Meschede. Größer, höher, nachhaltiger - doch künftig ohne Bundes-Fördermittel. Michael Wiese aus Meschede gibt spannende Einblicke in die Holzhaus-Branche.
Nachhaltigkeit und Klimaschutz sind auf dem Bau angekommen. Holzhäuser liegen im Trend - das merkt auch Michael Wiese von Wiese Holz in Meschede ganz deutlich. Aktuell baut seine Firma ein vierstöckiges Geschäftshaus aus Holz in Iserlohn - eine Größenordnung, die sowohl für Wiese etwas Neues und Besonderes ist, aber auch NRW-weit bislang noch kaum verbreitet ist.
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Zwei oder drei Geschosse sind Standard
„Zwei oder drei Stockwerke sind beim Bau von Holzhäusern der Standard. Wir haben ja auch damit begonnen, Einfamilienhäuser aus Holz zu bauen. Inzwischen liegt unser Fokus aber auf Mehrfamilien- und Geschäftshäusern und ich bin mir sicher, dass wir uns erst am Anfang der Entwicklung zu mehrgeschossigen Holzhäusern befinden“, berichtet Michael Wiese. Zwar hätten auch ihm die steigenden Rohstoffpreise, insbesondere für Holz, im vergangenen Jahr Sorgen bereitet, inzwischen hätten diese sich aber einigermaßen reguliert - und nehmen keinen Einfluss auf den Holzhaus-Trend.
Klima-Fördermittel abrupt eingestellt
Die hohe Nachfrage hänge zudem nicht unwesentlich mit den bisherigen Klima-Fördermitteln der Bundesregierung über die kfw-Bank zusammen: Bauherren, die nach bestimmten Effizienz-Kriterien bauen und damit Energie einsparen, haben bis zum 24. Januar 2022 eine erhebliche finanzielle Unterstützung erhalten. „Holzhäuser bieten immer ein super Wohnklima und durch die verbauten Materialien und die Art der Dämmung sind die Energiekosten grundsätzlich niedriger“, erklärt der Holzbau-Experte, dessen Firma bereits Häuser nach den Effizienz-Kriterien 55 und 40 gebaut hat. Zur Erklärung: Ein „Effizienzhaus 55“ verbraucht nur 55 Prozent der Primärenergie eines nach dem gültigen Gebäudeenergiegesetzes festgelegten Standard-Neubaus, ein „Effizienzhaus 40“ dementsprechend 40 Prozent.
Die Förderung dieser Häuser wurde nun für viele Bauherren sehr abrupt eingestellt. Die Anträge für Zuschüsse bei der kfw-Bank hätten die vorhandenen Fördermittel längst um ein vielfaches überstiegen und das Klimaschutz-Ministerium gibt als Begründung für das Ende der Förderung an, dass sich Energieeffizienz-Standards ohnehin am Markt durchgesetzt hätten und eine staatliche Förderung dafür fehlinvestiert sei. Ob sich das letztlich auf den Holzhaus-Trend auswirkt, lässt sich aktuell noch nicht absehen. „Aktuell ist es tatsächlich so, dass es Wartezeiten bei Aufträgen gibt, da die Holzbauweise unheimlich stark nachgefragt ist. Nachhaltigkeit hat gerade bei jungen Familien, aber auch Unternehmen einen hohen Stellenwert“, sagt Wiese.
30 Lkw-Ladungen Holz
So verhalte es sich auch bei der gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft Iserlohn (IGW), die schon bald ihr neues viergeschossiges, energieeffizientes Holzhaus beziehen wird: Dort sind in den letzten Wochen knapp 30 Lkw-Ladungen Holz zum Einsatz gekommen. Das sind konkret über 1.000 m² Wandflächen im Holzrahmenbau, 3.200 m² Brettsperrholzdecken und 200 m² Brettsperrholzwände, die ein Gesamtvolumen von über 600 Kubikmetern Holz ausmachen.
Im Gegensatz zur konventionellen Bauweise wird auch das gesamte Ständerwerk eines Hauses aus Holz aufgebaut. „Wir ersetzen das Mauerwerk und dämmen und verkleiden die Häuser mit ökologischen Materialien. Inzwischen hat ja nicht nur die Nachhaltigkeit einen hohen Stellenwert beim Bau. Es wird auch gewünscht, dass die Materialien recycelbar sind“, weiß Michael Wiese. Um den ökologischen Fußabdruck schon bei der Beschaffung und Herstellung besonders gering zu halten, versuche er, den Großteil des Holzes aus dem Sauerland anzukaufen - immer gelinge das aber nicht: „Es macht ja keinen Sinn, wenn wir nachhaltig bauen, unser Material aber von weiter her importieren und lange Anfahrtswege in Kauf nehmen. Das versuche ich so gut es geht zu vermeiden. Für das aktuelle Projekt in Iserlohn sind wir aber nicht drumherum gekommen, neben der Sauerländer Fichte auch Holz aus Österreich zu nutzen.“
Bau innerhalb weniger Wochen
Verarbeitet wird das Material dann bei Wiese Holz in Meschede, bevor es auf den Weg zu den Baustellen geschickt wird. Dass Wände und Co. quasi baufertig vorproduziert werden, mache sich im Anschluss deutlich bei der Bauzeit bemerkbar, wie der Geschäftsführer erklärt: „Ein Holzhaus ist schneller gebaut, da vieles parallel passieren kann. Während der Boden gelegt wird, produzieren wir im Abbundzentrum zum Beispiel zeitgleich die Wände und so ist es in Iserlohn aktuell möglich, vier Geschosse in vier Wochen zu bauen.“ So sei unter anderem auch ein Mehrfamilienhaus für sechs Parteien innerhalb von sechs Monaten vom Grundstein bis zum Bezug entstanden und das beliebte Ausflugslokal H1 am Hennesee stand innerhalb von zwei Wochen.
Wenn nun in wenigen Wochen das viergeschossige Geschäftshaus in Iserlohn bezugsfertig ist, wird es das bislang größte und vor allem höchste Projekt des Mescheder Unternehmens sein. Aber vielleicht nicht bleiben.
>>>> Hintergünde: Fachkräftemangel im Handwerk
Michael Wiese berichtet, dass es auch in seinem Gewerk immer schwieriger wird, Auszubildende zu finden. Waren es Mitte der 90er Jahre noch 20 bis 30 Bewerber pro Jahr, die Zimmerer werden wollten, liegt man nun bei einem einzigen Bewerber pro Jahr.
Verstehen könne er das nicht. „Wir bieten eine abwechslungsreiche Ausbildung und der Verdienst von Zimmerleuten ist wirklich gut“, sagt der Geschäftsführer.
Er würde sich auch für den Ausbildungsstart 2022 noch über Bewerber freuen. Ebenso werden Facharbeiter und auch Quereinsteiger gesucht