Meschede. Es stammt aus dem 19. Jahrhundert: In Blüggelscheidt bei Meschede hat sich ein Ehepaar in ein altes Lehrerhaus verliebt. Die Geschichte.

Blüggelscheidt ist ein Ortsteil der Stadt Meschede, ungefähr sechs Kilometer südöstlich der Kernstadt. Schon 1414 und 1434 wird es urkundlich erwähnt, als Besitzung des Rittergutes der Familie von Berninghausen. Damals wurden sieben „Schatzungspflichtige“ (Abgabenpflichtige) gezählt, was darauf schließen lässt, dass es damals ebenso viele Häuser beziehungsweise Höfe zählte. 2016 zählte Blüggelscheidt 50 Einwohner; an der Einwohnerzahl hat sich demnach in den letzten 600 Jahren nicht viel geändert. Umso erstaunlicher ist es, dass wir genau hier auf ein „altes Lehrerwohnhaus“ neben einer Schule treffen. Warum gerade hier? Wann genau wurde dieses Haus gebaut? Wer lebte darin? Wie sah das Leben aus? Die heutigen Eigentümer, die Eheleute Eva und Karl-Michael Senge, teilen ihr Wissen gern mit uns.

Wann und warum wurde das Lehrerhaus gebaut?

Das Lehrerhaus und die daneben stehende Alte Schule wurden Ende des 19. Jahrhunderts erbaut. Das alte Lehrerhaus hat eine Grundfläche von 10 mal 10 Metern auf 2 Etagen und einen Dachboden. Es handelt sich um ein schmuckverschiefertes Fachwerkhaus. Der Anblick der kunstvollen Schieferverkleidung der Fassade ist in jedem Fall bemerkenswert. Um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert nahm die Bevölkerung in dieser Gegend in großem Ausmaß zu, so dass eine eigene Schule für Blüggelscheidt und die umliegenden Dörfer notwendig wurde. Beide Häuser sind für die damaligen Verhältnisse großzügig bemessen und geräumig.

Haben sich damals direkt in das Haus „verliebt“ und es bis heute nicht bereut: Eva und Karl-Michael Senge.
Haben sich damals direkt in das Haus „verliebt“ und es bis heute nicht bereut: Eva und Karl-Michael Senge. © Privat

Wie lebten die Lehrer damals?

Lehrer waren arm wie Kirchenmäuse. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts dienten die Elementarschulen als Hilfsinstrumente der kirchlichen Gemeinden. Damit war auch der Lehrplan festgelegt: Die Bibel sollte gelesen werden können, das Schreiben eher nur rudimentär und das Rechnen spielte zu Anfang überhaupt noch keine Rolle. Später sollte es gegen Extraschulgeld angeboten werden. Zwar gab es seit 1794 das preußische Allgemeine Landrecht , das alle Kinder generell zum achtjährigen Schulbesuch verpflichtete, aber zwischen Verpflichtung und Realität klaffte eine große Lücke. Schätzungen belegen, dass nur etwa die Hälfte aller Kinder in den Genuss eines regelmäßigen Schulunterrichts kam.

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Der Beruf des Lehrers war bis zum Beginn des 19. Jahrhundert nicht an ein Studium oder eine Seminarausbildung gebunden. Man lernte vom Vorgänger. Viele Lehrer übten ihren Beruf als Nebentätigkeit aus. Wegen der miserablen Bezahlung mussten sie als Küster oder Kantor ihren Lebensunterhalt aufstocken. Die räumlichen Verhältnisse waren desolat. Erst der vom Neuhumanismus beeinflusste „Entwurf eines allgemeinen Gesetzes über die Verfassung des Schulwesens im preußischen Staate“ (1817-1829) regelte das Schulwesen neu, ohne es aber auch gleich umsetzen zu können. Danach sollte das Schulwesen aus drei jeweils aufeinander aufbauenden Stufen bestehen, die jede einen eigenen Schulabschluss ermöglichte. Die Lehrerausbildung wurde gründlich erweitert und Ausbildungsseminare ausgebaut. Erst 1880 waren diese Seminare flächendeckend und die Lehrer zunehmend gut ausgebildet.

Wissen Sie, welche Räume wie genutzt wurden?

In der unteren Etage befanden sich in jedem Fall Ställe für Hühner, aber auch mindestens eine Kuh und Schweine fanden dort Platz. Natürlich lag die Küche ebenfalls in dieser Etage plus die gute Stube und eventuell auch eine Schlafkammer. Die obere Etage dürfte aus Schlafkammern bestanden haben. Ein Bad gab es nicht, eine Außentoilette, ein so genanntes Plumpsklo, wurde später angebaut.

Was bedeutet Ihnen der Denkmalschutz für Ihr Haus?

Wir haben das Lehrerwohnhaus 1989 und die Alte Schule 2013 gekauft und beide Häuser aufwendig restauriert. Das war eine gewaltige Aufgabe, die unser Leben für die folgenden Jahre maßgeblich geprägt hat. Auch heute hört die Arbeit nicht auf: Neben einer großzügigen Gartenanlage mit Pool, Teich, Hochbeeten und mehreren Sitzplätzen muss eigentlich immer noch wieder irgendwo etwas ergänzt, ausgebessert oder erneuert werden. Annika Dollberg vom Denkmalschutz Meschede ist uns dabei eine sachkenntliche und stets ansprechbare Unterstützerin. Ihre Aufgabe sieht sie darin, das Alte zu bewahren, aber auch unseren Wunsch nach individuellem Lifestyle zu berücksichtigen. Genau das haben wir 2022 mit dem Bau eines Carports in Fachwerkbauweise mit Naturschiefer erfolgreich umgesetzt. Es ist bestimmt nicht jedermanns Sache, ein traditionsreiches altes Haus zu restaurieren und dem heutigen Lebensstandard anzupassen. Wir haben uns damals direkt in dieses Haus verliebt und es bis heute nicht bereut.

>>> Weitere Informationen

Das Lehrerwohnhaus Blüggelscheidt, findet man im Stadtgebiet Meschede in Blüggelscheidt 8.

1991 wurde es unter der Nr. 91 in die Denkmalliste der Stadt Meschede eingetragen.