Meschede. Im August 2023 werden im HSK sehr viele Kinder eingeschult. Das sollten Eltern über die Schuleingangsuntersuchungen des Gesundheitsamts wissen.
Ein geburtenstarker Jahrgang wird im August 2023 eingeschult. 2505 Kinder (Stand 16. November) sind das im Hochsauerlandkreis. Die Schuluntersuchungen beim Gesundheitsamt in Meschede für alle Vorschüler haben bereits begonnen. Aber wer ist wann an der Reihe? Und was muss mein Kind schon können? Das erklären Koordinatorin Stefanie Diehl und Kinderärztin Heba Awwad im Interview.
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In welchem Zeitraum finden die Schuleingangsuntersuchungen statt?
Stefanie Diehl: Wir haben bereits am 1. September begonnen und enden voraussichtlich Mitte Juni kommenden Jahres.
Wenn ein Kind im Juni untersucht wird und im August eingeschult werden soll, ist es dann nicht zu spät, auf Defizite zu reagieren?
Stefanie Diehl: Wir haben in diesem Jahrgang so viele Einschüler, dass wir die Zeit bis dahin einfach benötigen. Der Jahrgang ist generell stark, hinzu kommen aber auch etliche Flüchtlingskinder. Es wäre natürlich wünschenswert, dass wir alle Einschüler bis Januar/Februar gesehen haben, aber das ist leider zeitlich nicht machbar. Eltern haben aber immer die Möglichkeit, sich direkt mit uns in Verbindung zu setzen, wenn sie Sorge haben und nicht wissen, ob ihr Kind schulreif ist. Und auch wenn die Schulspiele stattgefunden haben und Defizite aufgefallen sind, melden sich die Schulen bei uns. Auch dann können wir diese Kinder vorziehen.
In welcher Reihenfolge werden Familien angeschrieben?
Stefanie Diehl: So lange es noch keine Schullisten gibt, gehen wir nach dem Alter vor. Wir beginnen mit den ältesten Kindern, die Jüngsten des Jahrgangs sind im September ja erst vier. Die Anmeldungen an den Schulen haben kürzlich stattgefunden – sobald wir die Anmeldelisten haben, laden wir nach Schulen ein. Die Erfahrung hat gezeigt, dass das Sinn macht, da Eltern sich so austauschen können und wissen, dass jetzt ihre Schule an der Reihe ist, wenn die ersten Einladungen raus sind.
Warum ist eine Einschulungsuntersuchung überhaupt notwendig, wenn bis dahin alle Regeluntersuchungen beim Kinderarzt stattgefunden haben?
Stefanie Diehl: Vorweg geschickt, die Schuleingangsuntersuchung ist vom Gesetzgeber verpflichtend, im Gegensatz zur Kindergarten-Reihenuntersuchung der Vierjährigen, die freiwillig ist. Sie ist die einzige Möglichkeit, einen ganzen Jahrgang zu sehen und nach einem Standard zu untersuchen. Dabei kann man viele wertvolle Daten sammeln.
Heba Awwad: Für die meisten ist es nur eine zweite Kontrolle, alles ist gut und die Kinder werden eingeschult. Manche Kinder haben aber noch Förderbedarf – um die geht es uns. Wir planen ausreichend Zeit für die Beratung der Eltern ein und geben eine Empfehlung, welche Fördermöglichkeiten noch ausgeschöpft werden können. Ob Kinder sonderpädagogischen Förderbedarf haben, ob vielleicht sogar eine Förderschule in Frage kommt oder ob integrative Helfer zur Seite gestellt werden. Das wird nicht alles beim Kinderarzt besprochen. Es geht darum, auch diesen Kindern einen guten Schulstart zu ermöglichen. Enorm wichtig ist dabei immer, frühzeitig etwas zu unternehmen und mit Fachleuten zu sprechen. Eltern sollten keine Hemmungen haben, wenn ihr Kind Defizite hat.
Worauf wird bei der Schuluntersuchung geachtet?
Heba Awwad: Es geht um die Fein- und Grobmotorik, um den Sprachgebrauch, wir machen aber auch einen Hör- und Sehtest. Immer wieder kommt es vor, dass bei uns auffällt, dass Kinder schlecht hören oder sehen. Ein weiteres Thema sind Verhaltensauffälligkeiten, zum Beispiel, wenn Kinder sich sehr leicht ablenken lassen. Bei Kindern mit Migrationshintergrund, die vielleicht auch keinen Kindergarten besucht haben, überlegen wir gemeinsam mit den Eltern, wie man das Kind in den kommenden Jahren fördern kann.
Müssen bzw. dürfen Eltern im Vorfeld mit ihrem Kind für die Schuleingangsuntersuchung üben?
Stefanie Diehl: Generell sollten Eltern immer Neues mit ihren Kindern üben, aber nicht gezielt für die Untersuchung. Das ist keine Prüfung. Die Kinder sollen ganz ungezwungen zu uns kommen und zeigen was sie können.
Heba Awwad: Das findet im Idealfall ja spielerisch im Alltag statt, dass Eltern mit ihren Kindern zum Beispiel beim Spaziergang das Zählen oder die Farben üben. Kinder merken dann gar nicht, dass sie lernen.
Welche Defizite fallen allgemein auf, die es früher so nicht gab? Und woran liegt das?
Der starke Medienkonsum ist der Grund für einige Defizite. Wir stellen von Jahr zu Jahr eine Verschlechterung fest. So wird die Konzentrationsspanne der Kinder zum Beispiel immer kürzer und auch die Feinmotorik wird schlechter, da Kinder weniger Lego bauen, puzzeln usw. Die Kreativität lässt nach, Verhaltensauffälligkeiten nehmen zu, Kinder sind weniger beweglich und immer häufiger übergewichtig. Manchen Kindern fällt es zum Beispiel schwer zu hüpfen. Insgesamt 30 Minuten Medienkonsum - sprich Handy, Fernsehen, Tablet und Computer zusammen - sind für einen Vorschüler vertretbar. Mehr ist nicht zu empfehlen. Kinder bis zwei Jahre sollten gar keinen Medienkonsum haben.
Die Einschulungsuntersuchung dauert etwa eine Stunde.
Eltern werden mit drei, vier Wochen Vorlaufzeit angeschrieben. Sollte ein Termin spontan frei werden, kann man auch kurzfristig eingeladen werden.
In dringenden Ausnahmefällen, wenn ein Kind krank ist oder aus beruflichen Gründen, kann ein Termin verschoben werden. Bei beruflichen Gründen bitte so rechtzeitig absagen, dass der Termin nachbesetzt werden kann.
Da die Untersuchungen nach dem Schulgesetz verpflichtend sind, können bei Nichterscheinen Geldbußen festgesetzt werden.
Geschwisterkinder sollten nur in Ausnahmefällen mitgebracht werden, da eine ruhige Atmosphäre von Vorteil ist.