Meschede. Auf eigene Faust nach Vietnam, Südchina, Armenien, den Oman oder Marokko. Wie die Meschederin Mechthild Westerbarkey als Frau allein reist.
In die Sahara, nach China und Indien, in die Anden und die USA, nach Vietnam oder Armenien – und immer wieder Frankreich und Marokko - Mechthild Westerbarkey hat das Fernweh-Gen. Lange hält es sie nicht zu Hause. Doch am liebsten reist die Meschederin, die Französisch, Englisch, Spanisch und ein bisschen Italienisch und Chinesisch spricht, mit einer ihrer vier Enkeltöchter. Ihr Motto: Wenn nicht jetzt – wann dann?
Wie alles begann
„Mit neun Jahren wollte ich schon nach Japan auswandern“, erzählt die ehemalige Lehrerin für Geografie und Französisch schmunzelnd. Gerade ist sie 82 geworden, im Oman. Ihre erste Fernreise führte sie vor rund 40 Jahren nach Mexiko und Guatemala. „Dort lebte ein Bruder.“ Damals reiste sie noch mit ihrem Mann.
1992 machte sie dann ein Sabbatjahr und wollte eigentlich mit einer Freundin nach Marokko, doch die wurde krank. Also fuhr sie allein. „Ich wusste schon von Trips in den Osten von Deutschland und nach Frankreich, die ich vorher gemacht hatte, dass ich das gut kann.“ Doch vor Ort habe sie sich dann viele Geschichten ausdenken müssen. „Eine Frau reiste damals in Marokko nicht allein. Aber ich habe es genossen.“
Brenzlige Situationen
Angst habe sie kaum, sagt sie und auch auf all’ ihren Reisen keine wirklich gefährlichen Situationen erlebt. „Ich verlasse mich da auf mein Bauchgefühl.“ Natürlich sei sie bestohlen worden, mehrmals - und in den unterschiedlichsten Ländern. Und das, obwohl sie Geld, Kamera und Papiere immer in einer Bauchtasche verwahre. „Damit muss man rechnen.“
Richtig unwohl habe sie sich mal mitten in der Wüste Thar in Indien gefühlt. „Als nach einem wunderschönen Festival mit Kamelrennen am Abend plötzlich alle Frauen mit den Kindern verschwunden waren und die Männer - weil es kälter wurde – sich dicke Schals um den Kopf banden und wie Gangster aussahen!“ Furcht, entstanden aus Unkenntnis und Missverständnissen, sagt sie heute.
„Und einmal wollte ich Leprakranken Münzen geben, als mich plötzlich etwa 20 Menschen mit verstümmelten Gliedmaßen und ohne Nasen umringten.“ Obwohl sie Abstand hielten, habe sie das Geld nur noch in die Menge geworfen und sei weggelaufen. Richtig gefährlich sei es nur für sie gewesen, als sie in den Anden an der Amöben-Ruhr und einer Salmonellenvergiftung erkrankte. „Da habe ich gedacht, dass ich im Bus ganz ruhig für immer einschlafe.“
Die schönsten Erlebnisse
Zu ihren den schönsten Erinnerungen gehört die Zeit in Bolivien in einem Kinderheim in Sacaba. Mechthild Westerbarkey berichtet von vielen freundlichen Menschen, die sie überall auf der Welt angetroffen hat.
In China lebte sie zwei Wochen in einer Familie. „Ich sollte den Kindern in deren Privat-Schule Englisch beibringen. Das war allerdings nicht so einfach bei fast 60 ganz Kleinen.“ Doch fremden Kulturen so nah zu kommen, zu sehen, wie sie unter zum Teil schwierigsten Bedingungen ihr Leben meistern und trotzdem nicht unzufrieden sind, fasziniere sie. „Es ist auch erstaunlich, mit welcher Selbstverständlichkeit Kinder in anderen Kulturen auch abends einfach dazugehören“, erzählt sie.
Ansonsten könne sie sich an vielen Dingen freuen, an der klaren Baukunst der Romanik in Frankreich und den wunderschönen Kirchen in Armenien genauso wie an der Einsamkeit der Wüste oder einem lebhaften Frauenmarkt im Oman.
Vier Enkelinnen hat die Meschederin - und mit ihnen reist sie besonders gern. „Und alle reisen auch gern mit mir“, sagt sie stolz. „Es ist eine gegenseitige Bereicherung und vertieft unsere Bindung!“
Ratschläge fürs Reisen allein
Sie hat es ja selbst erlebt: Wenn man im Ausland krank wird, kann das gefährlich werden. Deshalb hat Mechthild Westerbarkey immer ausreichend Medikamente dabei. „Ich habe außerdem immer mehrere Kreditkarten, um an Geld zu kommen.“ Mittlerweile hat sie auch immer ein zweites, altes Handy dabei, denn zweimal wurde ihr blitzschnell ihr gutes gestohlen.
Ansonsten plane sie ihre Unterkünfte locker und flexibel, früher oft ein Zimmer in der Nähe des Bus-Bahnhofs am Zielort, heute über Booking.com. „In der Regel nehme ich vor Ort öffentliche Verkehrsmittel, aber wenn ich allein in ein Taxi steigen muss, mache ich schon mal so auffällig ein Foto vom Fahrzeug, dass es auch der Fahrer mitbekommt.“
Im Oman habe es nicht immer genug Taxen oder gar Nahverkehr gegeben. Darum fuhr sie dann per Anhalter. „Interessanterweise haben mich vor allem Frauen von sich aus mitgenommen. Im Oman ist niemand zu Fuß unterwegs! Jeder hat ein meist großes Auto! Und Frauen sind in diesem reichen gemäßigt muslimischen Land ziemlich frei.“
Reisen als Seniorin
Trotz ihrer 82 Jahre ist die Seniorin noch fit. „Zehn, zwölf Kilometer zu laufen am Tag, macht mir nichts aus. Es darf nur nicht zu heiß sein.“ Insgesamt sei das Reisen als Seniorin nicht schwieriger geworden. Ihr werde schneller mal geholfen, z.B. beim Gepäck. „In Indien waren die Busse meist rappelvoll. Da haben die Fahrer dann Jüngere von den Sitzen vertrieben.“
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Eine junge Frau erlebe sicher andere Herausforderungen. „Das Alter ist auch ein Schutz.“ Aber sie sei - wie viele Menschen in fremden Ländern – immer noch richtig neugierig. „Diese gegenseitige Neugier macht es leicht.“ Was sie noch sehen will? „Das kommt von allein. Da warte ich auf mein Bauchgefühl! Auf jeden Fall bald mal meine Tochter in den USA!“
Hintergrund
Am Samstag, 4. März, hält Mechthild Westerbarkey um 17 Uhr im Bürgertreff Campus einen Bildervortrag über ihre jüngste Reise in den Oman. Dort besuchte sie unter anderem ein Trainingscamp für Rennkamele, erlebte einen Frauenmarkt in Ibra und lernte das Leben in einer Großfamilie kennen.