Meschede. Thomas Kramer leitet Elektro Kramer in Meschede. Themen im Interview: Der Fachkräftemangel, die Wartezeit im Handwerk, die Energiewende.

Es ist ein typisches Mescheder Unternehmen, bei dem der Sohn die Nachfolge des Vaters angetreten hat. Thomas Kramer leitet Elektro Kramer. Beim Seegespräch am Hennesee sagt er, warum er keinen Mangel an Auszubildenden hat, warum man auf Handwerker warten muss – und dass eine Kleinstadt nichts Schlimmes ist.

Kleinstadt ist nichts Negatives: „Ich möchte es nicht anders für mich haben“

Was für eine Beziehung haben Sie zum Hennesee?

Der Hennesee gehört zu Meschede dazu, der Hennesee hat mich mein ganzes Leben begleitet. Ich bin hier aufgewachsen, ich war nie weg von Meschede – da ist der Hennesee immer dabei gewesen. Ich gehe hier spazieren, bin mit den Kindern hier Fahrrad gefahren, ich bin gerne im H1. Am Randweg darf kein Auto herfahren, das ist großartig. Auf der Waldseite ist es einfach nur ruhig. Auf der anderen Seeseite ist die Belebung gelungen. Anfangs war ich da schon skeptisch: Aber es ist toll geworden. Ich persönlich brauche hier auch keinen so großen Andrang wie am Sorpesee oder am Möhnesee.

Was bräuchte die Stadt noch?

Meschede ist in guten Händen, ich weiß nicht, ob man das noch optimieren kann. Der Hauptpluspunkt für Meschede ist, wie schön es hier ist und dass es eine Kleinstadt ist.

Kleinstadt bedeutet für Sie nichts Negatives?

Absolut nicht! Es gibt viele, die belächeln das – ich möchte es aber nicht anders für mich haben. Ich kenne hier alles, mich kennt man, es ist alles überschaubar. Das ist doch sehr positiv! Meschede ist meins, ich kenne nichts anderes, ich will auch gar nichts anderes kennenlernen.

Ich habe hier viele Freunde und Bekannte, mit denen ich teils schon im Kindergarten zusammen war. Wir haben immer noch einen Draht untereinander. Ich finde es schön, alte Gesichter immer wiederzusehen - und auch alte Geschichten zu hören. Ich könnte mir nicht vorstellen, woanders zu leben.

Weichenstellung für die Nachfolge im Betrieb

Wie hat sich Ihre Heimatstadt denn verändert in Ihrer Beobachtung?

Tatsächlich ist Meschede von seiner Struktur her ja immer größer geworden – ganz so klein sind wir auch nicht. Die Änderungen durch die Regionale mit der Henne-Öffnung waren ein Riesenpfund für Meschede. Ich freue mich, dass es so ist. Die kritischen Stimmen, wonach in Meschede nichts mehr los ist, teile ich nicht: Das ist kein Mescheder Problem, das hat eher etwas mit unserer Zeit zu tun.

Müsste sich denn noch mehr verändern?

Mein Fokus liegt auf meinem Betrieb. Ich versuche, es für mich richtig zu machen. Wir stehen ganz langsam vor dem nächsten Generationswechsel. Wir sind in der Planung der Nachfolge, da muss man Weichen stellen. Daran arbeiten wir. Ich bin sehr zuversichtlich, dass dieses Mescheder Unternehmen auch nach mir weiterbestehen wird.

Hier steht noch „Elektriker“ auf den Shirts

Andere Unternehmen klagen unter dem Fachkräftemangel, Sie auch?

Wir sind 35 Leute und halten unser Level. In den letzten vier Jahren haben wir sechs Mitarbeiter aus der Ausbildung übernommen, die heute auch noch da sind – sonst würde es schwierig. Seit Anfang August haben wir auch wieder drei neue Auszubildende. Im letzten und im vorletzten Jahr waren es auch jeweils drei, für 2024 haben wir schon wieder zwei feste Zusagen.

Was ist Ihr Erfolgsrezept?

Wir kümmern uns in den sozialen Medien darum, uns vorzustellen. Wir gehen auch aktiv auf die Schulen zu, die meisten Auszubildenden bekommen wir über Praktika und Ferienarbeit - wenn man sich erst einmal kennen gelernt hat.

Auch wenn der Ausbildungsberuf inzwischen „Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik“ heißt: Auf unseren Shirts steht „Elektriker“, da weiß jeder, was gemeint ist. Wenn ich es so sagen darf: Wir können unsere Stellen noch aus eigener „Zucht“ besetzen – von außerhalb kommt niemand. Ich bin auch nicht derjenige, der anderen Personal abwerben würde. Das ist nicht mein Stil: Ich möchte es schließlich bei mir auch nicht.

