Bestwig. Der Bestwiger Gemeinderat drückt bei der Windkraft weiter aufs Tempo. Jetzt hat er weitere Tabukriterien beschlossen. Die Hintergründe.

Der Bestwiger Gemeinderat hat auf dem Weg zur achten Änderung seines Flächennutzungsplanes zusätzliche weiche Tabukriterien für die Errichtung von Windrädern beschlossen. Bürgermeister Ralf Péus sprach in diesem Zusammenhang von einem weiteren Schritt im Verfahren. Es hätten sich einige gesetzliche Veränderungen ergeben, die bereits in den Vorentwurf eingearbeitet worden seien.

Wie berichtet, hatte der Rat bereits im Dezember harte und weiche Tabukriterien beschlossen. Zudem hatte sich der Gemeindeentwicklungsausschuss in seiner letzten Sitzung mit dem LEP-Erlass (Landesentwicklungsplan) beschäftigt, in dem klar gestellt worden ist, dass für Windkraftanlagen auch Kalamitäts- und Nadelholzflächen in Anspruch genommen werden dürfen und damit nicht als Tabukriterium gewertet werden sollten.

„Dann können wir das Verfahren vergessen“

Vor diesem Hintergrund hatte der Rat nun zu entscheiden, ob als neues weiches Tabukriterium Laub- und Mischwälder aufgenommen werden sollen. „Denn auch dort gibt es - wenn auch selten - Kalamitätsflächen“, so Bestwigs Bauamtsleiter Jörg Stralka. Die Problematik sei, dass die Gemeinde zügig auf den Satzungsbeschluss hinarbeiten müsse. „Das bedeutet, dass die Rechtslage des Zeitpunktes gilt, zu dem der Rat seine abschließende Entscheidung trifft“, erläuterte Stralka.

Das wiederum könne zur Folge haben, dass immer dann, wenn ein Laub- oder Mischwald falle und damit zur Kalamitätsfläche werde, der Plan neu angepasst werden müsse. „Im schlechtesten Falle passiert so etwas nach der öffentlichen Auslegung - und dann können wir das Verfahren vergessen“, machte Stralka die Notwendigkeit des Beschlusses deutlich. Insofern sei der Vorschlag, Laub- und Mischwald - völlig unabhängig davon, ob es sich um eine Kalamitätsfläche handele - als weiches Tabukriterium aufzunehmen.

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Als zweites und drittes zusätzliches weiches Tabukriterium sollen nun auch Naturschutzgebiete mit windkraftsensiblen Arten einschließlich Nahrungshabitate sowie Horstschutzonen für windkraftsensible Arten berücksichtigt werde. Damit verbleiben laut Stralka im 6941 Hektar großen Gemeindegebiet immer noch rund 1234 Hektar Potenzialfläche für die Errichtung von Windkraftanlagen. „Das entspricht etwa 18 Prozent des Gemeindegebietes und ist gegenüber dem, was wir heute haben, eine Vervielfachung“, machte der Bauamtsleiter weiter deutlich - mit dem Verweis darauf, dass der Arnsberger Wald einen Großteil der Flächen ausmache.

Sondersitzung des Rates

Aber, auch das stellte Stralka in der Sitzung des Gemeinderates heraus: „Es bedeutet noch lange nicht, dass es bei den 18 Prozent bleibt.“ Man stehe schließlich erst ganz am Anfang des Verfahrens, in dem noch nicht einmal die frühzeitige Beteiligung erfolgt sei. In deren Rahmen werde sich mit großer Wahrscheinlichkeit herausstellen, dass es Bereiche geben werde, die für die Errichtung von Windrädern nicht in Frage kämen.

Spätestens zum 1. Februar 2024 muss der neue Flächennutzungsplan, mit dem die Gemeinde dann immerhin bis 2027 die Windkraft steuern kann, genehmigt und wirksam sein. Fraglich ist nach wie vor, ob das zu schaffen ist. „Wir versuchen das, aber wir können nicht versprechen, dass wir das hinbekommen“, betonte Stralka und sprach von einem „sehr, sehr, sehr ambitionierten Zeitplan“. Eine entscheidende Rolle spielten dabei auch die Anzahl und Inhalte der zu erwartenden Stellungnahmen. Um aufs notwendige Tempo zu drücken, wird am Ende eine Sondersitzung des Rates erforderlich sein, oder eine Sitzung des Gemeindeentwicklungsausschusses vorgezogen werden müssen.

„Wir können gar nicht anders“

SPD und CDU stimmten am Ende für die neuen Tabueinstufungen. CDU-Fraktionschef Alexander Brockhoff sprach von einer konsequenten Fortführung dessen, was zuletzt gemeinsam erarbeitet worden sei. Paul-Theo Sommer, Fraktionsvorsitzender der SPD, betonte: „Wir können gar nicht anders, als die Windkraft auszubauen. Wir sind mitten im Verfahren. Die Zeit drängt.“ Und er sei sehr gespannt, wie die jüngst von der Koalition beschlossene Planungsbeschleunigung aussehen werde. „Aktuell ist mir schleierhaft, wie das gehen soll“, so Sommer.

Auch Grünen-Fraktionschef Matthias Scheidt hält die Einführung der zusätzlichen Tabukriterien zwar grundsätzlich für sinnvoll, wie er betonte. Weil seine Fraktion zuletzt allerdings dem gesamten Konzept nicht zugestimmt hatte, stimmte sie konsequenterweise erneut dagegen.