Wennemen. Der Einzelhandel leidet unter vielen Krisen. Wie Josef und Tanja Meier von Meiers Dorfladen in Wennemen die Krise meistern wollen.

Eigentlich wollte Josef Meier immer arbeiten, solange er laufen kann. Der Dorfladen in Meschede-Wennemen ist sein Leben. Im Jahr 1932 von den Großeltern gegründet, hat er jetzt noch einen Kassenzettel aus dem Jahr 1943 gefunden „Spare mit Elektrizität“, steht darauf. Eins von vielen Themen, die ihn und seine Frau Tanja auch heute beschäftigen. „Die Zukunft ist schwer planbar“, sagen beide.

Mit Sparmaßnahmen versuchen Josef und Tanja Meier „Meier’s Dorfladen“ über die Krise zu führen.
Mit Sparmaßnahmen versuchen Josef und Tanja Meier „Meier’s Dorfladen“ über die Krise zu führen. © WP | Ute Tolksdorf

Die Umsätze gehen zurück, die Lieferungen werden von Mal zu Mal teurer, sodass die Produkte direkt wieder neu ausgezeichnet werden müssen, manche Produkte kommen erst mit der zweiten oder dritten Lieferung. „Das kannten wir früher nicht.“ Und dazu steigen die Energiepreise, bisher ohne Aussicht auf staatliche Unterstützung. Während die großen Betriebe ihre Lobby-Maschinen in Gang werfen, leiden die kleinen Mittelständler wie Meiers still und versuchen das Geschäft zu optimieren.

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Schlaflose Nächte

Einige schlaflose Nächte liegen hinter dem Paar. Bereich für Bereich ist es durchgegangen. Das Ergebnis: Die Öffnungszeiten in „Ihre Kette Meier’s Dorfladen“ werden täglich um zweieinhalb Stunden reduziert. Das spart Personalkosten und Energie. Der Kühlschrank wird durch eine Kühltruhe ersetzt, in der können die Produkte zwar nicht so optimal präsentiert werden, „es geht aber beim Öffnen weniger Energie verloren“, erklärt Josef Meier, „weil die Kälte nach unten fällt.“

Und der frische Wurst- und Käseaufschnitt ist verschwunden. Auch die Entscheidung sei ihnen nicht leicht gefallen, betont Tanja Meier. Doch die Bedarfstheke bedeutete einen hohen personellen und hygienischen Aufwand. „Wir brauchten dafür eine zweite Kraft. Und es gab immer unnötigen Abfall.“ In der ehemaligen Kühltheke stehen jetzt - ungekühlt haltbare regionale Produkte, wie Honig, Eier, Marmelade von Alteköster und Wurstkonserven von Merte.

Der alte Kühlschrank, die neue Truhe verbraucht wesentlich weniger Energie.
Der alte Kühlschrank, die neue Truhe verbraucht wesentlich weniger Energie. © WP | Ute Tolksdorf

Die Energiekosten

„Bis Dezember 2021 haben wir 1000 Euro im Monat für Strom gezahlt, seit Januar sind es 1300 Euro und jetzt hatte wir schon eine Nachzahlung von 650 Euro - das zeigt mir, auch der jetzige Abschlag wird nicht reichen“, rechnet Josef Meier vor. Rund 1000 Euro Mehrkosten kommen noch durch die Erhöhung des Mindestlohns auf den Betrieb zu. Geheizt wird von jeher sparsam - von Dezember bis April. Allerdings belasten auch die Spritpreise für die Lieferungen das Budget. Josef Meier hat einen Vorteil, das Ladenlokal ist im Familieneigentum. „Sonst wäre das alles überhaupt nicht tragbar.“ Dabei gehen er und seine Frau zusätzlich zum Job im Dorfladen jeder einem weiteren Beruf nach: Tanja Meier arbeitet in der Betreuung im Offenen Ganztag, ihr Mann mit 28 Wochenstunden bei der Diakonie im kaufmännischen Bereich.

