Meschede. Honsel, Elektro Kramer, Josef Vogel, HST, Möller, Bauking – heimische Betriebe plaudern aus dem Nähkästchen – so gewinnt man heute Azubis.
Martinrea Honsel stellt Batteriegehäuse für die Elektroversion des Fiat 500 her, HST managet das Kanalsystem von Shanghai und Kairo und Firma Möller, Kunststoffprofi in Eversberg, fertigt nicht nur Fensterbänke und Gardinenschienen, sondern auch Gymnastikreifen für große Sporthersteller – die heimischen Betriebe haben überraschende Dinge zu erzählen. Auf der Berufsinfobörse am Berufskolleg können sich Schüler auch am Samstag, 19. September, 9 bis 14 Uhr noch informieren. Vor welchen Herausforderungen stehen die Betriebe? Aussteller erzählen:
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Bauking
Sigrid Schumacher ist Ausbildungsleiterin bei Bauking in Meschede. Der Standort ist mit 110 Mitarbeitern
der drittgrößte des Unternehmens in Deutschland. Das Problem vor Ort: Das hohe Durchschnittsalter. Deshalb sucht der Baustofffachhandel dringend Nachwuchs. „Die Tätigkeit bei uns sind vielfältig“, erklärt Schumacher. Bauking begleitet beispielsweise Bauherren beim Bau des Eigenheimes vom ersten Stein bis zum fertigen Garten. „Das ist es auch, was ich so mag. Ich lerne jeden Tag etwas neues“, erklärt Marvin Krämer, Azubi im dritten Lehrjahr. „Im Unternehmen habe ich nach der Ausbildung viele Möglichkeiten, um beruflich aufzusteigen.“ Außerdem bietet das Unternehmen regelmäßig Schulungen oder auch ein Camp für Azubis an, wo sie in Projekten möglichst viel handwerklich arbeiten.
HST
Miguel Pereira ist Personalleiter bei HST Systemtechnik. Mehr als 300 Menschen arbeiten in dem Ingenieurbetrieb, davon allein 180 am Standort in Heinrichsthal und seit dem 1. August auch zehn neue Auszubildende. Die Branche boomt: Allein in den vergangenen zwei Jahren wurden bei HST 100 Mitarbeiter eingestellt. „Wir bieten einen krisensicheren Arbeitsplatz“, erklärt Pereira, denn der nachhaltige Umgang mit Wasser sei ein Thema mit Zukunft. „Wir machen das Wasser sauber und ein stückweit auch die Welt“, so Pereira, der seit drei Jahren bei HST arbeitet. So versucht er auch den Schülern zu erklären, wie HST arbeitet. Beispielsweise hat HST einen Rechen entwickelt, der bei der Wasseraufbereitung Mikroplastik aus dem Wasser fischt. Maschinentechnik und die entsprechende IT werde im Unternehmen selbst entwickelt. „Die Tätigkeitsfelder sind absolut spannend.“ Gesucht werden beispielsweise IT-System-Elektroniker, Mechatroniker, Technische Produktdesigner und Metallbauer für Konstruktionstechnik.
Josef Vogel
Peter Vogel, Geschäftsführer und Mitinhaber des Karosserie- und Lackiercenters Josef Vogel in Brilon und Meschede,
hat durchaus positives vom Ausbildungsmarkt zu berichten: „Die Auszubildenden, die wir derzeit haben, sind sehr motiviert. Die Qualität ist viel besser als vor einigen Jahren.“ Aktuell arbeiten sechs Auszubildende im Betrieb. Ihm sei es wichtig, den jungen Menschen eine Perspektive im Betrieb zu bieten. Das Unternehmen bietet zum Beispiel regelmäßige Fortbildungen an, E-Bike-Leasing, aber auch flexible Arbeitszeitmodelle wie eine Vier-Tage-Woche. Thematisch kann der Betrieb mit neuen Technologien punkten: Vogel ist im HSK der einzige Tesla-Partner und repariert somit Unfallschäden an Autos mit Elektromotoren, die bis zu 400 Volt Gleichstrom führen. „Das ist nicht ohne.“ Gesucht werden Karosserie- und Fahrzeugbaumechaniker.
Möller Profilsysteme
Die kunststoffverarbeitende Firma Möller in Eversberg hat in diesem Jahr keine Auszubildenden eingestellt. Das soll im kommenden Jahr anders laufen.
