Meschede. Jugendliche - wie Carla Nowag aus Meschede- wechseln vom Roller ins Microcar. Was das Gefährt bietet und was Polizei und Fahrlehrer dazu sagen.
Es sieht aus, wie ein Auto, ist schnell wie ein Moped und hat nur ein kleines Versicherungskennzeichen. Leichtkraftfahrzeuge erobern die Straßen rund um Meschede - und das hat mehrere gute Gründe.
Zahlen steigen
Wie viele dieser Mini-Autos auf den Straßen im Hochsauerlandkreis unterwegs sind, ist nicht genau zu beziffern. Da sie nur ein Moped-Kennzeichen brauchen, gibt es keine Statistik beim Hochsauerlandkreis. Wer sich einen Überblick verschaffen will, kann sich vor die weiterführenden Schulen stellen. Während es noch vor fünf Jahren nur vereinzelt solche Autos gab, mit denen Jugendliche aus dem Umland zur Schule düsten, sind es jetzt leicht vier oder fünf pro Jahrgang.
Mindestalter für den Rollerführerschein gesenkt
Auch Thomas Frenzel von der Fahrschule Schnier und Voss kennt die kleinen Flitzer und hatte schon Fahrschüler, die den Rollerführerschein AM machen wollten, um ein solches Gefährt zu fahren. Richtig Aufschwung habe das bekommen, weil die Bundesregierung mehr Mobilität ermöglichen wollte und das Mindestalter für den Rollerführerschein im August 2021 bundesweit auf 15 herabsetzte. Durch die längere Nutzung lohnte sich der Führerschein erst.
>>>Lesen Sie auch: Schmallenberg: Vom Skihang zum Green Hill Bike Park<<<
„Wer sonst schon mit 16 seinen Auto-Führerschein machte, um ab 17 begleitet zu fahren, der sah nicht ein, für ein Jahr noch zusätzliches Geld auszugeben. Damals war der AM-Führerschein quasi tot.“
Mal den Hund transportieren
Das hat sich nun deutlich geändert. In Meschede verkauft Silke Nowag, Geschäftsführerin von Berglar und Leib die kleinen Autos. Auf die Idee brachte sie - ihre Tochter Carla. Die 17-Jährige fuhr selbst einen 50er-Roller. Morgens auf dem Weg zur Schule oder nachmittags bei Freunden sah sie, wie die Mitschüler trotz Regen und Schnee sicher und trocken anreisten, wie sie einen Freund - ohne Helm - einfach mitnehmen konnten oder den Hund transportierten. Und bei einer Mutter, die ein Autohaus hat, war das Thema schnell gesetzt.
Variomatik wie beim DAF 44 oder beim Volvo 66
Die Autohändlerin hatte sich auch schon mit den Leichtfahrzeugen beschäftigt. Bei Volvo, ihrem Hauptpartnern, gab es sie nicht. Zufällig erfuhr sie aber, dass die Firma Ligier einen Vertriebspartner für die Region suchte. „Mein Vater hat das Fahrzeug mit mir auf Herz und Nieren geprüft.“ Beide fanden es erstaunlich robust, was Außenhülle und Mechanik angeht. „Ihm hat vor allem die Variomatik gefallen, die man von früher noch aus dem DAF 44 oder dem Volvo 66 kennt.“ Sie griff zu.
Elektro-Variante ist auf dem Markt
Seit Dezember 2022 verkauft sie nun die kleinen Autos, bisher noch ausschließlich als Verbrenner, die Elektro-Variante ist aber bereits auf dem Markt. „Die meisten Kunden sind Familien, die auf dem Land wohnen, ohne regelmäßigen ÖPNV-Anschluss. Eltern kaufen das Auto für ihre Kinder, um das ,Taxi Mama’ zu entlasten.“ So kann auch die 16-jährige große Schwester den kleinen Bruder mal zum Fußballtraining fahren oder sie selbst fährt abends zu Freunden im Nachbarort. „Das ging natürlich auch früher mit dem Moped, aber so fährt es sich doch deutlich sicherer.“ Und bequemer. Das Microcar bietet - je nach Aufpreis - alle Annehmlichkeiten eines normalen Autos, von der Sitzheizung über die Klimaanlage bis zur Rückfahrkamera. Auch ein Soundsystem mit Freisprechanlage ist - anders als auf dem Moped - integrierbar.
Wendig und günstig
Hinzu kommt, dass das Gefährt nur ein kleines und damit günstiges Versicherungskennzeichen braucht. Haupt- und Abgasuntersuchung entfallen. Es ist wendig, braucht wenig Parkraum und hat sogar einen kleinen Kofferraum. „Damit wird es auch für Erwachsene interessant, die damit nur im Stadtverkehr unterwegs sein wollen“, findet Thomas Frenzel. „Da schwimmt es gut im Verkehr mit.“ Über Land sieht er die Gefahr, dass das Leichtfahrzeug mit 45 km/h deutlich langsamer ist als ein Auto. „Das ist vielen Autofahrern nicht klar.“
Gegenseitige Rücksichtnahme
Silke Nowag findet, dass die jungen Fahrer dort eben entsprechend vorausschauend fahren sollten. „Wenn sich eine Schlange bildet, könnten sie beispielsweise mal an die Seite fahren und die anderen Fahrer vorbeilassen.“ Ihr gefällt, dass die Pkw die Abstände eher einhalten als zum Moped - „und es wird einfach besser gesehen.“
Trotzdem würde sie es begrüßen, wenn auch Fahrschulen beim AM-Führerschein auf den Leichtfahrzeugen schulen. Doch das ist nicht erlaubt, weiß Frenzel. „Microcars sind bisher als Ausbildungsfahrzeug vom Gesetzgeber nicht vorgesehen.“