Das Angebot

Die aktuellen Sparmaßnahmen sind ein letzter Versuch, den Laden, der so viel bietet, über die aktuelle Krise zu wuppen. Selbst Geld auszahlen lassen, kann man sich dort. Bei Meiers bekommt man alle Post- und Paketdienste, dazu Lotto, Lebensmittel, Getränke (für die örtlichen Vereine auch schon mal nach Geschäftsschluss), frische Backwaren, Schreibwaren und Hygieneartikel. „Alles auf dem Preisniveau von Edeka und Rewe.“ Auch frisches Fleisch, wie den beliebten Königinnenbraten von Merte gibt es weiter täglich - allerdings nur auf Bestellung. Dazu lädt das kleine Café zum Klönen ein. Vor Corona, so berichtet Tanja Meier, sei das ein beliebter Treffpunkt für Wander- und Seniorengruppen gewesen. Seitdem bleiben viele Gäste weg.

Vom Angebot an Obst und Gemüse profitieren auch drei Schulen. Es könnten mehr sein.
Vom Angebot an Obst und Gemüse profitieren auch drei Schulen. Es könnten mehr sein. © WP | Ute Tolksdorf

Auch die Obst- und Gemüseauswahl ist für ein so kleines Geschäft überraschend vielfältig. „Das liegt daran, dass wir auch regelmäßig Schulobst für zwei Esloher und eine Olsberger Schule liefern“, berichtet Josef Meier. Eigentlich könnte jede Schule das kostenlose EU-Angebot nutzen, allerdings werde es kaum nachgefragt. Schulen im Umkreis, die er abtelefonierte, winkten ab. „Sie erklärten, sie hätten keine Kapazitäten, das Obst für die Kinder verzehrfertig klein zu schneiden. Und das ist eine Voraussetzung für die Lieferung.“

Der Lieferservice

Apropos Lieferung, auch da wird der Service bei Meiers Dorfladen groß geschrieben. Für 5 Euro liefert Josef Meier den Wocheneinkauf (Mindestbestellwert 50 Euro) bis nach Meschede, für 2,50 Euro innerhalb von Wennemen aus. „Seit Corona beliefere ich ein Ehepaar, das nicht mehr aus dem Haus geht. „Da liegt das Geld dann abgezählt in der Garage.“ Manchmal winke es ihm vom Balkon aus zu. Wichtig sind auch einige Großabnehmer, wie die Tagespflege in Meschede, zwei Seniorenheime, die wöchentlich bestellen.

Renovierung 2013

2013 hatten Tanja und Josef Meier ihren Dorfladen noch mal komplett umgebaut. Geld in die Hand genommen und alles modernisiert. Man merkt heute - die Luft ist raus. Aktuell belastet die beiden die Krise sehr. Dass eine der drei Töchter eines Tages den Familienbetrieb übernimmt, sehen sie nicht. „Unser Finanzberater sagt schon, dass man unsere Werte gar nicht mehr vergleichen könne, weil es kaum noch Geschäfte dieser Größenordnung gibt“, erzählt Josef Meier.

Er hat einen Wunsch: 2032 möchte er noch das 100-jährige Jubiläum feiern und dann in Rente gehen. Wenn es sich denn bis dahin lohnt. „Es muss was von dem Druck weg“, sagt Tanja Meier. Sie würde gern mal ein freies Wochenende mit ihrem Mann genießen. Erst mal aber hoffen beide auf die weitere Unterstützung ihrer Kunden aus Wennemen, Calle, Wallen, Bockum, Stockhausen und darüber hinaus. „Der Grundtenor ist positiv, aber man muss auch Realist bleiben.“

Hintergrund

Kleine, dörfliche Lebensmittelmärkte gibt es noch in Wallen (Babilon), Eversberg (Droege), Remblinghausen (Kappel).

Die neuen Öffnungszeiten in Meiers Dorfladen lauten: montags bis freitags 7 bis 12 Uhr und 15 bis 18 Uhr, samstags 7 bis 12 Uhr.