Bestwig. Wie hat sich das 9-Euro-Ticket im Hochsauerland ausgewirkt? Der GDL-Chef aus Bestwig über Platzprobleme und Schwarzfahrer.
Das 9-Euro-Ticket im öffentlichen Nahverkehr ist bisher auch im Hochsauerlandkreis ein Erfolg. „Das Ticket hat definitiv mehr Verkehr bei uns gebracht“, sagt ein Praktiker über seine Erfahrungen. Michael Gerhards ist seit 32 Jahren Vorsitzender der Ortsgruppe Bestwig der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer GDL. Aber: Nicht jeder fand einen Platz, weiß er.
Einbahnstraße
Nein, so Gerhards, das 9-Euro-Ticket ist kein Großstadtphänomen. Die Beobachtung ist vor allem die einer Einbahnstraße: Aus dem Ruhrgebiet ins Sauerland, vor allem über Meschede und Bestwig nach Winterberg. Dort habe es eine Zunahme gegeben, in die Gegenrichtung aber kaum.
Zugenommen hat durch das Ticket vor allem der Bahnverkehr an den Wochenenden, insbesondere in Richtung Winterberg: „Zum Teil mussten wir wirklich Leute stehen lassen“ – so voll waren die Züge. Das liegt vor allem an Radfahrern. Ohnehin, auch vor dem 9-Euro-Ticket, gab es da schon manchmal Platzprobleme, wenn Radfahrer etwa aus dem Ruhrgebiet mit der Bahn ins Sauerland fuhren. Deshalb werden am Wochenende auch Fahrradbusse von Dortmund aus eingesetzt.
Keine Reserven für längere Züge
Dieses Platzproblem hat sich jetzt erweitert – der Platz in den Zügen ist natürlich begrenzt, Fahrräder brauchen eben zusätzlichen Raum: „Wenn dann natürlich unterwegs noch zusätzlich Leute hinzukommen, wo die Züge am Wochenende schon planmäßig voll sind, verschärft sich das Platzproblem. Wenn unerwartet 30 Leute mit Fahrrädern einsteigen, ist so ein Zug voll.“ Wenn an den Wochenenden in Fröndenberg beispielsweise noch zehn Fahrgäste einsteigen, in Wickede noch fünf, in Neheim dann noch mal 20 – „dann weiß man irgendwann nicht mehr, wohin damit.“ Zurück würden die Radfahrer dann meistens nicht mehr mit der Bahn, sondern auf dem Ruhrtalradweg fahren.
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Kurzfristig darauf reagieren und mehr Wagen anhängen könne die Bahn nicht: „Nein, das geht nicht. Das ist das Ergebnis unserer Ausschreibungen. Früher hätte man an einen Wagen dahinter hängen können oder hatte Reserven in der Hinterhand. Aber durch die Abschreibungen ist nichts anderes mehr da.“ Vorbereitet gewesen sei kein Verkehrsunternehmen auf das Ticket: „Da waren alle Verkehrsunternehmen von überrascht – und über 21 Millionen verkaufte Tickets in zwei Monaten, das ist schon eine Hausnummer!“
Nachfolgemodelle finden
Für den GDL-Vorsitzenden ist das 9-Euro-Ticket ein Erfolg. Jetzt müsse es attraktive Nachfolgemodelle geben, wenn das 9-Euro-Ticket Ende August auslaufe. Gerhards sagt: „Was vom 9-Euro-Ticket wirklich hängen bleibt, ist davon abhängig, was die Politik jetzt daraus machen wird. Wenn es so weitergeht wie bisher, bleiben vielleicht mehr Bahn-Nutzer dabei.“ Gerhards ist aber gegen eine Verlängerung, aus wirtschaftlichen Gründen: „Da muss man sich zusammensetzen und sehen, was ist an Zuschüssen geben, was ist kostendeckend – nicht nur die Deutsche Bahn, sondern auch die Privatbahnen müssen schließlich auch noch Geld verdienen.“
Ein Nebeneffekt des 9-Euro-Tickets: Schwarzfahrer wurden seit der Einführung Anfang Juni kaum noch erwischt.
>>> Das rät die Bahn
Die Bahn selbst rät Fahrgästen: „Bitte beachten Sie, dass es im Regionalverkehr an reisestarken Tagen aufgrund des 9-Euro-Tickets zu einer zusätzlich erhöhten Auslastung in Zügen und Bahnhöfen kommen kann. Aus Sicherheitsgründen kann das Personal im Zug entscheiden, keine weiteren Fahrräder mit aufzunehmen.“
Im Nahverkehr können keine Stellplätze reserviert werden. Die Bahn sagt: „Daher empfehlen wir die Fahrradmitnahme für beliebte touristische Ziele Freitag bis Sonntag und an Feiertagen im Zeitraum von 9 bis 11 Uhr und 14 bis 17 Uhr derzeit nicht.“