Meschede/Hochsauerlandkreis. „Haarsträubende Regeln“: Die Landwirte im Hochsauerlandkreis lehnen die neuen Ideen aus Berlin zum Umgang mit Wölfen ab. Sie sind in Sorge.

Der Wolf ist da. Davon sind die heimischen Landwirte fest überzeugt. Aktuell werden wieder zwei Vorfälle aus dem Ostkreis untersucht – in Winterberg und Hallenberg waren ein Schaf und ein Lamm tot entdeckt worden.

Forderung: „Problemwölfe problemlos entnehmen“

Die Bedrohung durch den Wolf ist so groß, dass die Landwirte im Hochsauerlandkreis dem Wolf in der Schützenhalle Remblinghausen gleich ihren ganzen Kreisverbandstag widmen. Sie fragen dabei provokativ: „Hat unsere Nutztierhaltung noch eine Zukunft?“

Christian Otto, stellvertretender Kreisvorsitzender des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes aus Wenholthausen und Mutterkuhhalter im Nebenerwerb, sagt ganz klar: „Wehret den Anfängen!“ Eine Zukunft gebe es nur, wenn Wölfe, die Nutztiere wie Kälber, Kühe oder Schafe auf Weiden angreifen, auch erlegt werden dürften. Er sagt als Forderung der Landwirte im HSK: „Problemwölfe müssen problemlos entnommen werden dürfen.“ Mit dem Erhalt des Wolfes in NRW setze man die Biodiversität und die Artenvielfalt aufs Spiel: „Wenn der Wolf kommt, sind die Weidetiere weg.“ Bauernhöfe, die deswegen schließen, würden nie wieder öffnen: „Es sterben nicht nur die Weidetiere, sondern auch die Höfe“, fürchtet er.

Christian Otto aus Wenholthausen ist stellvertretender Kreisvorsitzender des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes im Hochsauerlandkreis - hier mit der Kuh Nena. Er ist wegen des Wolfes besorgt um die Zukunft der Nutztiere draußen - und damit um die Zukunft der Bauernhöfe.
Christian Otto aus Wenholthausen ist stellvertretender Kreisvorsitzender des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes im Hochsauerlandkreis - hier mit der Kuh Nena. Er ist wegen des Wolfes besorgt um die Zukunft der Nutztiere draußen - und damit um die Zukunft der Bauernhöfe. © Jakob Kortmann

Sikawild im Arnsberger Wald gerissen - es waren Wölfe

Otto weist darauf hin, dass der Wolf im Arnsberger Wald gesichtet wurde. Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz bestätigt für August bei Arnsberg, für Juli am Möhnesee und für Mai bei Warstein Fälle, in denen Sikawild von Wölfen gerissen wurde – in zwei Fällen konnten die Wölfe durch DNA-Proben einem Rudel aus Gohrischheide in Sachsen/Brandenburg zuordnet werden.

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Wohlgemerkt: Dies sind allerdings Risse von Wildtieren gewesen, nicht von Nutztieren. Das LANUV listet seit 2016 insgesamt 22 Vorfälle mit Nutztieren auf. Tatsächlich annähernd bestätigt ist nur einer vom April 2000 bei Schmallenberg, als drei Schafe getötet wurden – da sei ein „Wolf nicht auszuschließen“. In vier Fällen war ein Hund der Täter. Viele Fälle werden verspätet entdeckt, DNA-Proben, die auf einen Wolf hinweisen würden, fehlen. Bei Freienohl gab es zuletzt ein getötetes Rind, das an Bauchverletzungen starb - dabei schloss das Veterinäruntersuchungsamt einen Blitzschlag nicht aus.

Zäune gegen den Wolf? Nicht zu leisten im HSK, sagen Bauern

Um eine Entschädigung zu erhalten, wenn ein Wolf ein Nutztier gerissen hat, müssen Landwirte zuvor ihre Weiden mit wolfsabweisenden Zäunen schützen. Das sei im Hochsauerlandkreis wegen seiner Topografie gar nicht zu leisten, meint Christian Otto – und finanziell schon gar nicht: „Das können wir uns nicht leisten. Zumal die Zäune auch unterhalten und alle 14 Tage freigeschnitten werden müssten.“

Die neuen Pläne von Bundesumweltministerin Steffi Lemke zum künftigen Umgang mit dem Wolf lehnt der Landwirtschaftsverband ab. Lemke will den Abschuss von Wölfen künftig erleichtern: Demnach soll per Ausnahmegenehmigung in einem Zeitraum von 21 Tagen in einem Umkreis von 1000 Metern um eine Stelle, wo ein Wolf getötet hat, auf den Wolf auch geschossen werden dürfen. Voraussetzung dafür ist, dass wiederholt Weidetiere in der Region angegriffen wurden – und der Wolf dabei einen Zaun oder eine Mauer überwunden hat. Das Umweltministerium empfiehlt dafür mindestens 1,20 Meter hohe Elektrozäune.

„Das ist alles sehr bürokratisch, das sind haarsträubende Regeln“

„Damit sind wir nicht zufrieden“, kommentiert Christian Otto: „Das ist alles sehr bürokratisch, das sind haarsträubende Regeln. Man müsste künftig immer ein Navi dabeihaben.“ Erst müsse ein Wolf einen Zaun überspringen, dann ein Tier reißen, alles gelte nur für umzäunte Flächen. Und was passiert, wenn der Wolf sich dann nicht 1000 Meter, sondern 1200 Meter entfernt aufhält? „Wenn der Wolf dann erlegt wird, bin ich der Böse!“

Und daran, dass eine Behörde innerhalb von 21 Tagen in der sensiblen Wolfs-Frage eine Entscheidung falle, glaubt Christian Otto auch nicht. Stattdessen meint er: „Unsere klare Meinung ist: Problemwölfe müssen unbürokratisch entnommen werden – nach dem ersten Riss.“ Diese Forderung werde er auch beim Verbandstag in Remblinghausen vertreten.

>>> Hintergrund <<<

Beginn des Kreisverbandstages in Meschede-Remblinghausen ist am Donnerstag, 26. Oktober, um 20 Uhr.

Mit dabei sind bei einer Podiumsdiskussion der Präsident des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes Hubertus Beringmeier, Nicole Heitzig als Präsidentin des Landesjagdverbandes, Gina Strampe vom Aktionsbündnis Aktives Wolfsmanagement, Bernd Eichert als Wolfsbeauftragter des Landwirtschaftsverbandes.