„Deshalb ist diese Messe so wichtig für uns, weil wir hier vorstellen können, was wir machen“, sagt Christian Eickelmann, Ausbildungsleiter und Leiter der Finanzbuchhaltung. Die Sichtbarkeit sei als kleinerer Betrieb schwieriger. Gesucht werden unter anderen Werkzeugmechaniker, Verfahrenstechniker, Elektroniker für Betriebstechnik und Industriemechaniker. In Everberg arbeiten 140 Mitarbeiter. Eine eigene Ausbildungswerkstatt gibt es nicht. „Unsere Azubis arbeiten und lernen direkt an unserem Produkt und im Echtbetrieb“, erklärt Eickelmann. Möllers Fachgebiet ist das lang Extrudieren von Kunststoffen auf bis zu sechs Metern Länge. In Eversberg werden Innenfensterbänke, Terrassenbeläge und Gardinenschienen, aber auch Luftfiltersysteme und Sonderprofile aller Art wie zum Beispiel Gymnastikreifen produziert.
Elektro Kramer
„Wir versuchen Azubis sofort in unser Team zu integrieren“, erklärt Peter Hobein, Ausbildungsleiter bei
Elektro Kramer in Meschede. Deshalb wird direkt am ersten Ausbildungstag gegrillt, damit sich Monteure und Azubis beschnuppern können. Die Ausbildungsquote ist sehr hoch: Von 38 Angestellten sind elf Azubis. „Unser Motto lautet: Es gibt keine Elektriker, deshalb bilden wir sie aus“, erklärt Hobein, der selbst 2003 seine Ausbildung im Betrieb absolviert hatte. Weitere Pluspunkte: Die Mitarbeiter arbeiten mit hochwertigem Werkzeug und bekommen ein eigenes Auto. Auch der Stand an der Berufsinfomesse kommt gut an, die Schülerinnen und Schüler können sich an einem heißen Draht ausprobieren und Kabelsalat (Gummischnüre) gewinnen. „Ich konnte schon drei Praktika vergeben“, so Hobein.
Martinrea Honsel
Die Zeiten, dass sich 600 Leute auf 50 Stellen bewerben seien seit 20 Jahren vorbei. „Damals hatten wir Weihnachten alle Stellen besetzt. Heute suchen wir das ganze Jahr“ erklärt Markus Knoche, Leiter der technischen Ausbildung bei Martinrea Honsel in Meschede. Auch die Einstellungstests laufen jeden Monat. Wer in den Betrieb passt, wird sofort rekrutiert. „Wir suchen dringend Leute“, erklärt Knoche. Aktuell arbeiten 100 technische Azubis im Unternehmen, das über eine eigene Werkstatt für Auszubildende verfügt. „Damit sind wie einer der größten Ausbildungsbetriebe im HSK“, sagt Knoche. Bis zu 60 Schülerinnen und Schüler absolvieren ihr Praktikum bei dem Automobilzulieferer. Und da man von außen wenig sieht, was innen bei Martinrea geschieht, hält Knoche auch Kontakte zu den Schulen. Die Städtische Realschule arbeitet beispielsweise im Technikunterricht mit Martinrea zusammen. Bei den jungen Menschen stellt Knoche auch einen Wandel fest. Früher sei der Verdienst die Prio 1 gewesen. Heute sei die Frage nach den Arbeitszeiten drängender. „Work-Life-Balance ist der jungen Generation wichtiger als Geld.“
Hotel Deimann und weitere Sterne im Sauerland
Elke Stahlmecke arbeitet als Kooperationsmanagerin für „Die Sterne im Sauerland“, ein Zusammenschluss exklusiver Hotels im Sauerland. Dazu gehören beispielsweise in Schmallenberg das Hotel Deimann, Gasthof Schütte, Jagdhaus Wiese, Hotel Rimberg und das Waldhaus Ohlenbach. Das Gastronomiegewerbe hat auf dem Ausbildungsmarkt mit nachhaltigen Klischees zu kämpfen: miese Arbeitszeiten, schlechte Bezahlung und rauer Ton in den Küchen. Dennoch ist der Stand gut besucht, es gibt Waffeln und Cocktails. Lebensmittel locken. „In den vergangenen Jahren hat sich eine Menge getan: Azubis verdienen heute zum Beispiel im ersten Jahr 1000 Euro“, erklärt Stahlmecke. Auch das Auftreten der jungen Küchenchefs sei nicht mehr so rabiat wie früher . „Aber die Arbeitszeiten sind wie sie sind. Allerdings kann man das auch positiv sehen. Für Arztbesuche oder Shopping unter der Woche muss man sich keinen freien Tag nehmen.“ Was sollten Azubis denn mitbringen? „Freude im Umgang mit Menschen, Teamfähigkeit und Belastbarkeit“, so Stahlmecke. „Wer bei uns seine Ausbildung absolviert hat, dem steht die Welt offen.“