Meschede. Die Leerstände in Meschede sind ärgerlich, sagt Schuhverkäufer Volker Stratmann, aber der Einzelhandel könne mit anderen Dingen punkten.
Vier Leerstände innerhalb kürzeste Zeit - das sind Negativschlagzeilen hinter denen vieles verschwindet, was in der Stadt gut läuft. Man dürfe Meschede nicht schlecht reden, fordert Volker Stratmann vom gleichnamigen Schuhhaus. „Mich ärgert es, dass viele so tun, als sei der Einzelhandel hier eine Katastrophe. Das stimmt einfach nicht!“, sagt er und blickt auf die positiven Seiten des städtischen Geschäftslebens.
Vier Leerstände in kürzester Zeit
Aurel, Anziehend, La Dolce Vita und Apollo-Brillen - vier Geschäfte in der Ruhrstraße haben angekündigt, dass sie schließen werden oder sind bereits geschlossen - alle liegen im unteren Drittel der Fußgängerzone - ein gravierender Leerstand, das gibt auch der Einzelhändler zu. Doch er sieht viele Faktoren, die dort zum Tragen kommen und die beispielsweise auch Rainer Eiden, Inhaber von Aurel zuletzt genannt hatte: zu hohe Mieten, Personalknappheit, Corona-Nachwirkungen.
„Aber es lohnt sich doch für Kunden trotzdem, nach Meschede zu kommen“, betont Stratmann und verweist auf die bestehenden Angebote - vom Geschenkeladen über die Buchhandlung, Schreibwaren, Modegeschäfte und Gastronomie. An all diesen Läden könne man sehen, so Stratmann, wie ein Geschäft in einer Kleinstadt wie Meschede punkten könne: Die Inhaber stehen selbst im Laden - freundlich und mit viel Herzblut. Selbst in den Ketten gibt es Angestellte, die sich einbringen, als wäre es ihr eigenes Geschäft. „Vor allem damit können wir hier gegenüber den größeren Städten punkten.“
Qualität und Alleinstellungsmerkmale
Gut seien vor allem Angebote, die man nicht an jeder Ecke bekommet und die qualitativ hochwertig seien. Da fürchte er auch keine Konkurrenz. „Je mehr Läden davon, desto besser“. Dann, so erlebt er es - kommen auch Kunden gezielt von außerhalb. „Meschede muss mehr aufs Besondere setzen, jeder Einzelne seine Zielgruppe kennen.“ Grandios sei doch zum Beispiel auch das, was Thomas Bigge bei „Live am See“ aufziehe „und das Innenstadt-Dinner, war so ein Alleinstellungsmerkmal.“
Hohe Mieten seien natürlich ein Kritikpunkt. Meist seien die Eigentümer aber auch bereit einzulenken. „Man muss das Gespräch suchen.“ Schwierig sei es, wenn die Vermieter außerhalb wohnen und ihnen das Gefühl für die Stadt fehle.
Neheim als Konkurrenz?
Eine Stelle, an der es sich lohnt, auf Neheim zu blicken. „Es gab Zeiten, da haben mir alle gesagt, du musst mit deinem Angebot nach Neheim in die Apothekerstraße“, erzählt Volker Stratmann. Doch zum einen sei es unfair, die Arnsberger Einkaufsstraße und ihre 73.000 Einwohnern mit Meschede (rund 30.000 Einwohner) zu vergleichen. Zum anderen sei auch Neheim nicht mehr so exklusiv, wie es mal war. „Ich bin mit meiner Lage an der Le-Puy-Straße sehr zufrieden. Da kommen viele vorbei, die in die Innenstadt wollen.“
Service als wichtiger Standortfaktor
Kunden dann aber auch zu gewinnen und zu halten, dafür sei Service wichtig. „Die Menschen erwarteten, dass man sich Zeit nimmt, sich um sie kümmert“, sagt er. Dazu gehöre auch, dass man Ware schon mal exklusiv bestellt und liefert.“ Ein Aha-Erlebnis habe ihm da auch Corona beschert, als nur einzelne Kunden in den Laden durften. An manchen Tagen habe er damals mehr Umsatz gemacht als heute. „Die Kunden haben die besondere Aufmerksamkeit und die persönliche Beratung sehr genossen.“
Weiter geht dieser direkte Kontakt in der Nach-Corona-Zeit über die neuen, modernen Kunden-Ansprachen. Der Kaufmann bewirbt mittlerweile auch einzelne Artikel sehr direkt über WhatsApp und Instagram. „Ich habe da immer Anfragen von Kunden.“ Verlässliche Öffnungszeiten seien ein weiteres Thema, auch wenn man wie Stratmann montags geschlossen hält, um Messen zu besuchen.
Schlechte Stimmung und schlechtes Wetter
Gerade in diesem Jahr leidet die Einkaufsbereitschaft unter der schlechten Stimmung. „Immer war die Rede davon, wie teuer noch alles wird - vom Heizen bis zu den Lebensmitteln. Dazu kommt das Wetter.“ Auch das drücke in diesem Frühjahr aufs Gemüt. Man merke das direkt, wenn das Wetter sonniger und wärmer wird, dann ziehe es deutlich mehr Menschen in die Innenstadt.
In der neu gestalteten Fußgängerzone biete sich dann der Kaiser-Otto-Platz an, um draußen zu sitzen, wie es Michele Tiscione in seiner Pizzeria vormacht. Und auch die Fleischerei Kutsche hat schon die ersten Stehtische draußen aufgebaut. „Davon könnten wir dort noch mehr gebrauchen. Es muss Spaß machen, in der Innenstadt zu verweilen, auch wenn die Geschäfte schließen.“
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Menschen sind gereizt
Und vor allem müsse sich die Gereiztheit ändern. „Man hat wirklich das Gefühl, dass die Menschen seit Corona verlernt haben, nett zueinander zu sein“, sagt der Einzelhändler. Das fange beim Grüßen an, wenn man ein Geschäft oder ein Restaurant betritt. „Es ist ja auch viel leichter zu schimpfen, als das Positive zu betonen.“ Und das verderbe die Stimmung. „Mich hat jetzt jemand an der Kasse im Hit vorgelassen“, berichtet Volker Stratmann und muss über sich selbst lachen. „Ich hatte damit nicht gerechnet und war so perplex, dass ich mich so häufig bedankt habe, dass der sicher denkt, ich sei nicht ganz normal.“