Meschede. Es ist die höchste Auszeichnung Ungarns: Jetzt erhält das Ritterkreuz ein Mann aus Meschede - damit wird auch ein Projekt gewürdigt.

Eine große Ehre für einen Mescheder: Eberhard Borghoff trägt jetzt den höchsten Orden Ungarns. Dem 74-Jährigen ist das Ritterkreuz des Ungarischen Verdienstordens verliehen worden – es ist die höchste Auszeichnung des Landes für Zivilisten. Bei einem Festakt in Düsseldorf zeichnete ihn Generalkonsul Gergö Szilágyi aus. Borghoff war schon 2011 mit dem ungarischen Verdienstkreuz in Gold geehrt worden.

Schulpartnerschaft und Gastschülerprojekt

Mit der Auszeichnung wird gleichzeitig ein beispielhaftes europäisches Netzwerk auf lokaler Ebene ausgezeichnet. Seit 42 Jahren besteht die Schulpartnerschaft zwischen den Benediktiner-Gymnasien in Meschede und im ungarischen Pannonhalma. Innerhalb dieser Partnerschaft wiederum gibt es seit 30 Jahren ein einmaliges Gastschülerprojekt: In jedem Schuljahr kommen zwei, drei der besten Abiturienten aus Pannonhalma nach Meschede, um hier freiwillig ein weiteres Schuljahr am Klosterberg zu absolvieren. Seit 2016 stellt das Ehepaar Annegret und Hans-Richard Meininghaus den Ungarn dafür eine Wohnung in ihrem Haus zur Verfügung.

Bei der Ordensverleihung: Von links Ungarns Generalkonsul Gergö Szilágyi, Staatssekretär Dr. Bernd Schulte als Leiter der Staatskanzlei NRW, Eberhard Borghoff und seine Ehefrau Ingeborg, Attila Steiner, Staatssekretär im Energieministerium in Budapest.
Bei der Ordensverleihung: Von links Ungarns Generalkonsul Gergö Szilágyi, Staatssekretär Dr. Bernd Schulte als Leiter der Staatskanzlei NRW, Eberhard Borghoff und seine Ehefrau Ingeborg, Attila Steiner, Staatssekretär im Energieministerium in Budapest. © Ferenc Pfeffer

In diesem einen Jahr können die ungarischen Schüler perfekt Deutsch erlernen, möglichst mit einer „TestDaF“-Prüfung am Ende, die zum Studium an deutschen und deutschsprachigen Universitäten berechtigt. Außerdem sollen die jungen Ungarn lernen, wie die Deutschen „ticken“. Das hat praktischen Nutzen: In Ungarn sind viele deutsche und österreichische Investoren aktiv. Die jungen Ungarn sollen auch beim Aufbau eines eigenen Mittelstandes in ihrer Heimat helfen.

Jungen Ungarn europäische Werte vermitteln

Eberhard Borghoff, früher Lehrer am Gymnasium der Benediktiner, war Initiator und bis 2011 auch Leiter des Projektes. Inzwischen betreuen Marius Beitzel, Bruder Robert Sandrock und Josef Lenze am Klosterberg die Partnerschaftsarbeit. Bis heute waren 65 junge Ungarn in Meschede, zwei weitere sind aktuell hier. Bei der Ordensverleihung mit dabei war einer von ihnen, der Karriere gemacht hat: Attila Steiner lebte 2001/02 in Meschede, heute ist er Staatssekretär im Energieministerium Ungarns.

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Über das Gastschülerprojekt sollen den jungen Ungarn auch europäische Werte vermittelt werden. 1993 war Ungarn noch nicht in der Europäischen Union, erst seit 2004. Die Staatsführung Ungarns von heute unter Ministerpräsident Viktor Orbán ist autoritärer geworden. Dass er in dieser Zeit einen ungarischen Orden annimmt, ist für Eberhard Borghoff kein Widerspruch, sagt er – im Gegenteil: „Man muss unterscheiden zwischen Partnerschaften, die auf der menschlichen Beziehungsebene stattfinden, und der hohen Politik.“

Gerade in dieser politisch schwierigen Zeit sei es wichtig, den Dialog aufrecht zu erhalten – und den jungen Ungarn beharrlich die Demokratie zu vermitteln. Das sagte Borghoff auch in seiner Dankesrede: „Bei allen Unterschieden kann Europa nur geschlossen und gemeinsam die Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft bestehen.“

Mescheder Staatssekretär hält die Festansprache

Die Festansprache bei der Ordensverleihung hielt ein Mescheder, der umgekehrt selbst als Schüler in Pannonhalma war: Dr. Bernd Schulte, ehemals Schüler am Gymnasium der Benediktiner, heute Staatssekretär und Leiter der Staatskanzlei des Landes NRW.

Er würdigte Eberhard Borghoff: „Seine Entschlossenheit, sein Beharrungsvermögen, die Leidenschaft in der Sache und ein ganz großes Talent zur Improvisation machten es möglich, dass im Schatten des Eisernen Vorhangs eine ganz besondere Schulpartnerschaft entstand.“ Im Oktober 1989 war eine Mescheder Schülergruppe sogar Augenzeuge beim Zusammenbruch des kommunistischen Regimes in Ungarn.

„Unsere europäische Art zu leben steht unter Druck“

Mit Blick auf aktuelle politische Entwicklungen sagte Schulte: „Demokratie ist nicht leicht. Sie kämpft nicht für sich selbst. Wir müssen für sie kämpfen. Unsere europäische Art zu leben – mit all der kulturellen Vielfalt, die uns ausmacht – steht unter Druck.“

„Mit Schrecken“ denke er gerade an zu viele Innenstädte in Deutschland: „Gerade in unserem Land missbrauchen in diesen Tagen zehntausende Menschen ihr Recht auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit, um ihren abscheulichen Hass auf Israel und allgemein auf Jüdinnen und Juden zu artikulieren“ – „beschämend“ nannte er das. Es seien viel zu wenige Mitbürger, die dagegen aufbegehrten und auf die Straße gingen: „Wir müssen für die Werte, die feierlich in unseren Verfassungen geschrieben stehen, sichtbar einstehen. Wir müssen sie verteidigen – nach innen und nach außen.“

Angespanntes Verhältnis mit Ungarn - aber eine „starke, feste Freundschaft“

Zum angespannten Verhältnis mit Ungarn sagte Schulte für die Landesregierung: „Politisch sind die Differenzen zwischen Nordrhein-Westfalen und Ungarn in den letzten Jahren größer geworden. Und wir sind in Nordrhein-Westfalen besorgt darüber, dass die ungarische Regierung in einigen Punkten mit den EU-Institutionen im Konflikt steht. Es schmerzt, dass es dabei auch und gerade um fundamentale Fragen wie Rechtsstaatlichkeit, Unabhängigkeit der Justiz, um Medienfreiheit und Minderheitenrechte geht.“ Diese europäischen Werte und Prinzipien seien „nicht verhandelbar“.

Der Mescheder betonte aber auch, man müsse im offenen und engen Austausch auch zu kontroversen Themen bleiben: „Ich bin überzeugt, dass starke Freundschaften offene Worte nicht nur aushalten, sondern dass eben solche eine feste Freundschaft ausmachen. Die Freundschaft von Ungarn und Deutschen ist eine starke, feste Freundschaft.“