Meschede. Beim Blick auf die Leerstände in Meschede werden auch die Vermieter kritisiert. Doch das sei ungerecht, sagen diese. Und nennen eigene Ideen.

Die Mieten sind zu hoch, die Vermieter zu unflexibel, es gibt zu viele Dönerbuden: Nach dem Rückzug der Gerry-Weber-Filialen in Meschede, der Schließung von Aurel, Apollo und Jo Menkes Wein-Outlet werden die Leerstands-Lücken augenfällig und das in der 1A-Lage am Eingang zur Meschede Innenstadt. Oft gescholten sind dabei die Vermieter. Zu Unrecht, wie einige von ihnen begründen.

Dorothea Gerstgarbe wünscht sich einen zuverlässigen, bodenständigen und dauerhaften Mieter und plädiert ansonsten für innovative Ideen. davon halten. 
Dorothea Gerstgarbe wünscht sich einen zuverlässigen, bodenständigen und dauerhaften Mieter und plädiert ansonsten für innovative Ideen. davon halten.  © Ute Tolksdorf

Erste Priorität hat ein zuverlässiger und bodenständiger Mieter

Die Schwarz-Weiß-Sicht lässt Dorothea Gerstgarbe vom gleichnamigen Tabak-, Lotto- und Pressegeschäft nicht gelten. „Die Mieten in Meschede sind nicht zu hoch!“, betont sie. „Das war vielleicht einmal.“ Die meisten Vermieter in der Kreisstadt seien verhandlungs- und kompromissbereit, müssten es sein, denn Angebot und Nachfrage bestimmten den Preis. „Als Vermieter muss es heute unser Ziel sein, einen zuverlässigen, bodenständigen und dauerhaften Mieter zu finden.“

Vermieter müssen kooperativ sein

Ähnlich sieht es Stephan Schürmann, der mit seiner Frau Iris Mieter im „Herz über Kopf“ ist und das Ladenlokal von S.Oliver vermietet. „Das hat sich komplett gedreht“, sagt er: Über viele Jahre seien die Vermieter in einer sehr komfortablen Situation gewesen. Heute müsse man sich bewegen, kooperativ sein und auch die Mieten anpassen.

Iris und Stephan Schürmann (links) mit ihrem Vermieter im Herz über Kopf, Oliver Hautmann,
Iris und Stephan Schürmann (links) mit ihrem Vermieter im Herz über Kopf, Oliver Hautmann, © Brigitta Bongard

Ladenlokal selbst umgebaut

Bei der Neuvermietung an S.Oliver habe seine Familie schon vor zehn Jahren das komplette Ladenlokal - rund 300 Quadratmeter - im Sinne des Mieters umgebaut. „Früher hätte man gesagt, das muss der selbst übernehmen. Heute muss man sehen, was er braucht.“

Vermieter müssen miteinander reden

Dorothea Gerstgarbe hat - nachdem Raumausstatter Theo Janek, das Ecklokal aus Altersgründen verlassen hatte - keinen neuen Mieter gefunden. Danach mussten innovative Lösungen her. Die Geschäftsfrau ist sicher, es gibt sie. „Wir müssen darüber mehr miteinander reden und neue Ideen entwickeln, den Quartiers-Gedanken hochhalten – wie in einem Dorf.“

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Vieles sei gut in Meschede. „Aber wir müssen es mal anders angehen.“ Showrooms, in denen sich Firmen und Start-ups, aber auch Vereine präsentieren können, wären eine Möglichkeit. „Vielleicht müssen wir auch zurück zu Tante-Emma-Läden - mit verkürzten, nicht mit verlängerten Öffnungszeiten.“

Ausstellungsfläche für Künstler

Für ihr kleines Ecklokal kann sie sich vorstellen, dort Künstlern zeitweise eine Ausstellungsfläche zu bieten. Mitglieder der Villa Künstlerbunt hätten das schon genutzt. Kontakt zu den Schulen habe sie über Bernd Dittloff vom wkm gesucht. Auch dort gibt es Interesse, sich in der Stadt zu präsentieren.

