Schmallenberg. Der Unternehmer Reinhold Neisser hat einen besonderen Pflanztopf für den Forst entwickelt. Warum dieser den Wald der Zukunft prägen könnte.
Dürren, Schädlinge, Waldbrände und Stürme - der Wald ist in Gefahr. Reinhold Neisser kennt die Aussichten und weiß, wie der Wald der Zukunft aussehen muss, damit er uns noch lange erhalten bleibt. Mit seiner Firma „Neisser Geoprodukte GmbH“ hat der Schmallenberger einen neuen naturfaserbasierten Pflanztopf entwickelt, der zur Ausbildung eines artgerechten Wurzelballens beitragen soll. Damit sollen neu eingesetzte Forstjungpflanzen tiefere Wurzeln schlagen können und so für eine bessere Wasserverfügbarkeit und Standhaftigkeit der Bäume sorgen. Im Interview erzählt der 76-Jährige, wie er auf die Idee für das Produkt gekommen ist, was es so besonders macht und wie die Zukunft des Waldes bald aussehen könnte.
Wie sind Sie auf die Idee für Ihren Pflanztopf gekommen?
Als gelernter Gärtner und seit über 40 Jahren mit dem Garten- und Landschaftsbau eng verbunden, ist mir bekannt, wie und was gepflanzt wird. Durch meine langjährige Erfahrung weiß ich aber auch, wo die Probleme in der Forstwirtschaft liegen. 2019 ist mir dann zum ersten Mal bewusst geworden, wie viele Berge teilweise bei uns im Sauerland eigentlich abgeholzt werden oder durch Stürme beschädigt sind. Unser Wald ist in Gefahr und wurde vor allem durch den Borkenkäfer in den letzten Jahren ziemlich mitgenommen. Da habe ich mich gefragt, wie man es besser machen kann und hab mich an die Entwicklung und Forschung gemacht. Durch die Erfahrung mit allen möglichen Geotextilien aus Naturfasern, konnte es nur ein Produkt aus geeigneten Naturfasern sein. Ein solches Produkt gab es so bisher noch gar nicht auf dem Markt.
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Wie funktioniert der Forsttopf?
Die Form und Höhe des Pflanztopfes in Kombination mit dem Naturfasermaterial der Topfwände begünstigt die schnelle Ausbildung einer starken Pfahlwurzel. Pfahlwurzeln greifen tief in die Erde und sorgen so für mehr Stabilität und eine bessere Wasserversorgung der Pflanzen. Gleichzeitig ist das Vlies des Topfes durchlässig, sodass sich die Wurzeln auch seitlich ausbreiten können. So können die Jung-Pflanzen schon innerhalb von sechs bis acht Wochen nach Aussaat eine Pfahlwurzel ausbilden und sind damit langfristig durch die Belastung von Dürreperioden und Stürmen geschützt.
Was ist das Problem an herkömmlichen Forsttöpfen aus Plastik?
In herkömmlichen, runden Plastiktöpfen bilden junge Pflanzen Spiralwurzeln aus. Spiralwurzeln wachsen – wie der Name schon sagt – spiralförmig innerhalb der glatten und undurchlässigen Plastikwand herum und es wird keine Pfahlwurzel ausgebildet. Für den Wald der Zukunft werden aber Baumarten immer wichtiger werden, die tief wurzeln und so an tiefer liegende Grundwasserreserven gelangen können. Auch um Stürmen und anderen Naturkatastrophen stand halten zu können, sind tiefe Wurzeln wichtig. Mit unserem Anzuchttopf wird die Spiralwurzelbildung verhindert und die Bildung von tief liegenden Pfahlwurzeln begünstigt.
Was ist noch besonders an Ihrem Forsttopf?
Unsere Pflanztöpfe bestehen aus einem mechanisch verfestigten Nadelvlies aus Hanffasern, Schafwolle und einem biologisch abbaubaren Binder und sind somit zu 100 Prozent biologisch abbaubar. Somit können die Forst-Jungpflanzen zusammen mit dem im Topf ausgebildeten Wurzelballen im Forst ausgepflanzt werden. So leisten wir einen Beitrag zu einem resilienten und klimaangepassten Wald der Zukunft.
An welchem Punkt Ihrer Forschung stehen Sie gerade?
Wir haben bereits ein Patent für den neuen Pflanztopf angemeldet und sind kurz davor, das Produkt auf den Markt zu bringen. Im Frühjahr und Sommer 2021 wurde bereits ein Praxistest am Institut für Waldbau und Waldschutz Tharandt der TU Dresden durchgeführt. Gerade werden unsere Testergebnisse noch ausgewertet. Erst dann ist das Produkt marktreif. Momentan rechnen wir aber nicht damit, dass das vor Ende dieses Jahres passieren wird.
Warum liegt Ihnen das Projekt so am Herzen?
Gerade fehlen Millionen Pflanzen, die dringend gebraucht werden. Unser Produkt ist also nicht nur wichtig für die Forstleute, sondern auch für den Wald. Ich bin stolz, ein Produkt entwickelt zu haben, dass eine sichere und kurze Anwuchsperiode gewährleisten kann und völlig auf Plastikmüll verzichtet.
Abschließend: Was erhoffen Sie sich von Ihrem Forsttopf?
Zunächst hoffe ich natürlich, dass unser Produkt gut angenommen wird und auch bei den Anwendern für ein positives Echo sorgt. Auch ein guter Absatz ist wünschenswert. Was die Zukunft bringt, lässt sich abwarten. Fest steht: Neue Produkte aus Flachs und Hanf werden sicher immer mehr an Bedeutung gewinnen und auch für unsere Firma in Zukunft noch interessant werden.
>>> Über das Unternehmen
Die Neisser Geoprodukte GmbH findet ihren Ursprung im Jahr 1985. Damals lernte Reinhold Neisser den Inhaber der Firma DEKOWE (Dorstener Kokos Weberei) kennen und begann als freier Handelsvertreter für den Vertrieb von neu entwickelten Erosionsschutzgeweben aus Kokos für ihn zu arbeiten.
Im Jahr 1995 gründete er dann gemeinsam mit Partnern aus Österreich, der Schweiz und Bayern die Interessen-Gemeinschaft Geotextilien GBR (IGG) mit Sitz in Schmallenberg. Ab 1997 führte Reinhold Neisser den Betrieb mit einer norddeutschen Maschinenbau-Firma als GmbH bis 2020 weiter. Die GmbH-Partner trennten sich 2020.
Sein Sohn Holger Neisser, Landschaftsgärtner-Meister, übernimmt den Standort Schmallenberg.
Er ist alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Firma und führt diese unter dem Namen Neisser Geoprodukte GmbH weiter. Sein Vater Reinhold Neisser arbeitet seitdem immer noch bei der Entwicklung und Forschung neuer Geoprodukte mit.