Meschede. Die eigene Ware auf Instagram und WhatsApp zu bewerben - das machen immer mehr Einzelhändler Eine Meschederin geht noch einen Schritt weiter.
Dass sie etwas mit Mode machen wollte, stand für Silke Bräutigam schon fest, als sie noch ein kleines Mädchen war. Ihr Großvater führte das ehemalige Textilhaus Blessenohl in Freienohl, in dem sie sich damals schon einkleiden durfte.
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Ausbildung zur Damenschneiderin aus Liebe zur Mode
„Diese Liebe zur Mode hat mich dann auch dazu getrieben, eine Ausbildung zur Damenschneiderin zu machen“, erinnert sie sich. Sie arbeitete für das Mescheder Modeunternehmen Truco, übernahm 1991 die Leitung von Como und 2007 kaufte sie ihrem Chef den Laden Im Rebell ab. „So ging mein Traum in Erfüllung - ich wurde Inhaberin meiner eigenen kleinen Boutique.“ Sie bietet dort nur wenige Labels an, Marken, hinter denen sie auch steht. Darunter ist auch eine Firma, die komplett in Deutschland produziert.
Eine Straße mit Flair und Charme
Seit 32 Jahren blickt die Modefachfrau nun aufs Rebell. „Zu Beginn hatte es noch ein besonderes Flair“, erinnert sich die 55-Jährige. Die Brasserie der Frings-Schwestern, ein Stoffgeschäft, ein Obstladen, Evas Modeladen und Juwelier Christine - alles inhabergeführte Läden, deren Chefinnen sich kannten und verstanden. „In der Straße stand eine Birke mit einer Bank davor und dazu die kleinen Lädchen - das hatte Charme.“
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Heute blickt sie manchmal wehmütig auf diese Zeit zurück. „Wir fühlen uns oft wie ein Stiefkind der Innenstadt.“ Der Rebell ist Fluchtweg für die Ruhrstraße. Deshalb darf dort nicht viel im Weg stehen. Und für Besucher, die die Straße nicht kennen, sei sie nur schwer als Einkaufsstraße zu erkennen, auch weil der Blick zuerst auf einen geschlossenen Laden falle. „Wir merken das vor allem an den verkaufsoffenen Sonntagen“, beobachtet Silke Bräutigam. „Da ist es bei uns deutlich ruhiger als sonst in der Innenstadt.“
Viele treue Stammkundinnen
Aber sie will nicht klagen, sie ist zufrieden. „Ich habe viele treue Stammkundinnen.“ Frauen, die auch von außerhalb nach Meschede kommen und ihre Arzt- und Marktbesuche mit einem Gang ins Rebell verbinden. Andere, die sich mit der Frage melden: „Kannst du mir das besorgen?“, wenn sie einen Pullover oder eine Jacke im Internet entdecken und wissen, dass Silke Bräutigam diese Marke auch im Sortiment hat. Sie registriert aber auch: Bei den Jüngeren fehlt diese Verbundenheit. Besonders freut es sie deshalb, wenn - wie zuletzt - drei Generationen in ihrem Geschäft stehen, Mutter, Tochter und Enkelin, und alle drei etwas für sich finden. „Möglich ist das, weil heute jede Frau alles tragen kann. Hauptsache, sie fühlt sich wohl.“
Käuferinnen in der Mittagspause
Um ihren Kundinnen entgegenzukommen, hat sie auch die Pausen angepasst. Sie weiß. Viele arbeiten in der Stadt und nutzen die Mittagszeit für einen Gang durch die Geschäfte. Como schließt daher erst von 13.30 bis 14.30 Uhr. Und ein Green Monday, wie ihn manche Geschäfte machen, um Personalknappheit und zurückgehende Umsätze aufzufangen, kommt für sie auch deswegen nicht in Betracht. „Ich finde es schon schade, dass wir uns in Meschede nicht auf einheitliche Öffnungszeiten einigen können. Aber daran arbeiten wir ja schon seit vielen Jahren vergeblich.“
Immerhin sei der Kontakt zu ihren Kundinnen in den letzten Jahren sogar noch enger geworden. „Eigentlich ging das mit Corona los.“ Damals bot Silke Bräutigam eigene Shopping- und Beratungszeiten für einzelne Kundinnen in der Boutique an, eine Art VIP-Shopping. „Viele Frauen haben diese ehrliche Eins-zu-Eins-Beratung sehr genossen.“ Verkauf auf Biegen und Brechen, das sei eh nicht „ihrs“, betont sie. Gleichzeitig begann die Meschederin, ihre Mode auch selbst zu promoten.
Werbung über WhatsApp und Instagram mit dem Selfie-Stick
Vor allem über den WhatsApp-Business-Kanal von Como, aber auch über ihren eigenen Whats-App-Status und auf Instagram, zeigt sie die neuen Kollektionen. Viele Läden in Meschede machen mittlerweile so Werbung. Das Besondere bei Silke Bräutigam: Kleider und Blusen nur zu drapieren oder sie von hübschen, jungen Models zeigen zu lassen, das wäre nicht ihr Ding. Sie trägt die Sachen selbst. „Das ist mir wichtig“, sagt sie. „Ich stehe 100prozentig hinter meiner Ware. Mode muss Spaß machen. Ich muss mich selbst dafür begeistern können.“
Das Fotostudio ist ihr eigener Garten, sie fotografiert sich selbst mit dem Selfie-Stick. Von anderen unbeobachtet und mit Sonnenbrille, fällt ihr das leichter, gibt sie schmunzelnd zu. Mit dem Frühling und den ersten Sonnenstrahlen wird es jetzt wieder mehr. „Ich muss dafür in Stimmung sein.“
Kompliment für die Einzelhändlerin
Der Erfolg scheint ihr jedenfalls Recht zu geben. „Ich habe regelmäßig direkt auf meine Postings Reaktionen von Kundinnen, die schreiben: ,Leg’ mir den Pullover oder die Hose zurück, ich bin in den nächsten Tagen in der Stadt.’“ Vielleicht gerade, weil es kein professionelles Shooting ist, komme ihr Einsatz gut an. „Er wirkt authentisch.“ Und so wie sie sich darüber freut, wenn Kundinnen von einem Kompliment erzählen, dass sie für dieses oder jenes Kleidungsstück erhalten habe. So ist eine solche Reaktion natürlich auch ein Kompliment für die Einzelhändlerin.
HINTERGRUND
Zum verkaufsoffenen Mai-Sonntag laden die Geschäfte in der Innenstadt und in Enste am 7. Mai von 13 bis 18 Uhr ein.