möglich sein“, so Thiele. Diesen kann man mit 25 Jahren, nachdem man die Führerscheinklasse B schon seit fünf Jahren inne hat, mithilfe einer Fahrerschulung erwerben. Dann kann man Leichtkrafträder mit bis zu 125 km/h fahren.

Kein Anlass

Im Moment sieht Manfred Breider keinen Anlass für eine Reform. Wenn die Unfallzahlen im höheren Alter aber steigen sollten, will er sich gegen die Fakten nicht wehren.