Ramsbeck. Es gibt gute und schlechte Tage im Dorfladen von Tugay Aydin in Ramsbeck. Die Einwohner haben die Zukunft des Mini-Marktes selbst in der Hand.

Heute ist ein guter Tag im Dorfladen von Tugay Aydin in Ramsbeck. Zumindest zeitweise geht die Klingel der gläsernen Eingangstür an diesem Nachmittag im Minutentakt. Genau so hatte er sich das vorgestellt, als er sein Geschäft „Kiosk and more“ im Oktober an der Heinrich-Lübke-Straße eröffnet hat. Jugendliche, die ein Getränk kaufen, Männer, die am DHL-Schalter eine Retoure abgeben, Frauen, denen die Zigaretten ausgegangen sind und Seniorinnen, die mit ihrem schwarzen Einkaufskorb an den Regalen entlang schlendern, um das Nötigste für die kommenden Tage einzukaufen. Sie alle und viele mehr gehören an diesem Nachmittag zu Aydins Kunden. Soll soll es sein! Aber so ist leider noch viel zu selten.

„Es läuft zeitweise recht durchwachsen“, sagt Tugay Aydin während seine Mutter Leyla nebenan den Einkauf der Kundin abkassiert: zwei mal Sahne, ein Paket Küchenrolle, zwei Tüten Milch, eine Packung Schnittkäse und eine Dose Fruchtcocktail. „Das macht 10,14 Euro, bitte!“, sagt Leyla Aydin freundlich und hilft der älteren Dame geschickt dabei, die sperrige Packung mit der Küchenrolle in die mitgebrachte Tasche zu friemeln. Passt!

„Genau von diesen Kundinnen bräuchte ich mehr“

„Genau von diesen Kundinnen bräuchte ich mehr“, sagt der 28-Jährige und lächelt. Reich werden mit dem Dorfladen, das war nie sein Ziel. Seine Motivation für die Eröffnung war es vielmehr, den Ramsbeckerinnen und Ramsbeckern nach der Schließung des Nah-und-Frisch-Marktes von Anja Nölke ein Stück Lebensqualität zurückzugeben und ihnen weite Wege zu den Märkten in Bestwig zu ersparen. Und diese Idee kam keineswegs von ungefähr. Sie war in Zeiten entstanden, in denen der gebürtige Ramsbecker in eben jenem Ladenlokal noch eine Corona-Teststelle betrieben hat. Bei den Testungen war ein Dorfladen in den Gesprächen immer und immer wieder Thema. Oft war dabei auf ihn eingeredet worden, ein solches Projekt anzugehen. Der gelernte Kaufmann für Dialog-Marketing kam ins Grübeln und machte schließlich Nägel mit Köpfen. Schließlich hatte er schon lange davon geträumt, selbstständig zu sein.

„Zum Leben muss es schon reichen“

Sechs Monate sind seit der Eröffnung inzwischen vergangen. Was Tugay Aydin heute enttäuscht: „Einige der Menschen, die damals darüber geklagt haben, dass es keinen Dorfladen mehr gibt, haben sich noch nicht ein einziges Mal hier blicken lassen. Das ist schon schade“, sagt der 28-Jährige. Denn auch, wenn er sich von Anfang an darüber im Klaren gewesen sei, mit dem Laden niemals reich werden zu können: Zum Leben müsse es schon reichen, betont er, während Kumpel Serhat Altincioglu zustimmend nickt. Er ist einer von den Menschen, die Tugay Aydin immer wieder motivieren, wenn der abendliche Blick auf den Tagesumsatz mal wieder enttäuschend war.

Die Sommermonate sind entscheidend

Entscheidend seien die Sommermonate, sagt Altincioglu. Wenn die Sonne scheint, seien die Menschen anders drauf und dann sei auch im Laden deutlich mehr los, prophezeit er. Serhat Altincioglu spricht als Sohn jener Familie, die an der Warsteiner Straße in Meschede seit Jahren erfolgreich die Aral-Tankstelle betreibt, aus Erfahrung. „Das Wetter spielt zu 70 Prozent eine Rolle. Warte es ab“, sagt er und lächelt Tugay Aydin an.

