Meschede. Wegen Untreue ist ein 43 Jahre alter Mann aus Meschede angeklagt: Er brauchte Geld - da erinnerte er sich an die Sparbücher seiner Kinder.

Dürfen Eltern an das Geld ihrer Kinder gehen? Ein Fall für das Amtsgericht in Meschede. Dort war ein Vater wegen Untreue angeklagt.

Plötzlich hat das Finanzamt eine Nachforderung

Der Handwerksmeister aus Meschede lebt von ein paar hundert Euro im Monat: Denn das meiste von seinem Lohn wird für den Unterhalt seiner zwei Kinder gepfändet. Die Frage zu seinen Personalien, ob er verheiratet sei, beantwortete der 43-Jährige erschrocken mit, „Nein, nie wieder!“ Er ist geschieden. Im Sommer kam zu seiner prekären finanziellen Situation plötzlich eine Steuernachforderung des Finanzamtes hinzu: „Aber ich hatte doch kein Geld mehr.“

Woher also nehmen? Er erinnerte sich an das Geld seiner beiden Kinder – laut Anklage hob er dann ohne Erlaubnis exakt 1489,86 Euro ab, um davon das Finanzamt bezahlen zu können.

Das Amtsgericht Meschede befasst sich mit dem Fall der Untreue durch den Vater. Am Ende wird er zu einer Geldstrafe verurteilt.
Das Amtsgericht Meschede befasst sich mit dem Fall der Untreue durch den Vater. Am Ende wird er zu einer Geldstrafe verurteilt. © Jürgen Kortmann

Die Kinder sind erst acht bzw. neun Jahre alt. Vor Gericht sagte der Mann, er habe seinen Kindern sein Problem erklärt. Die hätten dann gefragt: „Papa, was ist ein Finanzamt?“ Er habe die Sache mit der Steuer versucht, zu erklären. Ein Kind habe dann mit seinem Fernsehwissen geantwortet: „Das ist ja wie bei Prinz John!“ – er ist der beutegierige Schurke bei Robin Hood. Die Kinder hätten dann gesagt: „Papa, du kannst das Geld haben.“

Vater muss Umgang mit Geld kontrollieren

„Ich wusste nicht mehr weiter, ich hatte keine andere Wahl“, so der 43-Jährige: „Ich wusste nicht, dass das eine Straftat ist.“ Schließlich, sagte er, habe er die Konten der Kinder doch auch allein eröffnet und das Geld damals eingezahlt. Keinesfalls habe er seine Kinder „beklauen“ wollen: „Mein Lebtag nicht, ich bin doch kein Straftäter.“ Schließlich, meinte er, könnten Eltern, die verheiratet wären, doch auch immer ans Geld ihrer Kinder. Er wollte das Geld wieder zurückzahlen, wenn er wieder zahlungskräftig wäre.

>>> Lesen Sie hier: Nach Fehlern: Das wird aus umstrittenem neuen Baugebiet in Meschede <<<

Richterin Doris Kemmerich widersprach dem Mann: „Auch Eltern, die verheiratet sind, dürfen nicht über das Geld ihrer Kinder verfügen.“ Der Angeklagte beharrte: „Ich habe das Geld doch auch verdient.“ Die Richterin: „Aber das Geld war das ihrer Kinder.“ Als Vater müsse er Sorge dafür tragen, „dass mit dem Geld ihrer Kinder gut umgegangen wird“. Sie betonte auch, dass seine Kinder nicht alt genug seien, um über solche Beträge verfügen zu können.

Gemeinsames Sorgerecht beachten

Ob er denn auf die Idee gekommen wäre, fragte die Richterin, mit seiner Ex-Frau über die Geldentnahme zu sprechen? „Nein, die hätte auch Nein gesagt“, so der Angeklagte – wegen jeder Kleinigkeit sei man schließlich vor dem Familiengericht. Kemmerich erinnerte aber daran: „Sie haben das gemeinsame Sorgerecht für die Kinder: Sie müssen alles gemeinsam besprechen. Da muss man sich als Eltern darüber unterhalten.“ So erfuhr die Ex-Frau nur zufällig davon, sagte die 41-Jährige als Zeugin: Sie habe die Kontoauszüge abheften wollen, dabei sei ihr die Abbuchung aufgefallen.

Untreue wird mit einer Geldstrafe geahndet, kann aber auch eine Haftstrafe bis zu fünf Jahren nach sich ziehen. 800 Euro Strafe sollte der nicht vorbestrafte Mann zahlen, forderte die Staatsanwaltschaft. Auch sie erinnerte daran, dass Kinder unter 18 Jahren nur bedingt geschäftsfähig seien.

Richterin: Vertrauensbruch gegenüber Kindern

Im Urteil ging die Richterin über diese Forderung hinaus: Er muss jetzt 1000 Euro Strafe bezahlen, zusätzlich werden die rund 1500 Euro, die er abgehoben hatte, als Vermögensvorteil eingezogen. Auch wenn der Angeklagte nicht gewusst habe, dass er eine Veruntreuung beging: „Dieser Irrtum kann nicht zu einer Straffreiheit führen.“ Sie sprach von einem Vertrauensbruch gegenüber den Kindern.

Die Richterin unterstrich: Eltern müssten, unabhängig davon, ob sie zusammenlebten oder geschieden seien, gemeinsam über ihre Kinder entscheiden. Und man müsse es dann auch hinnehmen, wenn ein Elternteil anderer Meinung sei – „Man kann nicht einfach so sagen: Ich stimme jetzt für meine Kinder zur Begleichung meiner Schulden.“