Reiste. Die Tierrechtsorganisation PETA sieht eine „ausbeuterische Tierschau“ beim Reister Markt. Der HSK in Meschede hat die erneuten Vorwürfe geprüft.
Es ist wieder die gleiche Kampagne: Mit viel zeitlichem Abstand zum Reister Markt klagt die Tierrechtsorganisation PETA über angebliche Missstände bei dem Volksfest. Sie erstattete Anzeige beim Veterinäramt des Hochsauerlandkreises in Meschede. Dort ist man verwundert: Denn die Behörde selbst stellte ihrerseits nichts an Versäumnissen fest.
Hochsauerlandkreis: Werden nächsten Reister Markt wieder genehmigen
Die Organisation, die sich aus Spenden finanziert, bleibt bei ihrer Fundamentalkritik: PETA fordert einen tierfreien Reister Markt, man spricht von einer „ausbeuterischen Tierschau“. Daraus wird aber nichts. „Wir sehen keinen Grund dazu, die Anzeige weiter zu verfolgen“, sagt HSK-Sprecher Jürgen Uhl: Und wenn der Landwirtschaftliche Verein Reiste die nächste Veranstaltung anmelde, werde man sie auch wieder genehmigen. Das steht auch schon fest: Unter „Save the date“ wirbt der Verein bereits für den nächsten Reister Markt vom 23. bis 25. August 2024.
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Schon 2020 hatte PETA sich erst spät an die Öffentlichkeit gewendet, mit Bildmaterial von der Tierschau in Reiste 2019. 2020 und 2021 war der Reister Markt wegen Corona abgesagt worden. Auch bei der Neuauflage 2022 kommt die Kritik ein paar Wochen danach. Warum? Bei der Kreisverwaltung ist man auch darüber erstaunt: „Im Falle der Feststellung eines tierschutzwidrigen Handelns hätte PETA jederzeit die Möglichkeit gehabt, die vom Veranstalter gestellte Tierärztin anzusprechen, um den Mangel zeitnah abzustellen“, heißt es in einer Stellungnahme. Denn der Verein hatte während der gesamten Tierschau, die von PETA bemängelt wird, in diesem Jahr erstmals selbst eine Tierärztin zur Kontrolle beauftragt.
Tiere hätten beim Reister Markt nichts zu suchen, sagt PETA
PETA setzt sich nach eigenen Angaben gegen „Speziesismus“ ein: Eine Form von Diskriminierung, bei der Tiere wegen ihrer Artzugehörigkeit abgewertet werden. Tiere seien nicht dazu da, um an ihnen zu experimentieren, sie zu essen, sie auszubeuten oder durch sie unterhalten zu werden. Den Reister Markt sieht PETA als Kirmes, auf der Tiere nichts zu suchen hätten: Sie seien dort „zu Unterhaltungs- und Verkaufszwecken lauter Musik, großen Menschenmengen und alkoholisiertem Publikum ausgesetzt“.
Konkret beanstandet wird, dass Pferde und Rinder über lange Zeit angebunden würden, sich teils nicht hinlegen könnten und „über Stunden der prallen Sonne ausgeliefert“ waren.
Hühner seien der „Tageshitze“ ausgeliefert gewesen, Käufer hätten sie dann in Kartons nicht sofort nach Hause gebracht, sondern über die Kirmes mitgenommen. Kaninchen wären „gezwungen“ gewesen, sich beurteilen zu lassen. Bei „vielen qualgezüchteten Kühen“, seien die tropfenden Euter so groß gewesen, „dass sie kaum laufen konnten“.
Auf Anfrage teilt PETA mit: „Jemand von PETA“ sei vor Ort gewesen und habe die Verstöße dokumentiert. Die Frage, warum diese Verstöße nicht direkt vor Ort mit den Verantwortlichen besprochen worden, um diese sofort beheben zu können, beantwortet PETA so: „Das Veterinäramt ist für die Bearbeitung der Verstöße zuständig, deshalb wurde hier die Meldung gemacht. Das Dokumentieren von Tierleid ist wichtig, um Menschen zu erreichen und Beweise für das Veterinäramt zu dokumentieren. Da von den Veranstaltern offenbar keine wirkliche Veränderung angestrebt wird, scheint eine Gesprächssuche leider nicht zielführend.“
Unangekündigte Kontrollen bei Tierschau durch HSK
Was PETA nicht weiß: Der HSK machte am Tag der Tierschau selbst in Reiste unangekündigte Kontrollen durch zwei Veterinärmedizinerinnen. Das Fazit: „Bei der vom Veterinäramt durchgeführten Kontrolle wurden keine tierschutzrechtlichen Verstöße festgestellt.“ Selbst die Behauptungen zum Wetter stimmen nicht - von „praller Sonne“ und „Tageshitze“ kann keine Rede sein, die Kontrolleurinnen notierten stattdessen: „13-19°C, wechselnd bewölkt + windig“.
Die Hühner seien, so der HSK, unter Sonnenschirmen zum Verkauf angeboten worden, Futter und Wasser waren in den Käfigen vorhanden. Während der Veranstaltung waren Melkgeschirre regelmäßig in Benutzung: Die Kühe konnten und wurden also auch gemolken, darauf verweist Sebastian Luttermann vom Landwirtschaftlichen Verein. Die Kühe, so der HSK, wurden mit Raufutter, teilweise auch mit Kraftfutter versorgt. Zum Nachfüllen der Wassereimer habe der Veranstalter eigens jemanden abgestellt. Die ausgestellten Schafe befanden sich in einem durch Bäume beschatteten Areal, auch hier sei die Wasserversorgung sichergestellt gewesen. Den Umgang mit den Tieren im Schauring bewerten die Kontrolleurinnen als „fachlich versiert und tierschutzkonform“.
Landwirtschaftlicher Verein: Wiederkehrende Kritik ist „sehr deprimierend“
Auch an der Bewertung der Kaninchen in der Schützenhalle gibt es nichts auszusetzen: Die Käfige seien jeweils in Doppelreihen angeordnet gewesen, „so dass den Tieren eine nicht von Besuchern zugängliche Seite zum Rückzug zur Verfügung hatten.“ Sie seien mit Stroh eingestreut gewesen, Wasser habe zur Verfügung gestanden: „Die Tiere machten zum Zeitpunkt der Kontrollrundgänge einen ruhigen und aufmerksamen Eindruck.“
Auch beim Veranstalter gab es während der Tierschau keine Beschwerden: „Uns ist nichts bekannt“, sagt Sebastian Luttermann auf Anfrage. Zur wiederkehrenden Kritik von PETA sagt er: „Das ist immer wieder sehr deprimierend. Wir machen das schließlich alles ehrenamtlich.“