Grevenstein. So sah es in den 50er- und 60er-Jahren in den Sauerländer Kneipen aus: Die Brauerei Veltins rettet eine historische Theke für eine Ausstellung.

Sauerländische Brauereigeschichte – ohne Kneipentheke undenkbar! Genau das ist der Grund dafür, warum jetzt ein Tresen mitsamt Rückbuffet sowie abgesenkter Decke aus dem Fundus der Brauerei Veltins aus Meschede-Grevenstein in die Schreinerwerkstatt Fabri gebracht wurde. Der Grevensteiner Handwerksbetrieb wird das historische Ensemble originalgetreu aufbereiten, um zum Frühjahrsbeginn für eine große Brauereiausstellung im Sauerland-Museum vorbereitet zu sein. Sie beginnt dann im März 2024.

Rechtzeitig vor dem Abriss

Die immerhin gut vier Meter lange Theke war Jahrzehnte über Mittelpunkt eines gastronomischen Geschehens, ehe sie nach der Schließung jener Kneipe lange Jahre im Verborgenen verblieb. Die Brauerei Veltins hatte das Gastronomie-Inventar im Frühsommer vor der Entsorgung gerettet – noch rechtzeitig, ehe die Gesamtimmobilie dem Bagger zum Opfer fallen sollte. „Wir wissen um die besondere Kneipenkultur, nicht nur im Sauerland, sondern in ganz Westfalen“, sagt Ulrich Biene, Sprecher der Brauerei Veltins, die die Ausstellung im Sauerland-Museum anlässlich des 200-jährigen Unternehmensjubiläums nach Kräften unterstützt.

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In dem Arnsberger Ausstellungsraum soll die Genusswelt der Fünfziger- und Sechziger-Jahre erlebbar werden. Ulrich Biene: „Es war auch ein Teil des Wirtschaftswunders, dass es sich die Menschen in der Region leisten konnten, in aller Regelmäßigkeit beim Wirt um die Ecke ein frisch gezapftes Pils zu genießen.“ Fassbier bedeutete in der Gastronomie schon früher Kommunikation mit Freunden und Bekannten. „Bewusst wollen wir, dass dieses gastronomische Kernstück nicht wieder auf Hochglanz gebracht wird, sondern in seiner ganz besonderen Authentizität des Gebrauchtseins in der Arnsberger Ausstellung zu sehen sein wird“, so Elke Kenter, Archivarin der Brauerei Veltins.

Zeit des Wirtschaftswunders

Dunkles Holz, dazu eine mächtige Edelstahlabdeckung und im Unterbau eingebaute Kühlschränke – so sahen die Hunderte von Theken in den Nachkriegsjahrzehnten aus. Nur wenige haben die Zeit überdauern können, nachdem vielerorts Renovierungen das alte Inventar ablösen sollte. Das Wirtschaftswunder wollte es so, dass sich damals die Portemonnaies der Menschen gefüllt hatten, um in den Sechzigerjahren die Kneipen zum zweiten Wohnzimmer zu machen. Diese kulturgesellschaftliche Begegnung wurde gerade seit der Jahrtausendwende mangels Nachfolger, aber auch veränderter Genussinteressen in den Hintergrund gedrängt.

Vielerorts sind Kneipen schon längst geschlossen. Die jetzt bereitgestellte Theke, die aus dem westfälischen Delbrück stammt, besitzt die typische Edelstahlfläche mit der genauso blitzblank polierten Zapfanlage in Tonnenoptik. Elke Kenter: „All das war typisch für die damalige Zeit! Gerade in den sauerländischen Dorfkneipen wurden während der Fünfziger- und Sechzigerjahre viele neue Theken in Betrieb genommen, die allesamt den damaligen Zeitgeist ausstrahlten.“

„Drachenfutter“ vorrätig

Mal waren es organische Formen mit schwarzen und weißen Fliesen, mal waren es voluminöse Thekengebilde, unter deren Unterbau-Kühlschränke, aber auch Bierfässer lagern konnten. Einige Theken waren für die typischen Sitzhocker erhöht gebaut und mit einem eisernen Handlauf ausgestattet, andere waren nur für den „Stehbetrieb“ vorgesehen.

Dazu gehörte immer auch das Rückbuffet als unverzichtbarer Bestandteil des Theken-Ensembles. Dort waren selbstverständlich die Biergläser deponiert, um schnell im Zugriff zu sein. Hinter dem Glas verbarg sich aber auch Süßes, um der Frau des Hauses nach einem zu lang geratenen Frühschoppen einen Pralinenkasten oder eine Tafel Schokolade zu spendieren. Damals sprach man auch gern vom „Drachenfutter“ – „ein Schelm der Böses dabei denkt“, schmunzelt Elke Kenter.

Ausstellung im März 2024

Die Ausstellung unter dem treffenden Titel „Frisch gezapft“, die März 2024 im Sauerland-Museum beginnt, wirft dann einen Blick zurück auf die traditionsreiche und regional so prägende Brauerei- und Bierkultur des Sauerlandes. Noch befindet sich die Ausstellung in der intensiven Vorbereitung, aber die Exponate, die dem Besucher demnächst einen Einblick in historische Entwicklung geben werden, wachsen von Monat zu Monat.