Meschede/Grevenstein. Die letzten Atomkraftwerke gehen vom Netz. Unternehmen benötigen allerdings Versorgungssicherheit: Stimmen aus dem Hochsauerlandkreis.

In Deutschland gehen am Samstag die drei letzten Atomkraftwerke vom Netz. Wirtschaftsvertreter dagegen warnen vor Engpässen – auch in der Region: Sie sehen die Regierung in der Pflicht. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck garantierte in einem Interview mit dieser Zeitung eine sichere Energieversorgung nach dem Ausstieg: „Die Energieversorgungssicherheit in Deutschland wurde in diesem schwierigen Winter gewährleistet und wird auch weiter gewährleistet sein.“

Blick auf die Firma ITH in Enste bei Meschede: Ein eigenes Windrad als mögliche Lösung? Aber was, wenn es windstill und dunkel ist?
Blick auf die Firma ITH in Enste bei Meschede: Ein eigenes Windrad als mögliche Lösung? Aber was, wenn es windstill und dunkel ist? © www.blossey.eu / FUNKE Foto Service | Hans Blossey

Jörg Hohmann, Geschäftsführer von ITH im Gewerbegebiet in Enste bei Meschede, outet sich sogar öffentlich und spricht Klartext: „Wir sind Kernkraftbefürworter. Es gibt ja nicht nur Gegner. Aber die Gegner stehen meistens in der Presse.“ Er sagt deutlich: „Langfristig halten wir es für die falsche Entscheidung, sich aus dieser Gesamttechnologie Kernkraft zu verabschieden“ – diese Entscheidung sei schon 2011 falsch gewesen, als der Ausstieg unter Kanzlerin Merkel verkündet wurde. Es sei falsch entschieden worden: „Wir sind im internationalen Markt. Es werden AKWs in China, Frankreich, Finnland und Polen gebaut. Aber die Deutschen haben keine Technologie mehr dafür, das fällt weg.“

Windstille und dunkle Tage

Hohmann bezieht den AKW-Ausstieg auch nicht auf das eigene Unternehmen: „Hier geht es um gesamtwirtschaftliche Ausrichtung.“ Reagieren könne man darauf jetzt nicht mehr. Der Unternehmer sagt aber: „Wir haben eine Stimme alle vier Jahre, dann muss man das Kreuz eben an der richtigen Stelle machen.“ Mit Lieferschwierigkeiten etwa an windstillen und dunklen Tagen als Folge des Atomausstiegs rechnet Hohmann nicht: Sie würden durch den Europäischen Stromverbund dann reguliert – aber dann eben zum Beispiel durch Strom aus tschechischen Kohlekraftwerker: „Da schaut dann keiner darauf, wie der Strom erzeugt wird.“

Über die eigenen Planungen sagt er: „Was wir machen können, das tun wir“ – Photovoltaik zum Beispiel. Jedoch: „Dann schauen Sie heraus, und es ist bewölkt. Ihren Kunden können Sie aber nicht sagen, es war halt zu wenig Sonne in diesem Monat, er könne seine Produkte nicht bekommen.“ Auch ITH würde gerne ein Windrad bauen, verweist aber auf die laufenden Probleme, diese überhaupt genehmigt zu bekommen.

Die Brauerei Veltins in Grevenstein im Stadtgebiet Meschede: Auch hier wird ein eigenes Windrad geprüft.
Die Brauerei Veltins in Grevenstein im Stadtgebiet Meschede: Auch hier wird ein eigenes Windrad geprüft. © www.blossey.eu / FUNKE Foto Service | Hans Blossey

Die Brauerei Veltins in Grevenstein habe den AKW-Ausstieg nie kommentiert, sagt Sprecher Uli Biene: „Wir können nicht über bundespolitische Entscheidungen befinden.“ Nichtsdestotrotz dürfe man die Bundesregierung nicht aus ihrer Verantwortung entlassen: Die liege jetzt darin, eine sichere Energieversorgung zu garantieren. „In kritischen Zeiten Liefersicherheit herzustellen, ist Aufgabe der Bundesregierung“, sagt Biene: Es darf nicht sein, dass wir im nächsten Herbst wieder vor Problemen wie zuletzt bei Gas und Strom stehen.“

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Ausdrücklich bekennt sich die Brauerei dazu, eigene Alternativen schaffen zu wollen: „Als mittelständisches Unternehmen wollen wir stärker selbstbestimmt sein, anders als wir es im letzten Winter erlebt haben. Das bedeutet: Eine Energieerzeugung in der Region zu haben. Da führt kein Weg dran vorbei.“ Nur so habe man eine „sichere Option“, um weiter wachsen zu können und das Unternehmen gleichzeitig in Richtung Klimaneutralität zu führen. Bei Veltins werde in Kürze Photovoltaik installiert – „das ist kurzfristig machbar“. Als weitere Optionen würden derzeit Windkraft und Biogas geprüft.