Meschede. Jede Woche fallen zwei Menschen im HSK auf den Hallo-Mama-Betrug per WhatsApp herein. Eine Opfer kommt aus Meschede. Das ist seine Geschichte.

„Hallo Mama, ich habe eine neue Telefonnummer.“ So oder ähnlich beginnen die Nachrichten via SMS oder WhatsApp, auf die in den vergangenen Wochen immer mehr Menschen hereingefallen sind. Pro Woche kommen im Hochsauerlandkreis zwei neue Opfer hinzu, so die Polizei. Die Anzahl der Betrugsversuche liegt weitaus höher. Viele würden gar nicht erst an die Polizei weitergeleitet.

Hohe Geldbeträge

Die Opfer verlieren hohe Geldbeträge und den Glauben an die Menschheit. So wie die 83-Jährige aus Meschede, die uns ihre Geschichte erzählt hat. „Ich bin angeschlagen“, sagt sie am Telefon. Die ganze Sache stecke ihr noch in den Knochen. Bis vor wenigen Tagen war sie noch so stolz gewesen, dass sie per WhatsApp mit ihren Enkeln schreibe und ihre Bankgeschäfte online anweise. Ihre Enkelin habe ihr alles beigebracht. „Oma, Du kannst das“, hatte sie gesagt.

Hier ist ein Teil des Chat-Verlaufs zu sehen - so perfide gehen die Täter vor.
Hier ist ein Teil des Chat-Verlaufs zu sehen - so perfide gehen die Täter vor. © WP | Ilka Trudewind

Und dann kam diese Nachricht, die ebenfalls mit „Hallo Mama“ begann. Die Betrüger täuschten die Identität einer Tochter vor und baten im Verlauf des Chats um die Begleichung einer offenen Rechnung via Online-Banking. Die Begründung: Dadurch, dass das eigene Handy weg sei, könne man keine Online-Überweisung mehr tätigen. Die 83-Jährige sprang also in die Bresche, fühlte sich gut dabei, ihrer Tochter helfen zu können, und sagte niemandem etwas, weil sie das Gefühl hatte, ihre Tochter wolle die Überweisung lieber nicht an die große Glocke hängen. Auch diese emotionale Verstrickung ist Teil der Masche.

„Die Täter treten professionell auf und wirken, als seien sie psychologisch geschult“, berichtet Volker Stracke, Pressesprecher der HSK-Polizei. Die Handynummern, die sie nutzen, sind nur vorgetäuscht, und über ein so genanntes Spoofing-Tool generiert. Die Konten, auf die die Opfer ihr Geld überweisen, sind entweder mit gestohlenen Identitäten eröffnet worden. Oder es handelt sich um Konten in Ländern, mit denen Deutschland kein Auskunftsabkommen habe und/oder bei geringen Summen gar nicht erst tätig werde. Oder aber es sind Online-Konten, die Arbeitgeber für ihre neuen Angestellten abschließen, um das Konto dann zur Geldwäsche zu nutzen. „Die Kontoinhaber bekommen davon meistens gar nichts mit“, so Stracke.

Nicht innerhalb der EU

Über die Täter dieser WhatsApp-Masche ist wenig bekannt. Die Polizei geht davon aus, dass sie sich nicht im europäischen Ausland befinden. Eine Tätergruppe der ähnlichen „Falscher-Polizist“-Masche wurde beispielsweise in der Türkei überführt, so Stracke. Der Pressesprecher schreibt pro Woche mehrere Pressemitteilungen, in denen er vor dem Betrug via Messenger warnt. „Die Opfer sind alle älter als 60 Jahre alt“, so Stracke. Deshalb seien auch die Kinder gefordert, ihre Eltern zu warnen. Sein erster Tipp lautet: „Nehmen Sie sofort Kontakt über die altbekannte Nummer mit Ihren Familienangehörigen auf. Dann klärt sich alles schnell auf.“

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Hätten die Täter angerufen, wäre sie niemals darauf reingefallen. Da ist sich die Meschederin sicher. Denn all’ die Enkeltricks per Festnetz sind ihr bekannt. Dass die Kriminellen aber auch per WhatsApp kommen, auf die App, die ihr sonst auch die schönen Fotos der Urenkel zeigt, erschüttert sie. „Ich habe zwei Mal Geld überwiesen“, sagt die 83-Jährige und kann ihre Arglosigkeit im Nachhinein nicht glauben. Nach der zweiten Überweisung liest die Seniorin in der Zeitung von dem Hallo-Mama-Betrug. „Erst da wurde mir klar, dass auch ich darauf reingefallen bin.“ Sie meldete sich bei ihren Töchtern und bekam die traurige Bestätigung. SIM-Karte und Konten wurden gesperrt, die Handynummer blockiert, aber die vierstellige Summe ist für immer verloren.

Viel schlimmer sei jedoch der Schock. „Wenn ich darüber spreche wird mir elend“, sagt die 83-Jährige. Und dennoch erzählt sie ihre Geschichte. „Ich möchte andere wachrütteln. Fallt nicht darauf rein wie ich“, warnt sie.

>>> Hinweise der Polizei

Fragen Sie in einem solchen Fall persönlich bei Ihrer/ Ihrem Angehörigen unter der bekannten Nummer nach.

Nehmen Sie keine fremde Nummer sofort als Kontakt im Adressbuch auf.

Sobald Sie über Messenger-Dienste zu Geldzahlungen aufgefordert werden, seien Sie misstrauisch und unterbrechen die Kommunikation sofort. Wenn Sie bereits Opfer geworden sind: Erstatten Sie immer Strafanzeige.

>>> Wie Geld noch gerettet werden kann

Melden Sie sich sofort bei der Bank, um eventuell getätigte Geldflüsse anzuhalten oder rückgängig zu machen.

Über die Möglichkeiten das Geld zu retten, hatte die Sparkasse Mitten im Sauerland kürzlich folgendes mitgeteilt: Um sein Geld zu retten, zählt vor allem eins: Schnelligkeit! Sparkassen-Sprecherin Simone Rohde erklärt den technischen Hintergrund: „Grundsätzlich läuft eine Überweisung im Online-Banking folgendermaßen ab: Nach der Freigabe der Zahlung wird ein Datensatz an die Empfängerbank gesendet. Erfolgt unmittelbar nach Ausführung der Überweisung ein Rückruf, wird ein elektronischer Impuls (der so genannte Recall) dem Gutschriftdatensatz hinterhergeschickt. Wenn dieser elektronische Recall-Impuls im gleichen Clearinglauf wie die Überweisung stattfindet, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass der Betrag dem Konto umgehend wieder gutgeschrieben wird. Die Clearingläufe finden täglich in einem halbstündigen Rhythmus statt, zur vollen und halben Stunde. Der Rückrufversuch kann direkt im Onlinebanking gestartet werden oder über unser Kundenservicecenter in Auftrag gegeben werden.“