Meschede/Ahlen. Die Mescheder müssen jetzt weiter bis zur nächsten Tierklinik fahren. Wie Tierarzt Dr. Stefan Gabriel aus Meschede die Entwicklung einschätzt.
Die Tierklinik in Ahlen nahe Hamm hält ab sofort keinen ambulanten Notdienst mehr vor. Das betrifft auch Tierhalter aus Meschede, denn für sie und ihre Vierbeiner war es bislang die nächst gelegene Klinik. Und es betrifft den Mescheder Tierarzt Dr. Stefan Gabriel. Wie er die Situation einschätzt und was nun passieren muss.
Hintergrund der Entscheidung der Tierärztlichen Klinik Ahlen ist die sich zuspitzende Entwicklung im Fachärztebereich für Tiermedizin, wie sie bundesweit zu beobachten ist. Der Notdienst der Tierklinik hatte es Besitzern von Kleintieren seit 1981 ermöglicht, an allen Tagen in der Woche ab 17 Uhr sowie auch an Sonn- und Feiertagen mit kranken oder verletzten Hunden, Katzen, Klein- und Heimtieren vorbeizukommen. Eigentlich ist dieser Kliniknotdienst speziell für schlimme Notfälle, die eine stationäre Versorgung benötigen, vorgesehen. Und für größere Operationen, die nur in einer Tierklinik gemacht werden können. Ein Tierkrankenhaus eben.
Fachkräfte fehlen auch in der Tiermedizin
„Wir selbst sind von den Ereignissen nicht überrascht, aber betroffen“, erklärt Dr. Stefan Gabriel. Auch wenn er schon lange um die schwierige Situation weiß. Dass es schwierig ist, Fachkräfte zu finden. Dass angestellte Tierärzte dem Arbeitszeitgesetz unterliegen und nach dem Nachtdienst dann eben nicht mehr für den Tagdienst zur Verfügung stehen. Und dass beim Notdienst auch viele Fälle auflaufen, die gar keine Notfälle sind.
All das bekommt er am eigenen Leib zu spüren: „Nicht nur die Kliniken, auch die Tierarztpraxen sind derzeit so überlaufen, dass wir unseren Tagesdienst kaum schaffen.“ Viele Tierärzte hätten sich daher auch schon vom Notdienst verabschiedet. Dr. Gabriel nicht. Er unterliegt als Selbstständiger auch nicht dem Arbeitszeitgesetz. Also steht er einmal im Monat für den Notdienst zur Verfügung - 7 Tage, 24 Stunden. Der reguläre Praxisbetrieb läuft weiter. Nur zusammen mit seiner Kollegin, Tierärztin Nora Papenheim, ist das zu schaffen.
Vier Praxen leisten Notdienst im östlichen HSK
Aktuell ist der Notdienst im östlichen HSK so organisiert, dass sich vier Praxen zusammen geschlossen haben. Sprich, jede Praxis ist einmal im Monat eine Woche lang für den Notdienst zuständig. Abends, nachts und am Wochenende. Klingt nicht so, als sei das auf Dauer zu schaffen. Eine Lösung muss her. Dazu ist für Mitte August eine Versammlung bei der Kreisstelle der Tierärztekammer geplant.
Die Lage auch noch deutlich zugespitzt habe die Pandemie: „Durch Corona und Home-Office gibt es 20 Prozent mehr Tierhalter“, weiß Dr. Gabriel. Darunter seien leider einige, die sich vorher nicht informiert haben, welche Bedürfnisse Haustiere haben, dass Tierhaltung auch Geld kostet, dass man eine Lösung für die Urlaubszeit braucht usw.
Kunden müssen Umdenken
Von den Kunden wünscht sich Dr. Gabriel ein Umdenken: „Es geht nicht 24 Stunden, 365 Tage im Jahr.“ Umdenken müssen Tierhalter jetzt zwangsläufig. Die Klinik in Ahlen können sie außerhalb der Kern-Öffnungszeiten (montags bis freitags von 7.30 bis 22 Uhr) nicht mehr ansteuern. Sie müssen weiter fahren. Dr. Gabriel empfiehlt, in jedem Falle zunächst den Telefonkontakt mit der Haustierarztpraxis aufzunehmen. Meist kann die Vertretung vor Ort helfen.
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Die nächsten Anlaufstellen:
- Per Gesetz müssen Tierkliniken einen Tag- und Nachtdienst anbieten, andernfalls geben sie den Klinik-Status auf.
- Nachdem die Tierklinik Ahlen den ambulanten Notdienst nun nicht mehr anbietet, sind die nächstgelegenen Anlaufstellen Kliniken in Bielefeld, Duisburg, Hannover und Recklinghausen.
- Die Notfalldienste werden immer beim jeweiligen Haustierarzt am Telefon angesagt.