Bestwig. Der Bestwiger Verein Kultur pur wird sich in diesem Jahr ein stückweit neu erfinden müssen. Der Grund ist nicht nur Corona. Die Hintergründe.
Der Bestwiger Verein Kultur pur wird das Jahr 2023 nutzen, um sich ein stückweit neu zu erfinden. Denn die Zeiten haben sich geändert - und daran hat keineswegs nur Corona Schuld. Bereits mit Herbert Knebel und seinem Affentheater ist der Verein von der Schützenhalle in den Bürgersaal des Rathauses umgezogen (wir berichteten), weil der Vorverkauf, anders als in den Vorjahren, kein Selbstläufer mehr war. Mehr als 700 Besucher hatte Knebel in der Vergangenheit in die stets ausverkaufte Schützenhalle gelockt. Weil es diesmal absehbar auf maximal 500 Besucher hinausgelaufen wäre, hatte der Verein aus Kostengründen entschieden, die Veranstaltung in den Bürgersaal des Rathauses zu verlegen.
Mit 400 verkauften Karten wird der Saal nun voll sein. Und die Freude darüber ist beim Verein deutlich größer, als der Frust darüber, dass Knebel nicht die gewohnten Massen lockt wie in den vergangenen Jahren, sagt Vorsitzender Jan Frigger. Er gehe davon aus, dass durch den Umzug für den Verein als Veranstalter unterm Strich zumindest eine schwarze Zahl herauskommen wird.
Halbierung der Besucherzahlen
Auch bei Christian Ehring und Jürgen Becker war der Vorverkauf eher schleppend verlaufen. An beiden Abenden verzeichnete der Verein etwa eine Halbierung der gewohnten Besucherzahlen. Ja, das möge zum einen an der Vorsicht der Besucher liegen, die sich wegen Corona immer noch scheuen, sich in einen vollbesetzen Saal zu setzen, sagt Schriftführer und Pressewart Uli Bock. „Aber das ist es eben nicht nur“, weiß er aus langjähriger Erfahrung. Solche Veranstaltungen seien einfach keine Selbstläufer mehr. Ältere Künstler wie Jürgen Becker, Herbert Knebel und Wilfried Schmickler seien inzwischen eher so etwas wie Auslaufmodelle.
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„Und deutlich jüngere Künstler zu finden, ist gar nicht so einfach“, betont Bock. Denn sie setzen vermehrt auf Auftritte im Fernsehen, streamen im Internet oder nutzen andere digitale Wege, um ihr Publikum zu erreichen. Auch sie spielen zwar noch live. „Allerdinges besteht die Tour dann nur aus 50 Terminen statt rund 100 wie bei einem Jürgen Becker“, sagt Bock. Und die fänden dann meistens in den großen Städten statt. Hier als kleiner Veranstalter dazwischen zu kommen sei nicht einfach. Zumal die Agenturen nicht selten auch recht genaue Vorstellungen haben, was die Größe des Veranstaltungssaals angehe. „Einen Saal mit geforderten 900 oder 1000 Plätzen können wir nicht bieten“, macht Bock deutlich. Und selbst, wenn vom geforderten Platz her die Velmeder Schützenhalle ausreichen würde, könne es auf eine Absage hinauslaufen, weil es sich eben um eine Schützenhalle handele, in der nicht alle Künstler auftreten wollen.
Kleine Verschnaufpause in 2023
Daher möge man dem Verein 2023 eine kleine Verschnaufpause gönnen, um sich in Ruhe für die Zukunft aufzustellen und sich ein stückweit neu zu erfinden. Zumal man in der zurückliegenden Corona-Zeit für 2023 bewusst nicht wie wild drauf los gebucht habe, weil völlig unklar war, wann die Normalität halbwegs wieder hergestellt sein wird.
Auch in den zurückliegenden Jahrzehnten habe es immer wieder Phasen der Veränderung geben, sagt Uli Bock und ist optimistisch: „2024 sind wir wieder voll da!“ Dann aber eben mit einem veränderten Konzept. Darüber, wie es aussehen könnte, werde man sich auch bei der in Kürze anstehenden Jahreshauptversammlung intensive Gedanken machen. Die Umstände und Voraussetzungen, neue Wege zu beschreiten, seien jedenfalls sehr gut, sagt Bock. Zum einen sei man in der glücklichen Lage Veranstaltungsorte in verschiedenen Größen zur Verfügung zu haben - sei es die Schützenhalle, die Sparkasse, der Bürgersaal im Rathaus oder die Maschinenhalle des Bergbaumuseums in Ramsbeck.
Finanziell recht gute Voraussetzungen
Zudem habe man mit der Sparkasse als Sponsor und rund 200 zahlenden Mitgliedern auch finanziell recht gute Voraussetzungen. Ziel von Kultur Pur sei es seit jeher gewesen, Qualität zu bieten und nicht unbedingt große Massen zu begeistern, sagt Jan Frigger und ergänzt: „Uns wird da schon was einfallen, wir sind eine kreative Gruppe.“ Gleichzeitig ruft er - vor allem junge Menschen auf - sich im Verein zu engagieren. Wer Interesse habe, das kulturelle Leben in Bestwig mitzugestalten, sei jederzeit herzlich willkommen.
Termine in diesem Jahr
Trotz der kreativen Verschnaufpause wird es auch 2023 selbstverständlich keineswegs komplett still um den Verein: Nach Herbert Knebel und seinem Affentheater, wird am 4. März René Sydow in Bestwig gastieren. Für den 8. September steht bereits Tobias Mann im Kalender und am 28. Oktober wird es in der Velmeder Andreas-Kirche ein Gospel-Mitmachkonzert geben. Außerdem sei für den Herbst ein Kindertheater geplant. Damit stehen fünf Veranstaltungen bereits fest. Und es sei sicherlich nicht auszuschließen, dass noch die eine oder andere Veranstaltung hinzukommen werde, betont Uli Bock.