Meschede. In Meschede haben die Parfümerie Aurel und Apollo-Optik geschlossen. Nimmt der Leerstand zu? Ein Handelsexperte zeigt Ansätze für Lösungen.

In der Fußgängerzone in Meschede haben jetzt die Parfümerie Aurel und Apollo-Optik geschlossen. Nimmt der Leerstand zu? Stephan Britten ist Handelsexperte bei der Industrie- und Handelskammer in Arnsberg. Er beobachtet auch immer die Entwicklungen in Meschede.

„Nicht ins Lamentieren geraten“

Britten sagt unumwunden: „Es gibt Ladenschließungen, das braucht man nicht kleinreden.“ Allerdings habe sich in Meschede in den letzten Jahren eine Menge getan, „um das Spielfeld attraktiv zu gestalten“ – angefangen mit der Henne-Öffnung, über die Pflasterung der bis zum Henne-Ruhr-Markt: „Die Dinge, die man als städtische Akteure in die Hand nehmen konnte, hat man erledigt, zusammen mit den Immobilieneigentümern. Der Ansatz war gut, richtig und vernünftig. Das hat auch zu der ein oder anderen Belebung geführt.“

Man solle Meschede nicht schlecht reden: „In Meschede ist man bemüht, gute Rahmenbedingungen zu schaffen. Auch wenn der ein oder andere schließt, sollte man nicht ins Lamentieren geraten.“

Hinter Schließungen steht eine ganze Gemengelage

Dennoch streichen Betriebe in Meschede die Segel. Spezifische Mescheder Gründe gebe es dafür nicht, sagt der Experte. In der Zeit von Corona sei vieles wirtschaftlich gestärkt und gestützt worden. Danach aber sei eine gesamtgesellschaftliche Krise gekommen, mit dem Ukraine-Krieg, der Energiekrise, der Inflation.

Der jüngste Leerstand: Die ehemalige Filiale von Apollo-Optik in Meschede.
Der jüngste Leerstand: Die ehemalige Filiale von Apollo-Optik in Meschede. © Jürgen Kortmann

Hinzu komme eine andere Folge aus Corona: Gerade im Einzelhandel und in der Gastronomie hätten Beschäftigte für sich entschieden, die Lage sei zu unsicher – und suchten sich andere Stellen. Zur Konsumflaute komme nun hinzu, dass Ladeninhaber Probleme hätten, Stellen zu besetzen. Entstanden sei nun dies: „Das ist eine Gemengelage, die macht es gerade für inhabergeführte, kleinere Betriebe gerade schwierig, wirtschaftlich agieren zu können.“

Online-Handel verschärft die Situation für Einzelhandel

Verschärfend komme zu dieser Gemengelage noch das Problem hinzu, dass schon vor Corona die Innenstädte traf – die Geschäfte online: „Der Onlinehandel ist sehr stark gerade in innenstadtrelevanten Sortimenten aktiv“ – auch wenn dort ebenfalls der Konsum zurückgegangen sei.

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Britten verweist auf aktuelle Zahlen des Instituts für Handelsforschung: Der Bereich Fashion/Accessoires machte 2022 im Onlinehandel über 45 Prozent aus, Computer/Elektronik lagen bei knapp 40 Prozent, Freizeit/Hobby bei über 36 Prozent, Schreibwaren über 36 Prozent – „das ist alles Umsatz, der nicht mehr in der Innenstadt stattfindet“. Britten sagt: „Es hilft dann auch nicht, mit dem erhobenem Zeigefinger zu sagen: Es ist böse, online zu kaufen. Man muss sich aber bewusst sein, zunehmender Onlinehandel hat eben auch Auswirkungen auf den Geschäftsbesatz in einer Innenstadt.“ Aber: Auch das sei kein ausschließliches Mescheder Problem.

Dienstleister für die Innenstädte begeistern

Der Einzelhandel allein werde künftig nicht mehr das Flaggschiff der Innenstadt sein können, sagt Britten voraus: Der Handel benötige dafür Partner, die gemeinsam eine Innenstadt belebten – dazu zähle die Gastronomie, Kultur, das Wohnen. Er schlägt auch vor, stärker Dienstleister für Innenstädte zu begeistern – etwa mit der Eröffnung von Beratungsbüros.

Anderswo habe man versucht, die Hochschulen mehr in die Innenstadt zu holen: in Meschede sitzt sie bekanntlich weit außerhalb rund um das Gewerbegebiet Im Schwarzen Bruch. Britten rät dazu: „Man muss offen sein für Ideen. Erlaubt ist alles, was Frequenz in die Innenstadt bringt und den Menschen das Gefühl gibt, hier bewegt sich was.“

Muss eine hohe Miete sein?

Für die Räume der Parfümerie an der Ruhrstraße wurden im Internet als Mietpreis zunächst 2600 Euro im Monat für 162,5 Quadratmeter Fläche genannt - inzwischen heißt es, „Auf Anfrage“.

Für die ehemalige Parfümerie Aurel in der Ruhrstraße in Meschede wird ein Nachmieter gesucht.
Für die ehemalige Parfümerie Aurel in der Ruhrstraße in Meschede wird ein Nachmieter gesucht. © Jürgen Kortmann

Es gebe immer die unterschiedlichsten Beweggründe dafür, warum Vermieter eine bestimmte Miete haben wollten, weiß Stephan Britten – „das Thema Miete ist immer sehr schwierig und vielfältig“: Einfach, weil man sie aus der Vergangenheit so gewohnt sei, weil sie Teil des Lebensunterhaltes ist, weil sie Teil der Altersvorsorge sei: „Das von vornherein zu verteufeln ist falsch.“ Auch bei Eigentümern müsse aber ein Umdenken stattfinden: Auch sie müssten prüfen, ob es immer eine Miete in der alten Höhe sein müsse.

Der Handelsexperte wehrt sich gegen Klagen, in Fußgängerzonen gebe es viele Imbisse, Friseure oder Handyläden. Er sagt: „Es gibt eine idealtypische Vorstellung einer Innenstadt“ – die sei aber eben nicht mehr zeitgemäß. Denn, so Britten: „Vom Grundsatz werden diese Dienstleistungen ja nachgefragt. Diese Akteure sind auch bereit, diese Mieten zu bezahlen.“ Er rät Betrieben in der Innenstadt, sich attraktiv darzustellen mit ihrem Produktangebot, mit ihrer Beratungsleistung, mit ihrer Sichtbarkeit – auch online und durch Aktionen.