Meschede. Der TikTok-Trend „Arschbohrer“ geht um, vor Kurzem auch an mindestens einer Mescheder Schule. Wie darauf reagiert wird und was dahinter steckt.
Aufruhr an der Schule unter dem Regenbogen in Meschede: Ein übergriffiger TikTok-Trend ist in den Klassen drei und vier der Grundschule angelangt. Der so genannte Arschbohrer verbreitet sich derzeit wie ein Lauffeuer in Schulen. Die Schule unter dem Regenbogen stellt in Aussicht, bei erneuten Vorfällen härtere Maßnahmen zu ergreifen – an Mescheder Gymnasien gab es ähnliche Vorfälle.
„Letzte Woche kam mein Enkel total aufgelöst nach Hause“, berichtet eine Oma. Er habe erzählt, dass an diesem Tag alle Dritt- und Viertklässler ins Forum zitiert worden seien. „Dort sagte man ihnen, dass dieser Streich vermehrt auf dem Schulhof aufgetreten sei.“ Eine Liste mit Namen habe es auch bereits gegeben. Eltern sind fassungslos: Wo ist ihre Information?
Meschede: Auch Schulen vor Ort haben Erfahrungen mit dem Arschbohrer
Es ist das, wonach es klingt: Schüler stecken zum Witz ihren Finger in den Po eines Kollegen (über der Kleidung). „Arschbohrer kriegt jeder!“ lautet das Prinzip. Häufig landet ein Video des Streichs in den Sozialen Medien, wird dort gefeiert. Doch auch, wenn das Ganze nur ein Witz sein soll: Es handelt sich um einen körperlichen Übergriff, mit dem nicht zu spaßen ist.
„Er wusste erst gar nicht, was das sein soll“, sagt die Oma. Die Lehrer hätten damit gedroht, dass bei einem erneuten Vorfall direkt die Eltern kontaktiert würden. Dazu sollen nun mehr Lehrer in den Pausen auf den Schulhöfen sein – zur Sicherheit. Vorher sei das Thema noch nie aufgekommen.
Fassungslosigkeit bei Eltern
Kritisiert wird die Schule von den Eltern vor allem dafür, dass sie zu spät über diese Maßnahmen in Kenntnis gesetzt worden seien. Viele Kinder würden zuhause auch nicht davon erzählen, blieben mit Fragen zurück. Unter den Eltern der Klassengemeinschaft verbreitet sich die Nachricht indes und zog eine E-Mail an die Verantwortlichen nach sich: „Ich bin absolut fassungslos! Es wäre, denke ich, angebracht, wenn die Eltern informiert werden, um mit den Kindern zu sprechen“ lauten Zeilen daraus.
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Mittlerweile ist seitens der Schule in Form eines Elternbriefes reagiert worden – es gab eine Aufklärung über den Trend und die Vorgehensweise der Schule mit dem Hinweis, mit den eigenen Kindern zu reden. „Als wir durch die OGS davon erfahren haben, haben wir zuerst direkt reagiert“, erklärt Schulleiterin Susanne Leeuw.
Wirkung gezeigt
Konkret sei es um wenige Einzelfälle gegangen, die die Lehrer schockierten. „Zunächst mussten wir überhaupt rückkoppeln, woher das kommt“, erklärt Leeuw. „Dann haben wir das Ganze im Keim erstickt und am gleichen Tag bearbeitet.“ Das habe auch Wirkung bei den Schülern gezeigt, und nachdem sich die Situation beruhigt hatte, wurden am Mittwochmorgen die Eltern informiert.
Nah an den Kindern
Es sei aus Sicht der Schule wichtig gewesen, hier direkt zu handeln – und dann in einem zweiten Schritt die Eltern zu informieren. „Diese Trends kommen ja aus dem Nichts“, so Leeuw. „Da gibt es kein Patentrezept.“ Medienerziehung werde an der Schule unter dem Regenbogen großgeschrieben, man versuche nah an den Kids zu sein und zu wissen, was auf TikTok und Co. los ist.
„Wenn es noch einmal vorkommt, müssen wir weitere Maßnahmen ergreifen und gegebenenfalls das Strafmaß erhöhen.“ Doch derzeit sei die Schule zuversichtlich, die Kinder erreicht zu haben.
