Meschede. Bislang ist Unfallflucht eine Straftat. Es gibt Pläne das zu ändern. Dazu die Zahlen für den Hochsauerlandkreis - und Reaktionen.

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hat sich vorgenommen, das Strafgesetzbuch auszumisten. Das hätte auch für Menschen im Hochsauerlandkreis deutliche Auswirkungen. Dabei nimmt Buschmann neben der Frage, ob Schwarzfahren künftig vom Vergehen zur Ordnungswidrigkeit heruntergestuft werden sollte, nun auch die Fahrerflucht ohne Personenschaden in den Blick.

Kein Mensch zu Schaden

In einem Brief, den eine Mitarbeiterin seines Ministeriums kurz nach Ostern an Verbände und die Justizministerien der Länder verschickt hat, wird im Zusammenhang mit dem Straftatbestand des unerlaubten Entfernens vom Unfallort die Frage aufgeworfen, „ob der Gesetzgeber es immer noch für angemessen hält, dass ein Kriminalstrafverfahren bei Vorgängen mit reinen und unbeabsichtigten Sachschäden einzuleiten ist“. Oder ob Fälle, bei denen kein Mensch zu Schaden gekommen ist, womöglich in Zukunft von der Straftat zur Ordnungswidrigkeit herabgestuft werden sollten.

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Ziel des Schreibens aus dem Bundesjustizministerium ist es offensichtlich, mit Experten und Verantwortlichen zu möglichen Reformvorschlägen frühzeitig ins Gespräch zu kommen. Im Hochsauerlandkreis gab es im Jahr 2022 einen Anstieg der Fallzahlen der Verkehrsunfälle mit Flucht auf 1639 (1499). Die Aufklärungsquote lag im Jahr 2022 bei 44,9 Prozent und fiel somit leicht unter das Vorjahresniveau.

Weniger Fälle

Sebastian Held, Pressesprecher der Polizei im HSK.
Sebastian Held, Pressesprecher der Polizei im HSK. © Archiv

Die Zahl der Verkehrsunfälle, bei denen Menschen im Hochsauerland verletzt wurden und der Verursacher flüchtete, sank im Vergleich zum Vorjahr mit 63 auf nunmehr 54. Von diesen 54 Straftaten konnten 32 Straftaten aufgeklärt werden. Das entspricht einer Aufklärungsquote von 59,3 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr sank die Aufklärungsquote um circa. 2,6 Prozentpunkte. Auf Landesebene dagegen stieg die Zahl der Verkehrsunfälle mit Personenschaden und Flucht um 17,3 Prozent. Die Aufklärungsquote in NRW beträgt 58,6 Prozent.

In den meisten Fällen fällt die Unfallflucht erst auf, wenn der Geschädigte zurück zu seinem Auto kommt. Für die Polizei bedeutet das: Es gibt nur wenige bis gar keine Ermittlungsansätze, erklärt der Pressesprecher der Kreispolizeibehörde des Hochsauerlandkreises in Meschede, Sebastian Held, auf Nachfrage.

Lackpartikel sicherstellen

Sven Brandes von der Gewerkschaft der Polizei im HSK.
Sven Brandes von der Gewerkschaft der Polizei im HSK. © Archiv

Daher sei die Polizei in den meisten Fällen auf Zeugenhinweise angewiesen. „Jede Unfallflucht wird akribisch durch die Polizei aufgenommen. Liegengebliebene Fahrzeugteile können zugeordnet werden und sichergestellte Lackpartikel haben schon häufig den entscheidenden Hinweis zur Aufklärung geben können“, sagt Held. Wer einen Schaden verursache, müsse vor Ort auf den Geschädigten warten. Um auf der sicheren Seite zu sein, sollte die Polizei gerufen werden.

Insgesamt steht der Kreisgruppenvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei im HSK, Sven Brandes, den Vorstoß Buschmanns sehr skeptisch gegenüber. „Ich habe die Befürchtung, dass die Hemmschwelle, sich nach einem Schadensfall vom Unfallort zu entfernen, bei einer Bagatellisierung, rapide sinken würde. Darüber hinaus gehe ich davon aus, dass das die Arbeit der Polizei nicht erleichtern würde“, sagte er.

Verursacher ermitteln

Neben möglicherweise steigenden Zahlen im Bereich der Verkehrsunfallflucht, bliebe darüber hinaus der Ermittlungsaufwand gleich, da die Geschädigten ja auch weiterhin ein berechtigtes Interesse daran hätten, dass der Verursacher zwecks Schadensregulierung ermittelt wird. „Hinzu kommt, dass bei Ordnungswidrigkeiten wesentlich kürzere Verjährungsfristen als im Strafrecht gelten“, so der Polizeigewerkschafter.