Meschede. Jugendliche seien nicht lethargisch, sagt Christopher König: Er setzt in Meschede ein Konzept um, damit sich junge Leute politisch einmischen.
In Meschede wird ein neuer Versuch unternommen, um junge Menschen an der Kommunalpolitik zu beteiligen. In das Konzept fließen unter anderem Erfahrungen aus Freiburg in Baden-Württemberg ein, angepasst an Meschede.
Christopher König hat für Meschede das Konzept entworfen, dass der Stadtrat auch offiziell unterstützt. Der 39-jährige Sozialarbeiter kennt sich mit Jugendarbeit aus: Er ist hauptberuflich Referent für Jugend und Familie beim Dekanat Hochsauerland-Mitte in Meschede, er ist freiberuflich auch Beteiligungsexperte. Für zunächst eineinhalb Jahre erhält er von der Stadt einen Honorarvertrag zur Umsetzung des Konzeptes.
Zielgruppe und Basis sind die achten Klassen
Kerngedanke dabei: Alle achten Klassen der Schulen im Stadtgebiet, also von den beiden Gymnasien, den beiden Real- und den beiden Hauptschulen, werden zu einem so genannten 8er-Rat eingeladen (der Name meint nicht die Anzahl der Teilnehmer, sondern die achten Klassen).
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Ende September soll alles beginnen. Dann werden die achten Klassen erstmals zusammenkommen. In zwei Großveranstaltungen mit allen 13 und 14 Jahre alten Schülern und Schülerinnen sollen im 8er-Rat dann Themen erarbeitet werden, die für die Jugendlichen eine Rolle spielen. Das passt auch in die Lehrpläne: In den achten Klassen wird ohnehin über politische Teilhabe gesprochen – im 8er-Rat könnte sie gleich praktisch erprobt werden.
Welche Themen das sein werden? Christopher König ist dabei Moderator, er gibt nichts vor: „Habe ich wirklich Ahnung, was bei den jungen Menschen gerade Thema ist? Das besser zu wissen ist anmaßend, glaube ich. Die jungen Menschen sind die Experten für ihre Themen.“ Sind es fehlende Bäume in Meschede? Sind es fehlende Freizeitangebote?
Keine Denkverbote, alles soll möglich sein
Noch ist vollkommen unbekannt, was da kommen könnte. Denkverbote gibt es nicht. Diese Themenvorschläge werden in einer weiteren Veranstaltung mit der Stadtverwaltung und den Kommunalpolitikern diskutiert – letztere könnten dann dafür Patenschaften übernehmen, um die Fragen der Jugendlichen auch in praktische Politik umzusetzen.
Jedes Jahr soll sich ein neuer 8er-Rat als Beratungsgremium mit den dann neuen achten Klassen gründen – so könnte es immer neue Ansätze und Ideen geben. Dieser 8er-Rat und alle jungen Wahlberechtigten wählen dann auch einen Jugendrat: Der Jugendrat ist langfristig angelegt, er soll die Kommunalpolitik auf Dauer begleiten und zu Jugend-Themen in der Lokalpolitik angehört werden.
Selbstvertrauen wieder bestärken
Aus Gesprächen weiß Christopher König, wie sehr junge Menschen unter den Einschränkungen der Corona-Zeit gelitten hätten: „Viele haben den Glauben an ihre Wirksamkeit verloren.“ Das Politik-Projekt in Meschede könne dieses Selbstvertrauen wieder bestärken: Junge Leute würden gehört. „Mich treibt an, junge Menschen sprachfähig zu machen“, sagt der 39-Jährige. Er glaubt dabei nicht, dass er durch seinen Hauptberuf für die katholische Kirche quasi als befangen gilt: „Jugendliche können differenzieren. Die wissen, dass mir zum Beispiel queere Menschen und eine sensible Sprache wichtig sind.“
Im 8er-Rat soll jeder mitwirken können, betont er – „auch Leute, die weniger gut Deutsch sprechen, die einen unterschiedlichen kognitiven Hintergrund haben, die unterschiedliche Lernhintergründe haben.“ Christopher König ist überzeugt, dass es auch in Meschede genügend junge Leute gebe, die sich einmischen möchten: „Die Jugendlichen sind nicht so lethargisch, wie man glaubt. Jugendliche kleben sich an Straßen fest, sie fahren zu Demonstrationen – ihnen ist ihre Zukunft wichtig.“
Nachfolgemodell für das Jugendparlament
Vielleicht, so hofft König, ist der Beteiligungsprozess auch ein Mosaiksteinchen, warum Jugendliche nach ihrer Ausbildung oder ihrem Studium wieder nach Meschede zurückkehren würden – weil sie ihre Stadt ja ein Stück mitgestaltet hätten.
Bürgermeister Christoph Weber begrüßt das neue Modell, um die Jugend in die Mescheder Politik einzubinden: „Das ist alles ergebnisoffen. Ich finde den Ansatz gut. Ich glaube, es ist einen Versuch wert.“ 2006 war in Meschede ein Jugendparlament gegründet worden, in den Jahren danach war es aber sang- und klanglos eingeschlafen: Unter anderem konnten Projekte kaum umgesetzt werden, weil in dem Gremium die Schülersprecher waren, die aber nur für ein Jahr gewählt waren. So fehlte es an Kontinuität. Außerdem hatte die Anbindung an die Politik gefehlt.