Meschede. Axel Funke ist Betreiber des Henne-Ruhr-Marktes. Im Interview erläutert er seine Sicht auf den Mescheder Handel.

Geschafft: Ab April wird der Henne-Ruhr-Markt in Meschede vollständig vermietet sein. Axel Funke, Vorstandsvorsitzender der Fokus Development AG und Betreiber des HeRuM, spricht im Interview über die Situation im Handel, seine Wahrnehmung von Meschede.

Wie nehmen Sie als Außenstehender die Stadt wahr? Mit welchem Gefühl kommen Sie nach Meschede?

Axel Funke: Die Fußgängerzone hat durch den Umbau gewonnen. Das Rebell sehe ich als Riesenbaustelle an. Ich weiß nicht, was es da für Mietpreisvorstellungen gibt: Eigentlich müsste man froh sein über jeden, der dort einzieht. Wir werden eine größere Differenzierung unter den Städten bekommen, was den stationären Einzelhandel angeht. Wer einen Anzug kauft, der wird den hier erhalten – oder es gibt eben die Alternative, sich in Soest oder Paderborn einen schönen Tag zu machen und dort einzukaufen. Da haben Sie nicht einen möglichen Laden, sondern drei oder vier zur Auswahl. In Meschede werden die Dinge abgedeckt sein, die man täglich braucht - und von denen man auch ziemlich genau weiß, was man will. Aber Meschede wird das Warenangebot nicht in der Vielfalt und Häufigkeit abbilden können, wie in großen Städten. Da differenzieren die Leute. Wir müssen uns darauf einstellen, dass ein Teil des Einkaufs generell in die Freizeit wandert.

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Ist Meschede Gewinner oder Verlierer bei dieser Differenzierung?

Das werden wir wahrscheinlich in zehn Jahren merken. Der Besuch in der Innenstadt muss zu einem Erlebnis werden. Ich glaube, dass wir in Meschede gar nicht versuchen sollten, eine vollwertige Innenstadt mit jedem Sortiment abzubilden. Das wird nicht gelingen. Ich glaube, dass man versuchen muss, einfach nette kleine Geschäftchen hier unterzubringen. Das geben auch die Ladengrößen vor: Sie haben ja gar keinen Platz für bestimmte Sortimente. Ansonsten muss man versuchen, die Stadt durch bestimmte Veranstaltungen zum Erlebnis zu machen – und da muss der Einzelhandel dann dazugehören. Ich glaube, dass wir allein zwei, drei Jahre brauchen werden, bis man sich von den Corona-Auswirkungen erholt.

Der Henne-Ruhr-Markt in Meschede  ist miot seinen Geschäften ein Magnet für den Ort.
Der Henne-Ruhr-Markt in Meschede ist miot seinen Geschäften ein Magnet für den Ort. © Jürgen Kortmann

So lange wird das dauern?

Das glaube ich schon. Weil wir ja realistisch nicht davon ausgehen können, dass Corona jetzt vorbei ist. Ich sehe kommen, dass wir im Herbst wieder eine Welle haben werden – vielleicht mit der Gefahr, dass es mal eine schlimmere Variante sein könnte. Dann entsteht wieder die Situation, dass Beschäftigte in Quarantäne sind – und natürlich auch nicht einkaufen gehen. Durch die Verwerfungen bei den Preisanstiegen und Preisveränderungen werden wir erst in einem Jahr merken, ob es im Einzelhandel noch weitere Veränderungen geben wird. Dazu kommt die Frage, wie es um die Gründungskultur bestellt ist: Wenn Unternehmensgründungen mal zwei, drei Jahre ausbleiben, dann hat das Auswirkungen auf den Leerstand in den Innenstädten.

Kommen Sie als Investor mit einem guten Gefühl nach Meschede?

Mit einem sehr guten Gefühl! Wir haben es geschafft, dass trotz aller Schwierigkeiten der Henne-Ruhr-Markt jetzt voll vermietet ist. Wir machen uns gerade Gedanken, was wir noch zur weiteren Attraktivitätssteigerung tun können. Wir werden uns miteinbringen bei der Vermarktung der Innenstadt. Wir wollen auch zusätzliche Anreize beim Parken schaffen in der Tiefgarage.

Angekündigt für das letzte freie Ladenlokal im Henne-Ruhr-Markt war einmal ein „Überraschungsmieter“. Jetzt wird das ab April der Textildiscounter KiK sein: Ist da nicht eine gewisse Diskrepanz zur Ankündigung?

Uns kam es darauf an, ein weiteres Angebot abbilden zu können. Und KiK ist ein Angebot, das eine Attraktivität hat. Dem Standort tut es gut. Das muss in der heutigen Zeit das Kriterium sein. Die expandierenden Unternehmen sind deutlich weniger geworden. Und für die, die expandieren, sind die Möglichkeiten größer geworden: Denn in allen Städten nimmt die Leerstandsquote zu. Jetzt haben sie plötzlich in Städten Optionen, an die sie vorher gar nicht gedacht hätten.

Landet man dann zwangsläufig bei Ketten?

Nein, nicht zwangsläufig. Aber kleinere Unternehmen sind im Moment in erster Linie darauf bedacht, über die Runden zu kommen und abzuwarten. Wenn Sie aus zwei Läden drei machen, sind das 50 Prozent mehr – und das in der jetzigen Phase! Das muss man für sich auch verantworten.

Wie geht es den Mietern hier?

Denen geht es unterschiedlich. Wir sind im Textilbereich noch nicht da, wo wir vor Corona waren. Aber die Einbußen sind auch kleiner als befürchtet. Für Gastronomen jeder Form war es schwierig. Anderen geht es gut. Insgesamt können wir zufrieden sein. Es ist, zwar mit Zeitverzug und ein bisschen anders als geplant, gelungen, alles voll zu kriegen – auch mit der Tagesklinik, die oben im Markt entsteht. Das ist eine gute Ergänzung. Salopp gesagt, da profitiert auch der Bäcker davon, wenn das Büro dort voll ist. Man muss realistisch sagen: Es ist nicht die Zeit für Goldgräberstimmung, sondern eher die Zeit, um sein tägliches Brot in Ruhe zu verdienen.

HINTERGRUND

Im Obergeschoss des Henne-Ruhr-Marktes entsteht gerade, neben der Stadthalle, eine Tagesklinik mit 15 Plätzen und eine psychiatrische Institutsambulanz für den Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL).

Der LWL hat bereits Standorte in Marsberg, Bad Fredeburg, Warstein und Brilon.

Immer mehr Menschen entwickeln seelische Störungen, die psychiatrisch und psychotherapeutisch behandelt werden müssen, so der LWL.

In Tageskliniken werden Patienten tagsüber behandelt und können abends und an Wochenenden aus der „Klinik ohne Bett“ in ihr gewohntes Umfeld zurückkehren