Bestwig. Wenn die Feuerwehr Bestwig mit eingeschaltetem Blaulicht ausrückt, wird es ernst. Peter Patzek ist einer der Kameraden, der oft am Steuer sitzt.

Es ist nur ein kleines unscheinbares Rechteck auf dem Touchscreen, der hinter der riesigen Windschutzscheibe des großen Feuerwehrfahrzeugs hängt. Unscheinbar und doch so wichtig! Eine leichte Berührung mit dem Finger reicht aus und auf dem Dach des schweren Fahrzeugs erhellen die Blaulichter die Nacht.

Peter Patzek ist einer der Feuerwehrkameraden aus dem Löschzug Velmede-Bestwig, der die Blaulichter schon mehr als einmal eingeschaltet hat. Gern macht das niemand der Kameraden. Denn immer dann, wenn die Rundumleuchten auf dem Dach eingeschaltet sind, ist es ernst. Dann kommt es häufig auf jede Minute an, weil es irgendwo brennt oder es auf der Straße gekracht hat.

So träge wie jeder andere Lkw

„So ein Feuerwehrauto fährt ja nicht doppelt so schnell, nur weil es oben drauf ein blaues Licht hat“, sagt Peter Patzek. Durch sein tonnenschweres Gewicht sei ein Feuerwehrfahrzeug genau so träge, wie jeder andere Lkw auch. Peter Patzek spricht da aus Erfahrung, denn hauptberuflich ist er als Berufskraftfahrer für die Firma Middel Büroeinrichtung unter anderem in ganz Deutschland und in den Beneluxstaaten unterwegs. Auch in seinem Job hat er es manchmal eilig. Aber eben nie so eilig, wie bei Einsatzfahrten für die Feuerwehr.

Über einen Touchscreen wird das Blaulicht eingeschaltet.
Über einen Touchscreen wird das Blaulicht eingeschaltet. © Frank Selter

Es gibt Einsatzstichworte, da steigt der Adrenalinpegel im Blut eines jeden Feuerwehrmannes ganz besonders - immer dann, wenn es in der Meldung der Leitstelle heißt „Menschenleben in Gefahr“. Und das kommt gar nicht mal so selten vor. Ein Freifahrtschein, um zur Einsatzstelle zu rasen, ist das Blaulicht aber auch in solchen Fällen nicht - auch dann nicht, wenn zusätzlich das Martinshorn eingeschaltet ist.

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Wenn die Sirene ertönt und das blaue Licht aufflackert, wissen alle im Straßenverkehr Bescheid: Langsam fahren und Platz machen! „Das klappt eigentlich in der Regel auch ganz gut“, sagt Peter Patzek. Dennoch komme es hin und wieder vor, dass Verkehrsteilnehmer durch das Blaulicht verunsichert seien. Statt rechts ran zu fahren, bremsen sie einfach ab und bleiben stehen. Oder schlimmer noch: Sie wenden. „Mit so etwas musst du immer rechnen“, sagt Peter Patzek. „Das Blaulicht auf dem Dach entbindet dich als Feuerwehrmann nicht von der Verpflichtung, vorausschauend und verantwortungsbewusst zu fahren“, sagt der 37-Jährige. Im Gegenteil: Weil man durch Blaulicht und Sirene erst Recht auf die Unberechenbarkeit anderer Verkehrsteilnehmer eingestellt sein müsse, sei hier eine besonders große Aufmerksamkeit gefragt.

Gruppenführer als Beifahrer

Der Beifahrer kann - anders als in Patzkeks Job - nicht immer den Straßenverkehr im Blick behalten. Denn auf dem Beifahrersitz sitzt während einer Einsatzfahrt grundsätzlich der Gruppenführer. Und der hat in aller Regel keine Zeit, aufmerksam aus dem Fenster zu schauen und bei drohenden Gefahren zu warnen. „Natürlich guckt er mit, wenn es gerade passt“, sagt Peter Patzek. Das sei aber eben nicht immer der Fall, weil der Gruppenführer auf dem Weg zum Einsatz auf den Funk achtet und oftmals bereits erste einsatztaktische Anweisungen gibt.

