Bestwig. Hüseyin Yusuf, Inhaber des Dönergrills Haci Baba in Bestwig, hilft kurzentschlossen selbst im Erdbebengebiet in der Türkei - seine Erfahrungen.

Er hat die Bilder von dem schrecklichen Erdbeben in der Türkei wieder und wieder gesehen. Dann aber wollte er handeln: „Irgendwann habe ich gesagt: Ich halte das nicht mehr aus, ich fahre da jetzt runter.“ Er setzte das um: Seit dem Wochenende hilft Hüseyin Yusuf in der Katastrophenregion.

Waren dorthin bringen, wo sie gebraucht werden

Hüseyin Yusuf, Inhaber des Dönergrills Haci Baba in Bestwig, sammelte im Vorfeld Geld, legte eigenes Geld dazu – und flog dann mit rund 8000 Euro in die Türkei.

So erlebt Hüseyin Yusuf das Erdbebengebiet: Mehrstöckige Gebäude neigten sich einfach zur Seite.
So erlebt Hüseyin Yusuf das Erdbebengebiet: Mehrstöckige Gebäude neigten sich einfach zur Seite. © Privat

Seine Idee: Waren vor Ort einzukaufen und sie dann direkt dorthin zu bringen, wo sie gerade benötigt werden. Seine Ausgangsbasis ist die Stadt Adana. Selbst unmittelbar betroffen ist er nicht von dem gigantischen Unglück: Seine Familie kommt nicht aus Katastrophenregion, er hat auch dort keine Verwandtschaft – „ich wollte einfach nur helfen und unterstützen“.

In Adana hat sich der Bestwiger mit Bekannten zusammengetan. Mit zwei Autos fahren sie in die zerstörten Städte der Umgebung, nach Nurdagi, Pazarcik, Kahramanmaras, Iskenderun, nach Hatay. Die Autos werden von ihnen beladen etwa mit Windeln, Schnuller und Babyflaschen, Feuchttüchern, Zahnbürsten, Öl, Süßigkeiten für Kinder, Tee, Zucker – alles für die Grundbedürfnisse: „Wir fahren dann von Stadt zu Stadt. Wir fragen an den Stellen nach, was wo genau benötigt wird.“

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Sie bleiben aber in den Städten: „An die Dörfer traut sich keiner, auch wir nicht: Wir hören, dass da Autos angehalten und überfallen werden.“ Aus den Dörfern habe er gehört, dass dort zwar viele Häuser beschädigt seien, aber anders als den Städten seien sie dort nicht eingestürzt.

Überall schreckliche Verwüstungen

Die Eindrücke unterwegs sind bedrückend. In der Stadt Nurdagi etwa sind die meisten Häuser eingestürzt: „Wir haben kein Gebäude gesehen, das keinen Schaden hat. Das ist ein Wahnsinn.

>>> Video: Hüseyin Yusuf live vor Ort <<<

Bilder von unterwegs, die Hüseyin Yusuf auf dem Weg von einem Einsatz macht, zeigen das ganze Ausmaß der Verwüstungen.
Bilder von unterwegs, die Hüseyin Yusuf auf dem Weg von einem Einsatz macht, zeigen das ganze Ausmaß der Verwüstungen. © Privat

Eigentlich muss man die ganze Stadt wieder aufbauen.“ In Hatay sieht er eine Fläche mit 50 Blockhäusern – alle vernichtet. Es sind schreckliche Verwüstungen: „Es ist fürchterlich. Fotos geben nicht wieder, was man hier sieht. Ich habe ein zerstörtes Gebäude fotografiert, das quer stand. Aber das Foto zeigt nicht das, was ich mit dem Auge gesehen habe.“

Inzwischen wird mit Aufräumarbeiten begonnen. Das aber bedeutet auch, weiß der Bestwiger Geschäftsmann:

Wohin man schaut: Gespenstische Szenen in der Erdbebenregion.
Wohin man schaut: Gespenstische Szenen in der Erdbebenregion. © Privat

„Wenn die Bagger an einer Stelle anfangen, dann heißt das, dort gibt es keine Hoffnung mehr auf Überlebende.“ Hüseyin Yusuf wollte eigentlich auch handfest anpacken, körperlich arbeiten bei den Rettungsarbeiten. Er war auch auf eingestürzten Gebäuden. Mittlerweile sei dort überall Verwesungsgeruch – „es ist entsetzlich“. Und er weiß Inzwischen auch: „Hier sind so viele Menschen, die behilflich sein wollen. Aber es ist zu gefährlich. Die Behörden lassen die nicht an die Gebäude heran: Wenn man einen falschen Stein bewegt, dann kann es sein, dass ganze andere Bereiche abrutschen.“ Er hat auch Fürchterliches mitbekommen: „Da sind auch Drecksleute dabei. Die tun so, als sie helfen wollen, rauben aber die Leichen aus.“

Spenden weiterhin möglich

Inzwischen seien auch viele Hilfsgüter in der Erdbebenregion angekommen.

Hier werden Hilfsgüter von Hüseyin Yusuf und seinen Begleitern verladen, die dann in zerstörten Gebieten verteilt werden.
Hier werden Hilfsgüter von Hüseyin Yusuf und seinen Begleitern verladen, die dann in zerstörten Gebieten verteilt werden. © Privat

Yusuf hält mit seinen Begleitern an seinem Ziel fest: „Individuell fehlen Dinge. Wir versuchen, wie es in unserer Macht steht, herauszufinden, was wo fehlt und das dann gezielt zu kaufen und dorthin zu bringen.“ Überhaupt würden die Behörden gut helfen: Er beobachtete das auf einer Autobahn, wo er sich über Erdhaufen wunderte – Yusuf erfuhr dann, dass sie bei dem Erdbeben beschädigt worden sei und danach sofort mit den Reparaturen begonnen wurde.

Wie lange er noch in der Katastrophenregion bleibt, weiß er noch nicht: „Wenn das Geld zu Ende ist und der körperliche Einsatz keinen Sinn mehr macht, dann komme ich zurück.“ Spenden kann man weiterhin auf sein Hilfskonto unter Hüseyin Yusuf, IBAN DE 53 4645 1012 0000 6783 83, Stichwort „Erdbebenhilfe“ oder per Paypal: hueso-yusuf@hotmail.de