Enste/Calle. Nach dem Fällen einer Eiche bei Meschede hat sich der Kreistag eingeschaltet - mit überraschendem Ausgang. In Calle gibt es einen neuen Fall.
Nach dem Fällen der rund 200 Jahre alten Eiche in Enste bei Meschede muss der Eigentümer der Fläche kein Bußgeld bezahlen. Die Eiche ist inzwischen im Kreistag des Hochsauerlandkreises zu einem Politikum geworden.
Wie berichtet, war der markante Baum an dem Wirtschaftsweg, der gleichzeitig ein beliebter Spazierweg zwischen dem Dorf Enste und dem Ensthof ist, nach dem 1. März gefällt worden – die Beseitigung eines Baumes ist aber eigentlich zwischen März und Ende September verboten.
Der Hochsauerlandkreis als Untere Naturschutzbehörde leitet jedoch kein Ordnungswidrigkeitenverfahren ein. Denn die Empfehlung an den Eigentümer, die Eiche mit Blick auf seine Verantwortung für die Verkehrssicherheit zu fällen, habe weiter gegolten, so Kreissprecher Martin Reuther. Von der Empfehlung bis zum Fällen des Baumes verging dann über ein Jahr.
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Ausgangspunkt war, dass an dem Baum die Baumkontrolleure des Kreises und der Stadt Meschede einen Pilzbefall festgestellt hatten: Der Riesenporling zerstört die Wurzeln von Bäumen. Vor dem Pilzbefall war die Eiche auch als Naturdenkmal eingetragen. Aus dem Fall hatte der Umweltausschuss des Kreises als Kompromiss für künftige Fälle Konsequenzen ziehen wollen: Bäume sollten künftig nur dann aus der Liste der Naturdenkmäler gestrichen werden, wenn davor ein öffentlich bestellter, vereidigter Baumsachverständiger durch sein Gutachten auch die Notwendigkeit bestätigt hat. Denn im Vorfeld ist an der Eiche zum Beispiel unterblieben, die Wurzeln bei dem Verdacht auf Pilzbefall freizulegen. D
en Beschluss des Umweltausschuss kassierte allerdings der übergeordnete Kreistag mit den Stimmen von CDU und FDP mit 26 zu 23 Stimmen wieder ein. Demnach bleibt alles, wie bisher: Die Baumkontrolleure des Kreises entscheiden auch weiterhin. „Wir haben beim Kreis die Fachleute und bezahlen die. Sie sind dafür ausgebildet“, sagt der CDU-Fraktionsvorsitzender Ludwig Schulte (Sundern) auf Anfrage: „Wir verlassen uns auf die Gutachten der Fachleute des Kreises.“
Letzte Verantwortung liegt beim Landrat
Er erinnert daran, dass die letzte Verantwortung für eine Entscheidung am Ende nicht der Gutachter, sondern der Landrat habe: „Was ist, wenn das Gutachten zu einem anderen Schluss kommt als unsere Fachleute? Holen wir dann ein zweites Gutachten ein? Und dann ein drittes?“ Schulte sagt: „Wenn ein Baum nicht mehr standfest ist und gefällt werden muss, dann sollten wir einen neuen dorthin pflanzen - dann haben spätere Generationen etwas davon.“
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Über den Fall der Eiche sei in der CDU-Fraktion kontrovers diskutiert worden, am Ende habe es aber eine „überwältigende Mehrheit“ für die spätere Entscheidung dann im Kreistag gegeben. Dass im Ausschuss zuvor anders beschlossen worden sei, findet Schulte nicht ungewöhnlich: „Das ist nichts Neues. Das ist nun mal so in der Politik.“ Es sei eben dann im größeren Kreise der Fraktion noch einmal darüber gesprochen worden, mit zusätzlichen Meinungen und Argumenten:
Unterdessen gibt es eine weitere Baumfällung, die ebenfalls erst jetzt in der Sperrfrist stattgefunden hat.
Demnach sind an der Caller Straße in Calle im Mai zwei Kastanien, die gerade anfingen zu blühen, von einem Grundstückseigentümer gefällt worden – dieser Fall sorgte dort wiederum für Verständnislosigkeit. Sie standen abseits der Landstraße, deshalb ist nicht der Landesbetrieb Straßen NRW zuständig. Weder die Stadt Meschede noch der Kreis sind über das Fällen informiert worden.
Der Kreis stellt klar: Die Fällung von Bäumen in der Sperrfrist ist verboten. Nach dem Bundesnaturschutzgesetz sind größere Eingriffe an Bäumen, Hecken oder Gebüschen nur in Ausnahmefällen erlaubt. Ansonsten müsste der Kreis eine Befreiung davon genehmigen. Die Stadt Meschede rät allen privaten Eigentümern, bei Eingriffen außerhalb der Tabuzeit vom 1. März bis 30. September zuvor immer den Kontakt mit der Unteren Naturschutzbehörde zu suchen.