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Entsprechend setzt der 28-jährige Ramsbecker seine ganze Hoffnung auf die nun kommenden Sommermonate. Und für die hat er sich noch einmal Einiges vorgenommen: Da wird es zum einen eine Slush-Eis-Maschine und Langnese-Eis geben und es werden Tische und Stühle nach draußen gestellt, die zum Verweilen einladen sollen. Außerdem werden Obst und Gemüse dann draußen präsentiert und es wird die Außenwerbung noch mal verbessert.

Denn: Nicht wenige von Aydins Kunden sind auch sechs Monate nach der Eröffnung immer noch überrascht, was es in seinem Laden alles gibt. Es ist eben nicht nur ein Kiosk, sondern ein Kiosk und mehr - wie der Name des Ladens schon sagt. Da gibt es in der einen Ecke Getränke, Süßigkeiten und Chips - wie in einem Kiosk eben. Der weitaus größere Teil der insgesamt rund 130 Quadratmeter Verkaufsfläche ist aber ein kleiner Supermarkt: Kaffee, Tee, Öl, Milch, Eier, frische Brötchen der Bäckerei Adolph, Tiernahrung, Mehl, Nudeln, Konserven, Gewürze sowie Obst und Gemüse gibt es da ebenso wie eine Truhe mit Tiefkühlprodukten und mehrere Kühlschränke mit Joghurts, Käse, Wurst und Co.

Tugay Aydin räumt mit einem Irrglauben auf

„Das eine ist vielleicht zehn Cent teurer als woanders, dafür ist das andere zehn Cent günstiger“, räumt Tugay Aydin mit dem Irrglauben auf, dass in Dorfläden grundsätzlich alles viel teurer sei als in einem großen Supermarkt. „Das stimmt einfach nicht“, sagt er. „Dorfläden können ihre Waren zwar nicht zu Discounterpreisen anbieten. Sie verkaufen sie aber eben auch nicht zu Apothekenpreisen“, sagt Aydin.

Selbstverständlich könne man in seinem Dorfladen gern auch einen Großeinkauf machen. Auch das sei schon vorgekommen - mit Kassenzetteln über 97 Euro und mehr. Darüber freue er sich selbstverständlich sehr. Allerdings sei er mit einer solchen Erwartungshaltung nicht angetreten, betont der 28-Jährige. Seinen Laden, so sagt er, habe er von Anfang an ein stückweit als Beitrag für den Zusammenhalt im Dorf gesehen. Und so sehe er ihn immer noch.

Dankbar für Tipps von erfahrenen Ramsbeckern

Unterstützung und wertvolle Tipps bekommt Tugay Aydin dabei von einigen anderen heimischen Gewerbetreibenden des Ortes - sei es von Jan-Wilhelm Prein aus der Apotheke gegenüber, von Volker Nölke, der den Getränkehandel im Ort betreibt oder vom Ramsbecker Taxi-Unternehmer Helmut Hegener. „Dafür bin ich sehr dankbar“, sagt Tugay Aydin.

Seinen Beitrag für den Zusammenhalt im Ort hat er geleistet. Nun kommt es auf die Ramsbeckerinnen und Ramsbecker an, wie oft am Tag die Glocke der Ladentür ertönt. Je öfter, desto besser…


  • Geöffnet ist „Kiosk and more“ montags, dienstags, donnerstags und freitags von 8 bis 18 Uhr sowie mittwochs von 7 bis 18 Uhr und samstags von 8 bis 14 Uhr.
  • Für den Sommer gelte aber „open end“, sagt Tugay Aydin. Wenn er merke, dass es sich lohne, die Öffnungszeiten nach hinten zu erweitern, werde er den Laden auch länger offen lassen.