Meschede. Corona wirkt sich erneut auf die Mescheder Gastronomie aus: Wir haben uns ein letztes Mal mit Brazil-Chef Dennis Kramer auf ein Wort getroffen.

Die Terrasse ist bis auf einen eingeklappten Sonnenschirm leer, die restliche Möblierung steht im verwaisten Ladenlokal neben der noch üppig bestückten Bar. Seit gut einer Woche ist das Licht im „Brazil“ am Winziger Platz aus und wird es auch bleiben. Das verraten inzwischen auch die Zettel an Tür und Fensterscheiben. Aus „vorübergehend geschlossen“ wurde nun „coronabedingt haben wir den Betrieb eingestellt“. Wir haben uns auf ein letztes Getränk mit Inhaber Dennis Kramer im Brazil getroffen und über Beweggründe, Sorgen und die Zukunft gesprochen.

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Dieser Zettel hängt an der Tür und den Fensterscheiben des Brazils.
Dieser Zettel hängt an der Tür und den Fensterscheiben des Brazils. © Christina Schröer

Es gab keine große Abschiedsfeier, nur die engsten Freunde und Verwandten wussten, dass das Brazil am 30. Januar 2022 zum allerletzten Mal geöffnet hatte. Seither wurde gerätselt, was es mit dem geschlossenen Lokal auf sich hat. Häufig konnte man Passanten beobachten, die durch die Scheiben ins Dunkle lugten und den Aushang im Fenster studierten. „Ich wollte keine große Sache aus der Schließung machen“, sagt Dennis Kramer. Nun häuften sich jedoch die Nachfragen und Kramer willigte einem Treffen mit unserer Zeitung ein.

Vor der Pandemie lief es

Erst Ende 2018 hatte er seinen Job im leitenden Vertrieb aufgegeben und das Ladenlokal am Winziger Platz von der Sparkasse Mitten im Sauerland angemietet. Bis Pandemiebeginn Anfang 2020 schien das die absolut richtige Entscheidung gewesen zu sein: gleichwohl der Cafébetrieb am Tag sowie der Barbetrieb am Abend liefen super. Das Brazil und vor allem die Terrasse zur Henne hin wurde ein beliebter Platz in der Mescheder City.

Einfallsreichtum während der Lockdowns

Der erste Lockdown sei zwar hart gewesen, mit Außer-Haus-Verkauf und einem Lieferdienst konnte Kramer sich jedoch bis zur Wiedereröffnung im Frühling gut über Wasser halten. Nach einem erfolgreichen Sommer begannen dann die wohl schlimmsten Monate für Gastronomen in ganz Deutschland: Sieben Monate blieben Restaurants und Bars geschlossen. „In der Zeit haben wir alles versucht. Über Sushi-to-go, Waffel-Bowls, einen Mittagstisch inklusive kostenlosem Essen für Bedürftige“, erinnert sich Kramer. Anfangs hätten sich die Mühen noch ausgezahlt, auch die Investition in neue Terrassenmöbel kam gut an. Und im Innenbereich des Brazils hat er mit Hilfe seiner Mitarbeiter gleich zweimal renoviert und trotz düsterer Aussichten immer wieder Einfallsreichtum bewiesen.

Dennis Kramer bei einem Besuch während des zweiten Lockdowns.
Dennis Kramer bei einem Besuch während des zweiten Lockdowns. © privat

Genutzt hat es am Ende leider nichts. Nach ziemlich genau zwei Jahren Corona-Pandemie schließt Dennis Kramer das Brazil für immer. „Ich habe schon länger mit dem Gedanken gespielt, den Laden zu schließen. Man muss sich das mal überlegen, von drei Jahren war zwei Jahre Corona-Pandemie und wir hatten insgesamt fast ein Jahr geschlossen. In den letzten Monaten hat mich dann auch einfach die Motivation verlassen, ich hatte plötzlich keine Freude mehr daran, gut gelaunt hinter der Theke zu stehen, weil ich es einfach nicht mehr so empfunden hab“, erklärt er. Zur Wahrheit gehöre auch, dass es inzwischen höchste Zeit war, die Reißleine zu ziehen: „Ich hab mir immer gesagt, dass dann Schluss ist, wenn ich künftig nicht mehr in der Lage bin, meine Mitarbeiter zu bezahlen.“

Ob das ohne Corona auch passiert wäre? Das glaubt Dennis Kramer auf keinen Fall. Vor der Pandemie sei es sehr gut und auch während der geöffneten Sommermonate passabel gelaufen. Die coronabedingten Einbußen konnte er damit jedoch nicht auffangen. „Irgendwann hab ich mich dann wirklich gefragt, wie lange ich das noch machen möchte und bin zu dem Entschluss gekommen, dass ich wieder in meinem vorherigen Beruf im Vertrieb arbeiten möchte“, so Kramer.

„Ich bin seit der Schließung wirklich erleichtert und gesundheitlich deutlich besser dran. Ich hatte mein erstes freies Wochenende seit drei Jahren“, so der ehemalige Brazil-Inhaber. Trotz des coronabedingten Endes seines Lokals blickt Dennis Kramer positiv in die Zukunft: „Ich bin tatsächlich noch nicht wehmütig und freue mich darauf, wieder einem geregelten Job nachzugehen. Trotzdem möchte ich mich natürlich herzlich bei allen Gästen bedanken, die mich in den letzten drei Jahren unterstützt haben.“

Nachmieter gesucht:

Wer Interesse daran hat, das Brazil am Winziger Platz zu übernehmen, kann sich bei Dennis Kramer unter dk@brazil-meschede.com melden.