Makler sehen Bedarf an größeren Läden

Schürmann begrüßt die Idee der kleinen Läden, fürchtet aber, dass gerade da die Achillesferse in Zukunft sitzt. „Immer weniger Menschen machen sich noch in inhabergeführten Läden selbstständig.“ Bei den größeren hätten die Makler mehr Bedarf signalisiert.

Rolf Hennecke (Zweiter von links) bei der Unterzeichnung des Vertrages zur Sanierung der Fußgängerzone im Jahr 2019.
Rolf Hennecke (Zweiter von links) bei der Unterzeichnung des Vertrages zur Sanierung der Fußgängerzone im Jahr 2019. © Ute Tolksdorf

Zur Unterstützung wünscht er sich mehr Attraktionen in der Stadt. „Wir müssen auf uns aufmerksam machen, sei es durch Events wie das Innenstadt-Dinner oder den Adventsmarkt. Das sagen mir auch die Makler, mit denen ich zu tun habe. Meschede hat keinen schlechten Ruf, aber wir sind zu wenig bekannt.“

Schaufenster nicht einfach zukleben

Wenn es denn Leerstände gebe - ein Problem, dass nicht nur Meschede betrifft - dann reiche es nicht, Schaufenster zuzukleben und ein „zu vermieten“-Schild aufzuhängen, ärgert sich Dorothea Gerstgarbe. „Ich will doch Vielfalt in meiner Stadt, schließlich lebe ich auch hier.“ Da sei jeder Einzelne gefordert.

Selbst beim „Zukleben“ gebe es ja gute und schlechte Varianten, ergänzt Stephan Schürmann. „In der Thier-Galerie in Dortmund sind die leeren Geschäfte hochwertig foliert, sie suggerieren ein freundliches Innenleben, einen Buchladen, ein Reisebüro, ein Modegeschäft mit dem Satz: ,Das könnte ihr Ladenlokal sein’. Lichterketten im Advent, ein Outlet, Kunst- oder Firmenausstellungen: Alles, was kein Leerstand ist, ist zu begrüßen.“

Fußgängerzone neu gestaltet, aber die Probleme bleiben

Dass etwas passieren muss, ist auch beim Stadtmarketing angekommen. „Dort will man alle Eigentümer anschreiben und sie zum Thema Leerstände zusammenrufen“, erklärt Rolf Hennecke. Er ist Sprecher der Eigentümergemeinschaft, die die Geschäfte Hunkemöller und zuletzt Jo Menkes Weinoutlet vermietete. Zuvor hatte er sich in dem Verein engagiert, der die Fußgängerzone umgestaltet und auch dafür alle Eigentümer an einen Tisch geholt hatte.

„Das Thema Fußgängerzone ist jetzt abgewickelt, der Verein wird gerade aufgelöst, aber wir haben ja weiter Probleme“, sagt Hennecke und nennt Leerstände, Sauberkeit und die allgemeine Frage: Wie geht es nach Sanierung der Fußgängerzone weiter? Das Thema sei beim letzten Stammtisch der Einzelhändler angesprochen worden und man wolle nun eine eigene Veranstaltung dazu anbieten, die vom Stadtmarketing organisiert werden soll.

Nicht einfach an irgendwen vermieten

Hennecke selbst arbeitet seit vielen Jahren mit einem Makler zusammen, der auch überörtlich Mieter für 1-A-Lagen sucht. Nicht nur von ihm weiß Hennecke: Das Problem des schrumpfenden Einzelhandels betrifft alle Städte. „Es wäre meist keine große Herausforderung, einfach an irgendwen zu vermieten, aber das hilft nicht, wenn man 1A-Lagen wertvoll erhalten will.“

Er hätte sich gefreut, wenn Jo Menke mit seinem Wein-Outlet erfolgreich gewesen wäre. Er sei schließlich - wie so viele - am Fachkräftemangel gescheitert und ein wenig an der Jahreszeit. Das Ladenlokal stehe jetzt leer, sei aber jederzeit bezugsfertig. Auch dort sind zurzeit Kunstwerke ausgestellt.