Ramsbeck. 1000 Jahre ist der Bergbau in Ramsbeck bei Bestwig alt. Doch er hatte auch bedrückende Seiten. Der Förderverein greift sie anschaulich auf.
Die Ideen gehen in Ramsbeck nicht aus. Jetzt sind wieder zwei umgesetzt worden – beide haben etwas mit den Schattenseiten des heimischen Bergbaus in dem Bestwiger Ortsteil zu tun.
In einer eigenen Hütte hat der „Förderverein Sauerländer Besucherbergwerk“ jetzt eine so genannte Setzwäsche zu erleben.
Sie diente früher dazu, um in einem Tauchverfahren taubes vom erzhaltigen Gestein zu trennen, um so am Ende das wertvolle Erz abschöpfen zu können. Bei der Anlage der Setzwäsche orientierte sich der Verein an Originalbauplänen aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, die er besitzt. Nebenan steht bereits das Pochwerk, in dem einst das Gestein verkleinert wurde, daneben wiederum die anschauliche Pochbude, die jetzt vor allem mit Blick auf Kinder erweitert wurde. Sowohl für die Setzwäsche als auch bei der Pochbude erhielt der Verein Fördergelder aus dem Leader-Programm.
Bergmänner starben jung
Inhaltlich steht das alles in einem Zusammenhang: Denn in der Setzwäsche und am Pochwerk, beides Vorstufen vor der eigentlichen Verhüttung, arbeiteten früher Kinder in Ramsbeck – das war einst selbstverständlich. Dieses bedrückende Kapitel arbeitet der Förderverein bewusst auf. „Es war ein schweres Leben“, erinnert Vorsitzender Alfred Braun: Ramsbeck war als „Dorf der jungen Witwen“ bekannt. Denn viele Bergmänner starben jung. Häufig wurden sie nur höchstens 35 Jahre alt, sie starben an Staublunge, auch durch Unfälle. Mit dem Tod der Männer aber mussten die Frauen auch die Werkswohnungen verlassen – sie hatten aber viele Kinder. Wer ernährte jetzt die Familie? Wie selbstverständlich mussten die Kinder deshalb mitarbeiten.
Kinderarbeit war völlig normal
Bis Ende des 19. Jahrhunderts war Kinderarbeit völlig normal. Aus dem Jahr 1879 existiert ein Schreiben an den Grubenverwalter, wonach die schulpflichtigen Kinder in Ramsbeck morgens bis mittags arbeiten mussten, dann bis 15 Uhr in die Schule gingen – und danach wieder von 15.30 bis 18 Uhr malochten. Ausnahme: „Am Mittwoch wird keine Schule gehalten, dann arbeiten dieselben den ganzen Tag.“Unter den Besuchern sind inzwischen auch viele Grundschulklassen.
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Deshalb hat der Verein bewusst seine Pochbude erweitert, um sich auf sie einzustellen. Es gibt jetzt Sitzmöglichkeiten, die Kinder von heute sollen auch bewusst mal einen Hammer in die Hand nehmen, um ein Gefühl dafür zu bekommen, was für Schwerstarbeit Kinder früher leisten mussten. Lerntafeln verdeutlichen vieles – und dem Förderverein ist wichtig, dabei auch zu verdeutlichen, dass es selbst heute noch Kinderarbeit auf der Welt gibt: „Das gehört zur Ehrlichkeit dazu“, sagt Alfred Braun.
Bergbau seit 1000 Jahren
1000 Jahre alt ist die Bergbaugeschichte in und um Ramsbeck: Darauf deuten Holzkohlereste hin, die hier entdeckt, und an der Uni Köln datiert werden konnten.
Die Bergbaugeschichte zieht immer mehr Besucher aus ganz Deutschland an: 50.000 sind das schätzungsweise im Jahr, die das Museum, aber auch die Attraktionen des Fördervereins besuchen – nicht gezählt dabei sind die, die inzwischen Etappen auf dem elf Kilometer langen Bergbauwanderweg gehen (oder per Mountainbike fahren). 45 Infoschilder am Rande sorgen mittlerweile für die nötigen Erklärungen: Auch in Alexander bei Blüggelscheidt, Heinrichsdorf, im Elpetal und beim Fort Fun, wo ebenfalls Gruben existierten. Auch da steckt der Verein jede Menge Geld und Arbeitskraft hinein – der Vorstand hat inzwischen sogar Wegepaten ernannt, die sich jeweils um zwei Kilometer lange Teile des Weges kümmern. Alle Infos gibt es auch im Internet unter www.foerderverein-sauerlaender-besucherbergwerk.de – auf Deutsch und auf Niederländisch, weil die Ramsbecker Bergwerksgeschichte aber international inzwischen auch bekannter wird, künftig auch auf Englisch.
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Und Ideen gehen dem Förderverein mit seinen 300 Mitgliedern (ebenfalls aus ganz Deutschland) nicht aus. Weil auch die Region immer noch Geheimnisse birgt. Zuletzt ist ein Rauchabzugskanal entdeckt worden, der plötzlich zweizügig wird – aber warum? Es sind Ausgrabungen geplant… Vorsitzender Braun sagt: „Das ist hier wie eine Wundertüte. Wir finden immer etwas.“
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Der Förderverein feiert, nach zweijähriger Pause, am Sonntag, 24. Juli, wieder sein „Stollenfest“. Dazu sind alle Mitglieder, aber auch die Menschen aus der Region eingeladen. Beginn ist um 14 Uhr am Platz der Alten Bleihütte an der Heinrich-Lübke-Straße, wo das Pochwerk steht. Dort werden dann zunächst die neue Setzwäsche und die erweiterte Pochbude gezeigt.
Danach geht es gemeinsam zur benachbarten Hütte Alwine, zu Speisen, Getränken und Gesprächen. Parkmöglichkeiten bestehen im Bereich der Heinrich-Lübke-Straße und der Pfannenstraße.