Meschede. Er führte Meschede als Bürgermeister, machte die St.-Georgs-Schützen groß. Bruno Peus würde sich am liebsten immer noch einmischen.
Ihm steht der Schalk weiter in den Augen: „Ich bin froh, dass es mich noch gibt!“ Bruno Peus lacht. Der Mann, der Meschede als Bürgermeister geführt hat und die St.-Georgs-Schützenbruderschaft groß machte, wird am Freitag, 6. Oktober, 90 Jahre alt. Den Funken, sich einzumischen, trägt er immer noch in sich: „Wenn ich könnte, würde ich heute wieder anfangen.“ Man würde es sich wünschen: Da könnten sich dann manche warm anziehen.
Als sich Meschede neu finden musste
Ein Rollator hilft ihm bei der Beweglichkeit, er versorgt sich in seinem Haus immer noch selbst. In allem ist er hellwach. Das werden auch an seinem Geburtstag, seine Gäste beim Empfang im Hotel Hennedamm spüren, wo Bruno Peus feiert – sie werden den Original-Peus hören, der nicht hinter dem Berg hält. Er freut sich auf die Begegnungen, etwa auf Landrat Dr. Karl Schneider – den nennt er immer noch scherzhaft „Socken-Karl“ wegen seiner beruflichen Wurzeln bei Falke in Schmallenberg.
Bruno Peus gehört zu denen, die die neue Stadt Meschede geprägt haben – jene neue Stadt, die sich nach der kommunalen Neugliederung 1975 erst einmal finden und entwickeln musste.
Christdemokrat Peus gehörte von 1969 bis 1974 der damaligen Amtsvertretung und dem Stadtrat Meschede an, er war in der Zeit auch Bürgermeister in Meschede, dann noch einmal Bürgermeister von 1998 bis 1999, dazwischen von 1975 bis 1998 immer stellvertretender Bürgermeister – alles ehrenamtlich. Peus leitete auch von 1975 bis 1998 die CDU-Fraktion.
Pocken-Zeit - und eine Niederlage
1970 erlebte er als Bürgermeister in Meschede den Ausbruch der Pocken mit. Gemeinsam mit Stadtdirektor Hans Liese managte er damals diese ungewisse, bange Zeit: „Das waren anstrengende Monate. Eine Besprechung war nach der anderen.“ Er erinnert sich noch, dass ihn sein Vater Johannes ausgeschimpft habe, weil er trotz der Gefahr so viel unterwegs sein musste – und dann stand ausgerechnet sein Vater plötzlich selbst unter Pocken-Verdacht und kam in Quarantäne. Sohn Bruno brachte ihm dann das Essen in die Quarantäne. Alle Veranstaltungen damals wurden abgesagt, Bruno Peus war als Karnevalspräsident selbst davon betroffen - na ja, man feierte trotzdem in kleinerem Rahmen intern, verrät er heute.
Seit 1986 trägt er das Bundesverdienstkreuz, seit 1994 den Ehrenring der Stadt Meschede. Es ist ein politisches Leben gewesen, auch mit Niederlagen. Peus erinnert sich daran, dass er 1975 von seiner CDU in Meschede zwar für das Amt des ersten Bürgermeisters nach der Neugliederung vorgeschlagen wurde, bei der Aufstellungsversammlung aber dann überraschend Franz Stahlmecke unterlag: „Das waren meine Freunde, die gegen mich gestimmt haben. Aber damit musst du fertig werden.“ Er kann heute noch sagen, wer damals gegen ihn stimmte. Damals habe man nicht ihn, den jüngeren Kandidaten, sondern lieber den älteren Stahlmecke gewählt.
Stolz auf das Gewerbegebiet Enste
Ob er auch Fehler gemacht habe? „Natürlich, aber die sage ich nicht.“ Einen räumt er selbstkritisch ein: „Ich wollte immer der erste sein, um bestimmen zu können“ – manchmal wäre er besser zurückhaltender gewesen, sagt er.
Von seinem Sohn Thomas lässt sich Bruno Peus regelmäßig durch die Stadt fahren, um sich zu informieren, was aus seinem politischen Erbe geworden ist.
Gerade sind sie noch im Gewerbegebiet Enste gewesen. Bruno Peus freut sich über die enorme Bautätigkeit dort. Bei ITH zum Beispiel: „Mein lieber Mann!“ Das Gewerbegebiet nennt er auch seinen größten Erfolg. Damals aber gab es große Widerstände dagegen: „Da lache ich heute drüber.“ Meschede brauchte solche Flächen. Er erinnert sich noch an den damaligen Bürgermeister Bitter von Meschede-Land, der sich bei Peus beschwerte: „Wir sind so eine kleine Gemeinde. Und jetzt nehmt ihr auch noch unser Land.“
Peus glaubte an den Erfolg des Gewerbegebietes Enste. Er ging auch voran: Der Tischlermeister war selbst einer der ersten, der sich mit seinem Betrieb dort niederließ. Gleichzeitig habe man damals genau darauf geachtet, dass auch in den kleineren Ortsteilen Gewerbebetriebe erhalten bleiben konnten – „man sollte in Holzschuhen zur Arbeit gehen können, nannten wir das früher“.
Sein Rat: Kritik auch aushalten können
Was ihn heute ärgert: Die Situation mit dem Leerstand in der Innenstadt, fehlende Einkaufsmöglichkeiten. Seinem Nach-Nachfolger im Bürgermeisteramt, Christoph Weber, rät er, dass zur Chefsache zu machen: „Da müsste sich der Bürgermeister mehr drum kümmern. Geschäfte beleben die Stadt.“ Es müssten mehr Parkplätze geschaffen werden, um zu den Geschäften kommen zu können. Als „Irrsinn“ bezeichnet er die gerade entstandene Idee, das Radfahren durch die Ruhrstraße wieder zu verbieten: „Das dient doch zur Belebung, wenn Radfahrer dorthin fahren können.“
Peus rät Politikern ausdrücklich dazu, Kritik auch aushalten zu können – und nicht sofort ihre Meinung zu ändern, wenn einmal andere Meinungen aufkommen.
St. Georg: 1500 Mitglieder - für eine Nacht
Traurig ist er über die Entwicklung bei seinen St.-Georgs-Schützen in Meschede. Von einst fast 1500 Mitgliedern sank die Zahl auf inzwischen nur noch 900. Er erinnert sich: „Ich hatte einmal 1500 Mitglieder. Für eine Nacht. Dann sind zwei gestorben.“ Bruno Peus ist St. Georg 1951 als 18-Jähriger beigetreten, 1996 war er Schützenkönig. Ab 1973 war er in führenden Funktionen, erst als Männerfähnrich, dann als stellvertretender Hauptmann, danach 20 Jahre als Hauptmann. Heute ist er Ehrenhauptmann. Politikern wie Vorstandsmitgliedern empfiehlt er: „Führung kann auch bedeuten, unbequem zu sein.“ Und ergänzt: „Was meinen Sie, wie oft ich angeeckt bin?“
Ein Erbe von ihm in Meschede ist eigentlich die St.-Georgs-Kapelle am Südfriedhof. Peus hatte dieses vergessene Gotteshäuschen mit anderen Schützen gemeinsam wieder hergerichtet: „Das war eine Herzensangelegenheit.“ Danach fuhr er anfangs selbst noch dreimal täglich hin, um dort auch zu läuten; später, im Alter, noch einmal täglich. Und heute? Die Glocke ist wieder verstummt, „es macht keiner mehr was“. Er wäre froh, wenn sich wieder jemand kümmern würde. Solche Kümmerer müsse es wieder mehr geben in Meschede, wünscht er sich.