Meschede/Enste. Im Mescheder Rathaus wird auf die Nachfrage nach Gewerbeflächen reagiert: Plötzlich kommt ein 27 Hektar großes neues Gewerbegebiet ins Spiel.

Mit einer scheinbar planerischen Nebensächlichkeit leitet die Mescheder Stadtverwaltung einen Prozess ein, der am Ende wirtschaftlich von enormer Tragweite für die Stadt wäre. Denn dahinter steht nichts weniger als ein neues Gewerbe- und Industriegebiet. Nach den beiden Gewerbegebieten Enste-Süd und Enste-Nord wird jetzt plötzlich auch eine dritte Erweiterung denkbar, nämlich Enste-West.

Entwicklung in Richtung Stockhausen

Einstimmig und ohne Diskussion darüber haben sowohl der Fachausschuss für Stadtentwicklung als auch der Stadtrat einer Änderung des Bebauungsplanes für Enste-Süd zugestimmt.

Unterhalb des Licht-Spezialisten Briloner im Mescheder Gewerbegebiet Enste soll eine neue Straße entstehen, die Enste-West erschließen würde. Sie würde an die Stichstraße Am Steinbach (rechts) angrenzen.
Unterhalb des Licht-Spezialisten Briloner im Mescheder Gewerbegebiet Enste soll eine neue Straße entstehen, die Enste-West erschließen würde. Sie würde an die Stichstraße Am Steinbach (rechts) angrenzen. © www.blossey.eu | Hans Blossey

Dahinter steckt vordergründig erst einmal überhaupt nichts Weltbewegendes, sondern Banales: Dort endet bislang die Straße Am Steinbach im Bereich der Firmen Josef Busch, KSM und Briloner als Sackgasse und in einer Stichstraße. Ein kleiner Teil angrenzend an diese Stichstraße wiederum ist jetzt durch die Bebauungsplan-Änderung ebenfalls zu einer Verkehrsfläche erklärt worden – vordergründig unscheinbar. Das aber kann künftig große Folgen haben. „Hinter Kleinkram steckt etwas ganz Großes“, sagte Fachbereichsleiter Klaus Wahle in einem Nebensatz.

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Denn diese neue Mini-Verkehrsfläche als Ausgangspunkt ist nichts anderes als der Einmündungsbereich einer neu zu bauenden Erschließungsstraße, über die (nach und nach) ein weiteres riesiges Gewerbegebiet zunächst in Richtung Ensthof und dann weiter in Richtung Stockhausen möglich würde. Klaus Wahle bestätigt im Gespräch diese Pläne. Die Erschließungsstraße würde dann westlich unterhalb des Grundstücks des Lichtspezialisten Briloner bis zum Ensthof verlaufen.

Auf dieser Fläche südlich bis zum Radweg und zur Landstraße könnte eine erste Bebauung erfolgen. Das Plangebiet, das die Stadt für das neue Gewerbe- und Industriegebiet Enste-West im Auge hat, umfasst den gesamten Bereich vom Ensthof einschließlich der jetzigen Weihnachtsbaumkultur am Hang in Richtung Stockhausen. Ein Teil des Gewerbegebietes würde bis an die Autobahn A 46 reichen.

Stadtverwaltung: „Zukunftsmusik“ und „Gedankenspiele“

Wie eine Insel würde der Ensthof dann in dem Gewerbegebiet liegen. Die Erschließungsstraße würde in einen Kreisverkehr unterhalb des Ensthofes münden, von dem aus dann der gesamte westliche Bereich angefahren werden könnte.

So sieht das Plangebiet (innerhalb der schraffierten Linie) für eine mögliche westliche Erweiterung des Gewerbegebietes für Enste aus. Ein Teil reicht bis an die A 46. Der Ensthof würde in dem Gebiet liegen.  
So sieht das Plangebiet (innerhalb der schraffierten Linie) für eine mögliche westliche Erweiterung des Gewerbegebietes für Enste aus. Ein Teil reicht bis an die A 46. Der Ensthof würde in dem Gebiet liegen.   © Stadt Meschede

Würden die Pläne umgesetzt, dann stünden rund 27 Hektar an neuer Gewerbegebietsfläche in Enste-West zur Verfügung. Zum Vergleich: Das Gewerbegebiet Enste-Nord weist 18 Hektar auf. Das bereits in Planung befindliche Gewerbegebiet in Bockum zwischen Wennemen und Freienohl soll 12,5 Hektar groß werden.

„Das neue Gewerbegebiet Enste-West ist Zukunftsmusik“, sagt Fachbereichsleiter Wahle auf Anfrage, es seien „Gedankenspiele“. Aber: „Die Nachfrage nach Gewerbeflächen ist nach wie vor enorm hoch.“ Und das Gewerbegebiet Enste – das sich durch seinen Autobahnanschluss zu einem Selbstläufer entwickelt hat – wäre nur hier am Rand erweiterbar: Nördlich begrenzen das Dorf Enste und der Wald eine Erweiterung, südlich der Landstraße zur Ruhr hin ist ein Wasserschutzgebiet.

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Allerdings: Das Gebiet für Enste-West taucht bisher überhaupt nicht als mögliches Gewerbegebiet im Regionalplan auf, wo die Nutzungsarten von Flächen eigentlich festgelegt sind. Auch technisch wäre das Vorhaben anspruchsvoll: Die Entwässerung an der Hanglage ist schwierig, die Hochspannungsleitung verläuft über die Fläche, der „Grübelbach“, der hier hinunter zur Ruhr fließt, müsste komplett verlegt werden. Für das Frühjahr kündigt die Stadtverwaltung an, einen weiteren Bebauungsplan für das Gebiet vorzulegen.

>>> HINTERGRUND <<<

Die Entstehung des Gewerbegebietes Enste reicht in die 1970er Jahre zurück. Die damalige Stadt Meschede konnte auf ihrem eigenen Gebiet keine ausreichenden Gewerbeflächen mehr anbieten: Es kam zur Zusammenarbeit mit der Nachbargemeinde Meschede-Land.

1972 umfasste der erste Bebauungsplan 12,5 Hektar Im Schlahbruch/ Schneidweg und dem vorderen Teil der Straße Auf’m Brinke. 1973 kamen Gewerbeflächen westlich der Enster Straße (Am Steinbach) hinzu. Damals war sogar ein direkter Eisenbahnanschluss vorgesehen.

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1979 war bereits die Hälfte des Gewerbegebietes bebaut: 34 Betriebe mit 550 Beschäftigen.

1980 kamen die Straßen Linsemecke und Zum Rohland hinzu und umfasste so alle Flächen zwischen Autobahn, Bachlauf und Enster Weg.

1988 fehlte bei der Eröffnung des Teilstücks der A 46 Meschede – Wennemen noch eine Anschlussstelle in Enste. Sie wurde danach erreicht durch die Aufgabe von Plänen zur großräumigen Verlegung der B 55 zur Entlastung des Stadtkerns Meschede.

In den 2000er Jahren lag der Schwerpunkt der Entwicklung im Gewerbegebiet Enste auf der Überplanung der Westseite der Enster Straße.

2009 wurde der Bebauungsplan für neue Flächen in Enste-Nord gültig. Nordwestlich von ITH und AstroPlast gibt es auf rund 4 Hektar noch freie Flächen für die letzte Erweiterung dort.