Meschede. Wie sieht die Wärme der Zukunft in Meschede aus? Alte Ideen, die sich bislang wegen preiswertem Gas nicht rechneten, werden plötzlich aktuell.

Ein ungemein komplexes Thema kommt auf die Stadt Meschede zu. Auch sie wird sich mit einem Wärmeplan, mit Fernwärme und Nahwärme beschäftigen: „Die Stadt wird dafür Anstöße geben“, sagt Bürgermeister Christoph Weber. Einige Ideen gibt es schon.

Genutzt werden könnte Abwärme aus Industrieprozessen, die bislang nicht genutzt werde: „Auf lange Sicht kann das ein Baustein sein. Darüber müssen wir mit der Industrie sprechen, wer verlässlich und wer welche Mengen liefern kann.“ Die Stadt hat sich im Klimaschutzkonzept des Hochsauerlandkreises als Ziel gesetzt, hier ergebnisoffen beratend tätig zu werden.

Hoher Anteil an produzierendem Gewerbe

Bürgermeister Weber verweist darauf, dass Meschede einen überproportional hohen Anteil an produzierendem Gewerbe habe. Ihm fallen sofort Martinrea-Honsel, M. Busch oder auch die Brauerei Veltins ein, bei denen wärmeintensive Prozesse stattfinden. Dazu gebe es aber auch eine Vielzahl an Kunststoff verarbeitenden Betrieben: „In den Pressen entsteht auch Abwärme.“ Nach einer Studie des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz LANUV verfügt Meschede rechnerisch über ein Abwärmepotenzial von 28,7 Gigawatt pro Jahr.

Aber ist dieses enorme Potenzial auch nutzbar? Der Bürgermeister sagt: „Das Thema ist unglaublich komplex.“ Denn: Sind Unternehmen überhaupt bereit, Abwärme abzugeben? Falls ja: Gibt es dann überhaupt planbare Mengen, die in Haushalte gelangen könnten? „Das Geschäftsmodell der Unternehmen ist ja, etwas zu produzieren, bei dem Wärme anfällt – die produzieren nicht, weil es in der Stadt kalt ist.“

Viele ungeklärte Fragen

Was aber, wenn ein Unternehmen plötzlich andere Aufträge erfüllen muss, und sich die Produktion verändert? Und wie würde die Wärme überhaupt aus den Betrieben in Gewerbegebieten zu den Wohnungen der Verbraucher gelangen? Die Leitungen dazu fehlen. Im unmittelbaren Umfeld von Honsel mitten in der Stadt etwa wäre das theoretisch noch denkbar – aber wie denken zum Beispiel die Eigentümer des Unternehmens in Kanada darüber?

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Die Stadt möchte die Siedlungs- und Baugenossenschaft Meschede mit ihrem Bestand an Mehrfamilienhäusern an Bord nehmen, die noch Gasetagenheizungen haben. Hier könnten quartiersweise Lösungen im Bereich der Nahwärme erarbeitet werden – vielleicht durch Blockheizkraftwerke, so Christoph Weber. Wärmepumpen könnten gut in Neubaugebieten umgesetzt werden – „aber was ist im Bestand?“ Viele Gebäude in Meschede und Freienohl stammten aus den 60-er Jahren: „Dafür müsste man individuelle Lösungen finden.“

Abwärme aus der Kläranlage nutzen

Nicht alles wird neu sein: „Wir fangen nicht mit einem weißen Blatt Papier an“, so der Bürgermeister. Deshalb werden aus der Schublade auch wieder Ideen geholt, die es schon lange gibt – die sich aber bisher nicht gerechnet haben. So gibt es schon seit Jahren Überlegungen, die Hauptsammler der Kläranlage zu nutzen – durch biologische Prozesse entsteht auch darin Abwärme. Versorgt werden könnte damit das nahe gelegene städtische Schwimmbad: „Da sind wir in der Planung, ob das technisch machbar ist und sich das rechnet: Die Fragen muss man irgendwann beantworten. Wenn es sich rechnet: Machen!“

Genauso denkbar fürs Schwimmbad: Eine Nutzung der Wärme aus dem Blockheizkraftwerk beim Grafen von Westphalen in Laer. Auch das sei schon vor Jahren diskutiert worden, aber nicht umgesetzt worden: „Gas war in der Vergangenheit immer billiger. Es kommen jetzt alte Konzepte wieder auf den Tisch, weil sich etwas geändert hat.“

Schulzentrum: Heizen mit Holzabfällen?

Gas war in der Vergangenheit auch zur Versorgung des August-Macke-Schulzentrums am Schederweg günstiger. Der Plan, eine Holzhackschnitzelheizung zu installieren, landete deshalb auch in der Schublade. „Diese Themen müssen aus meiner Sicht wieder alle auf den Prüfstand“, fordert der Bürgermeister. Jede Frage wirft wiederum Folgefragen auf: Befeuert werden sollte eine solche Holzhackschnitzelheizung ausschließlich mit Holzabfällen und Holzresten, die im Bauhof und im städtischen Forst anfallen – es sollten aber keine Bäume eigens geschlagen werden müssen, um das Schulzentrum zu beheizen.

„Eine irre Kontrollarbeit“

Kritisch sieht der Bürgermeister die Verordnung, dass jede Kommune einen Wärmeplan aufstellen muss: „Wir Kommunen sind mit dem Wärmeplan wieder zu einer neuen Aufgabe verdonnert werden. Eigentlich haben wir schon genug zu tun.“ Weber fragt sich: Woher kommen denn künftig all die Fachleute, die sich in dem Thema auskennen und das steuern können? Auch diese Frage sei noch vollkommen ungelöst.

Genauso ungelöst sei, ob und wie denn künftig kontrolliert werden solle, wer eine Gas- oder Ölheizung bei sich eingebaut habe: „Da kommt eine irre Kontrollarbeit auf die Kommunen zu. Das geht an der Realität völlig vorbei.“ Zu leisten sei das personell nicht. Er sehe seine Stadtverwaltung auch nicht in dieser Rolle, alles kontrollieren zu wollen.