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Durch Paketshop zusätzliche Werbung fürs Geschäft

Ist die Lage von Ihrem Geschäft an der Straße Am Kreishaus noch ideal – oder ist das eine Randlage?

Wir fühlen uns wohl mit unserer Lage. Wir haben hier die Kombination aus Handwerksbetrieb und dem Ladenlokal. Vielleicht fehlen ein paar Laufkunden, aber es gibt eben viele, die mit dem Auto unterwegs sind: Die Parkplätze direkt bei uns sind ein ganz großer Pluspunkt, merken wir. Wir wollen gar nicht woanders hin. Im Gegenteil: Wir haben den Standort ausgebaut und würden ihn auch noch ausbauen wollen.

Wir haben ja auch unseren Paketshop dabei: Das bedeutet zwar kein großes Geschäft für uns, aber er zieht eben schon Leute an. Im ersten Halbjahr sind da über 3000 Pakete durchgeschleust worden, das ist doch eine Nummer: Das sind 3000 Leute, die da kommen! So entsteht auch Werbung für uns.

Die Stadt würde gerne den Bereich rund um Ihre Straße städtebaulich weiterentwickeln. Da war sogar mal ein Supermarkt im Gespräch.

Es gab da schon Vorstöße, ziemlich realistische sogar. Letztendlich ist es aber an der Vielzahl der Nachbarn mit den vielen unterschiedlichen Interessen hier gescheitert. Wir müssten auch woanders hin und dort neu bauen – aber in einem Gewerbegebiet zum Beispiel wäre doch unser Laden dann gestorben. Wir möchten hierbleiben.

Im Handwerk ist alles komplexer geworden - deshalb die Wartezeiten

Profitiert Ihr Unternehmen von der Energiewende?

Beim Elektriker denkt man dann dabei sofort an Photovoltaikanlagen. Diesen Markt haben wir aber kaum bedient, weil wir die Manpower einfach nicht haben. Wir haben so viel mit Grundaufträgen zu tun, etwa mit Installationen, dass dafür kaum Raum ist. Wir haben immer mal wieder eine kleinere PV-Anlage gebaut, wenn jemand das wollte, wir haben auch einen Schwung Balkonkraftwerke verkauft und installiert – das sind aber kleinere Geschichten.

Das ist kein neues Standbein für uns, auch wenn der Bedarf und die Nachfrage da wäre. Aber wenn ich meinen Leuten sage: Wir machen noch etwas obendrauf, dann bekäme ich Ärger! (lacht). Wir haben mehr zu tun durch die begleitenden Arbeiten an energetischen Sanierungen – bei neuen Wärmepumpen oder neuen Heizungsanlagen, bei denen auch Elektroarbeiten gemacht werden müssen. Das nimmt mehr Raum für uns in Anspruch.

Was sagt der Fachmann über Balkonkraftwerke?

Optisch müssen sie zum Haus passen, finde ich. Es gibt bei den Balkonkraftwerken auch nur eine begrenzte Leistung mit 600 Watt, die angeschlossen werden dürfen. Man darf nicht erwarten, autark damit zu sein.

Warum muss man lange auf Handwerker warten?

Tatsächlich, es gibt enorme Wartezeiten im Handwerk. Unser Berufszweig zum Beispiel ist in den letzten Jahren immer komplexer geworden. Wenn ich inzwischen einen normalen Wohnhaus-Neubau betrachte: Was da inzwischen alles an Technik hineingepackt wird, dann ist das ein Vielfaches von dem, was wir vor 20 Jahren hatten. Auch Sanierungsarbeiten sind umfangreicher und anspruchsvoller geworden. Es dauert eben länger, Aufträge abzuarbeiten. Und das Handwerk hat inzwischen weniger Leute.

>>> Zur Person <<<

Elektro Kramer läuft noch unter der alten Bezeichnung Anton und Hans Kramer – das waren Onkel und Vater von Thomas Kramer, die Firmengründer des Unternehmens im Jahr 1955. Thomas Kramer ist in zweiter Generation heute der Geschäftsführer.

Für Hobbys bleibe ihm keine Zeit, dafür dauere sein Arbeitstag einfach zu lange, sagt er. Er sei aber „leidenschaftlich gerne Opa“ und pflege seinen Freundeskreis. Thomas Kramer engagiert sich auch im Lions-Club.