Bad Fredeburg. Drei Autoren haben eine Spitznamensammlung zusammengestellt. Sie spezialisieren sich auf den Ort Bad Fredeburg.

Im Dorf kennt jeder jeden – dieses Vorurteil bekommen Menschen, die auf dem Land leben häufig zu hören. Albert Siepe ist in einer Zeit aufgewachsen, in der dieses Vorurteil noch wirklich zutraf. Damals waren es gerade die Spitznamen der Leute, die sich in den Dörfern schnell rumgesprochen und etabliert haben. Zusammen mit seinem Vetter Benedikt Siepe und seinem langjährigen Freund Rudolf Linn hat der gebürtige Bad Fredeburger nun eine Sammlung veröffentlicht, in denen die drei Autoren viele Fredeburger Spitznamen vorstellen und ihrem Ursprung auf den Grund gehen. Im Interview erzählt Albert Siepe uns, wie sie auf diese Idee gekommen sind und auf welche kuriosen Spitznamen sie während ihrer Recherche gestoßen sind.

Wie sind Sie auf die Idee gekommen diese Sammlung zu erstellen?

Albert Siepe: Wir drei sind alte Freunde und stammen alle ursprünglich aus Bad Fredeburg. Bei unseren Treffen haben wir uns schon immer über die Spitznamen von einigen Originalen aus unserem Dorf unterhalten und irgendwann haben wir angefangen diese Spitznamen einfach aufzuschreiben. Im letzten Herbst haben wir uns dann an die Recherchearbeit gemacht und begonnen im Dorf nach den Namensträgern zu fragen.

Albert Siepe ist einer der Autor des Buchs
Albert Siepe ist einer der Autor des Buchs "Von Mondgesicht und Mörderpaul".  © WP | Privat

Spitznamen haben also schon immer eine große Rolle in Ihrem Leben gespielt?

Das Thema kam bei uns allen immer wieder auf. In unserem Büchlein geht es jedoch eher um die Spitznamen aus den 50er bis 70er Jahren, diese Zeit haben wir nämlich auch gemeinsam in Fredeburg verbracht. Damals waren die Spitznamen ortsweit bekannt. Normalerweise stand auch immer der Nachname vor dem Spitznamen, auf diese haben wir aber in unserer Sammlung verzichtet, wir wollen nämlich keinen schädigen.

Wie sind Sie bei der Recherche vorgegangen?

Also unsere größte Hilfe bei der Recherche war auf jeden Fall unser Benedikt. So zu sagen als unsere Person vor Ort. Er meinte mal zu mir, dass er im Kopf systematisch die Straßen hier in Fredeburg lang gegangen ist und ihm dabei immer mehr Menschen und Spitznamen eingefallen sind. Wir haben in dieser Zeit viel miteinander telefoniert und gemailt. Dabei ist uns immer etwas Neues eingefallen.

Was hat Ihnen bei der Recherche am meisten Spaß gemacht?

Am meisten Spaß gemacht hat mir der Austausch mit den Anderen. Wir haben uns auch viel mit den Dorfbewohnern unterhalten und viele Geschichten von damals gehört. Unser Ziel war es ja auch, dafür zu sorgen, dass die Fredeburger Alltagskultur nicht in Vergessenheit gerät. Es ist schön zu sehen, was unser Buch bei den Einheimischen ausgelöst hat. Beim Lesen sind nämlich bei Vielen ihre Kindheits- und Jugenderinnerungen wieder hochgekommen.

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Was sind die skurrilsten Spitznamen, die Sie entdeckt haben?

Ein Spitzname, der für das Buch eine besondere Rolle spielt ist der „Mörderpaul“. Dieser steckt nämlich schon in dem Titel unserer Sammlung. Die Erklärung dahinter ist schon ziemlich skurril. Bei dem „Mörderpaul“ handelte es sich nämlich um einen Fredeburger, der keiner Fliege etwas zuleide tun konnte. Total lieber Kerl. Nur wenn er dann betrunken war, das kam nicht selten vor, wurde er zu einem ganz anderen Menschen: Da hat er nämlich immer allen gedroht, dass er sie umbringen würde. Getan hat er natürlich nie etwas. Eine lustige Geschichte steckt auch hinter dem Spitznamen „Zehn vor Zwei“. Diesen Trug nämlich jemand, der X-Beine hatte und dessen Haltung immer aussah, wie eben die Uhrzeit „Zehn vor Zwei“. Dann gibt es noch den „Ohrenwalter“, der riesige Segelohren hatte und „Törtchen“, die in einer Bäckerei tätig war. Man sieht also, dass die Spitznamen von überall her kommen können. „Krautbutter“ ist mir besonders in Gedächtnis geblieben. Das war ein sehr lieber Mensch, der leider schon verstorben ist. Der Name kam daher, dass er damals beim Spielen immer Krautbutter von seiner Mutter dabei hatte. Die Namen lösen viel bei den Leuten aus und besonders spannend ist es zu sehen, dass bei manchen Spitznamen gar nicht bekannt ist, wo überhaupt der Ursprung liegt. Deswegen gibt es in unserer Sammlung auch die Fragezeichen Rubrik, in der die Leser die unerklärbaren Spitznamen selbst entschlüsseln können.

Was sind Ihre Pläne für die Zukunft? Ist eine weitere Spitznamensammlung geplant?

Also konkret geplant haben wir noch nichts. Mit dieser Sammlung hat es sich ja auch ziemlich glücklich ergeben, dass der Woll-Verlag sofort auf unsere Idee angesprungen ist. Wir überlegen aber eine Kneipenlesung in einem Fredeburger Lokal zu veranstalten. Das wäre eine Möglichkeit mit den Lesern ins Gespräch zu kommen und sich über weitere Spitznamen auszutauschen. Dafür haben wir in unserem Buch auch extra ein paar leere Seiten gelassen, in denen sich die Leser noch weitere Spitznamen notieren können. Konkret ist da aber noch nichts geplant.

Weitere Informationen

Die drei Autoren Albert Siepe, Benedikt Siepe und Rudolf Linn stammen alle ursprünglich aus Bad Fredeburg und sind langjährige Freunde.

Albert Siepe ist 72 Jahre alt und lebt schon seit vielen Jahren in Garmisch-Patenkirchen. Rudolf Linn ist 73 Jahre alt und lebt in Köln, wo er lange Jahre als Grafiker tätig war. Bei der Gestaltung ihrer Spitznamensammlung konnte er daher als Illustrator mithelfen.

Benedikt Siepe ist 75 Jahre alt und als einziger auch nach seiner Jugend in Bad Fredeburg geblieben. Der gelernte Drogist konnte daher als „Mann vor Ort“ bei der Recherche tatkräftig mithelfen.
Die Spitznamensammlung gibt es in vielen Sauerländer Buchhandlungen und in ausgewählten Bad Fredeburger Geschäften zu einem Preis von 8,90 Euro zu kaufen.