Gymnasien teils betroffen
An den Mescheder Gymnasien ist der Arschbohrer nichts Neues: „Derzeit ist das kein wirkliches Thema“, erklärt Christoph Heimes, Lehrer in der Erprobungsstufe am Städtischen Gymnasium Meschede. Den Lehrern der Klassen fünf und sechs sei das Phänomen nicht einmal bekannt gewesen.
Anders sah es im vergangenen Jahr aus: Einige Schüler der sechsten Klasse verteilten den „Arschbohrer“ durchaus eine Zeit lang, wie Heimes berichtet. „Das Thema haben wir sofort ins Soziale Lernen aufgenommen – weil sich auch Kinder beschwert hatten, wurde es recht schnell thematisiert“, erklärt er. Und das Problem in den Griff zu bekommen dauerte auch nicht lang.
Klassenregeln mit Sanktionen
„Weil es sich um einen Übergriff handelt, der nicht harmlos ist, haben wir gemeinsam Regeln aufgestellt und auch Sanktionen festgelegt.“ Seitdem habe es vor Kurzem noch einmal einen „Rückfall“ gegeben, der direkt aufgearbeitet worden sei. „Wir haben damals direkt massiv eingewirkt“, sagt Heimes.
Es sei wahrscheinlich einer der Vorteile am dörflichen Leben. „Wir sind nah dran an Kindern und Eltern, die Wege sind kürzer als in großen Städten“, sagt Heimes. So seien Streiche wie diese schneller eingegrenzt. Ohnehin aber seien eher Nackenklatscher und Gehfehler die beliebteren Streiche.
Medienscouts für Jüngere
Das allgemeine Problem mit den TikTok-Challenges und -Trends sei im Gegensatz zu herkömmlichen Streichen häufig die Grenzüberschreitung und teils auch Gefahr. „Daher haben wir Medienscouts, die aufpassen, dass die Jüngeren nicht unreflektiert die Verhaltensweisen mancher TikToker nachahmen“, so Heimes.
Benediktiner ohne Vorfall
Am Gymnasium der Benediktiner sind bisher keine „Arschbohrer“-Vorfälle bekannt. Doch die Haltung dazu ist auch klar und deutlich: „Bei diesem ‘Prank’ geht es ja nicht nur um den körperlichen Übergriff, sondern auch um die damit verbundene Aufnahme, Veröffentlichung und Erniedrigung in sozialen Netzen“, so Schulleiter Deckers.
Die Hausordnung verbiete die Anfertigung von Video-, Bild- und Tonaufnahmen in der Schule, dieses werde bereits ab Klasse fünf auch unterrichtlich thematisiert und bei Zuwiderhandlung angemessen sanktioniert.
Handyverbot für Klassen fünf bis sieben
Darüber hinaus sei auch die Handynutzung im Schulvormittag für die Klassen fünf bis sieben verboten. „Würden solche Videos hier im Schulzusammenhang erstellt worden sein, würden sie vermutlich auch recht bald einmal bei Lehrerinnen oder Lehrern landen, denn viele unserer Schülerinnen und Schüler – und natürlich auch deren Eltern – haben doch ein deutlich ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden und würden möglicherweise strafbare Handlungen in der Schule auch mitteilen“, so der Schulleiter der Bennis.
An der St. Walburga Hauptschule ist das Phänomen bis dato unbekannt. Hier sei der „Arschbohrer“ laut Schulleitung nicht zum Thema geworden.
Polizei gibt Tipps zur Prävention
Damit es auch gar nicht erst so weit kommt, hat die Polizei Ratschläge zur Prävention. „Generell ist es für Eltern und Lehrer wichtig, im Austausch zu bleiben, um zu erfahren, welche Challenges gerade im Trend sind“, erklärt Pressesprecherin Laura Burmann.
Sie appelliert an die Eltern und Erwachsene, Kinder und Jugendliche zu unterstützen und sie zu ermutigen, Risiken und übergriffiges Verhalten zu erkennen und sich Hilfe zu holen. Kinder sollten darin bestärkt werden, „Nein“ zu sagen und dem Gruppendruck nicht nachzugeben. Außerdem sollten Eltern laut Polizei auch vermitteln, dass das Weiterverbreiten von gefährlichen Challenges problematisch sei. „Es kann andere zum Nachmachen anstiften.