Ausgerüstet mit Abbiegeassistenten

Immerhin: Seit einiger Zeit sind sämtliche Feuerwehrfahrzeuge in der Gemeinde mit Abbiegeassistenten ausgerüstet, um die Fahrer zu unterstützen und so für mehr Sicherheit zu sorgen. Sie überwachen die seitlichen Bereiche des Fahrzeugs mit einem Kamera- und Radarsystem. Insbesondere beim Abbiegen wird das Gefahrenpotenzial auf diese Weise deutlich reduziert. Wenn sich zum Beispiel Fahrradfahrer oder Fußgänger nähern, die sich im „toten Winkel“ des schweren Feuerwehrfahrzeugs befinden, gibt das System dem Fahrer über einen Monitor visuelle und zusätzliche akustische Signale – und eröffnet damit die Chance, rechtzeitig zu bremsen.

Das Blaulicht von Feuerwehr, Polizei und Rettungsdienst ist nicht ohne Grund blau.
Das Blaulicht von Feuerwehr, Polizei und Rettungsdienst ist nicht ohne Grund blau. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Peter Patzeks erste Blaulichtfahrt führte ihn damals mit dem Löschzug Velmede-Bestwig zu einem Brand nach Andreasberg. Großartig darauf vorbereiten konnte er sich sich. „Ich war bei dem Einsatz damals der einzige mit einem Klasse-2-Führerschein im Gerätehaus. Also musste ich ran“, sagt Peter Patzek und lacht.

Keine brenzligen Situationen

Wie viele Blaulichtfahrten er seitdem gemacht, hat er nicht gezählt. „Das ist aber auch nicht entscheidend“, sagt er. Viel entscheidender sei es, dass bei all den Fahrten bislang nichts passiert sei und es keine wirklich brenzligen Situationen gegeben habe. „Die Sicherheit geht immer vor“, sagt Peter Patzek. Das gelte auf dem Weg zum Einsatz genau so, wie auch beim Einsatz selbst.

Ebenso wie alle anderen Kameradinnen und Kameraden der Bestwiger Feuerwehr, hofft auch Peter Patzek darauf, an den bevorstehenden Weihnachtstagen den Blaulicht-Button auf dem Touchscreen nicht betätigen zu müssen. In den vergangenen Jahren sei es glücklicherweise immer recht ruhig gewesen. Das dürfe gern weiterhin so bleiben!

Einsatz am Heiligen Abend

Einen ganz besonderen Weihnachtseinsatz hat man in den Reihen der Wehr derweil auch nach rund 20 Jahren nicht vergessen. Damals war am Morgen des 24. Dezembers oberhalb von Ramsbeck ein Hotel in Flammen aufgegangen. Die Löscharbeiten zogen sich bis weit in den späten Nachmittag des Heiligen Abends. So weit, dass manch einer der Kameraden zu spät zur Bescherung gekommen ist.

  • Dass die Rundumleuchten auf Einsatzfahrzeugen von Feuerwehr, Rettungsdienst und Polizei blau sind, ist keineswegs ein Zufall. Im Straßenverkehr leuchten die Lichter der Ampeln grün, gelb und rot. Die Lichter von Fahrzeugen leuchten ebenfalls gelb und rot sowie weiß - und auch die Warnleuchten in Baustellen blinken gelb. Die Farbe Blau hingegen sucht man im Straßenverkehr vergebens - damit ist das Warnsignal der Einsatzfahrzeuge unverwechselbar. Damit das so bleibt, droht Verkehrsteilnehmern, die verbotenerweise mit einem Blaulicht unterwegs sind, mindestens eine Geldbuße von 20 Euro. Im schwersten Fall kann eine hohe Geldstrafe oder gar eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren folgen.
  • In Paragraf 38 Absatz 1 der Straßenverkehrsordnung ist geregelt, in welchen Fällen ein Blaulicht zusammen mit einem Martinshorn genutzt werden darf. Das ist nur der Fall, wenn Menschenleben in Gefahr sind, schwere Gesundheitsschäden oder große Sachschäden drohen, bzw. wenn die öffentliche Ordnung gefährdet ist. Auch flüchtige Personen dürfen mit Blaulicht und Einsatzhorn verfolgt werden.